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"Zaubertrick" bei Mercedes: Hamiltons Safety-Car-Clou erklärt

VonMotorsport-Total.com

Publiziert 14/05/2017 um 23:48 GMT+2 Uhr

Sebastian Vettel fragte verdutzt, wie er beim letzten Boxenstopp acht Sekunden auf Hamilton einbüßen konnte: Weil Mercedes eine Falle stellte, aus der es kein Entrinnen gab.

Lewis Hamilton vor Sebastian Vettel

Fotocredit: Getty Images

Raffiniert, raffinierter, Mercedes. Den Rennsieg beim Spanien-Grand-Prix am Sonntag sicherte Lewis Hamilton ein gewitztes Manöver seiner Strategen: der zweite Boxenstopp während das Virtuelle Safety-Car (VSC) auf der Strecke war. Was selbst Experten als einen Fehler der Silberpfeile begriffen, war ein Geniestreich, mit dem Cheftaktiker James Vowles das Ruder herumriss. Sportchef Toto Wolff hatte den Sieg schon abgeschrieben: "Wir hatten das Rennen eigentlich verloren", sagt er.
Mercedes stand in Runde 34 vor einem Problem: Sebastian Vettel führte das Rennen mit 7,7 Sekunden Vorsprung an. Zu viel für einen Undercut beim letzten Boxenstopp, obwohl Hamilton im Gegensatz zum Deutschen für den abschließenden Stint die schnellere Soft-Mischung aufziehen konnte. Wäre er abgebogen, hätte die Scuderia auch Vettel eine Runde später reingeholt und ein paar Sekunden verloren - aber niemals so viel, dass der Brite auch nur in das DRS-Fenster gelangt wäre.
Als wegen Stoffel Vandoornes Rammstoß gegen Felipe Massa das VSC aktiviert und die Abstände bei langsamer Fahrt eingefroren wurden, änderte sich an der Situation nicht viel. Ferrari blieb draußen und hatte weiterhin die Möglichkeit, jede Mercedes-Aktion zu kontern. "Der Zaubertrick war es, den Boxenstopp zu einem Zeitpunkt zu machen, an dem die VSC-Phase kurz davor war zu enden", erklärt Wolff, was sich die Ingenieure im Strategiezirkel des Teams ausgedacht hatten.

Alles war geplant: Erst die Finte, dann der Boxenstopp

Mercedes setzte das Vorhaben minutiös um. In Runde 35 schickte man die Mechaniker mit Reifen vor die Garage, um einen Stopp anzutäuschen. Ferrari ging dem Rivalen nicht auf den Leim. Als das McLaren-Wrack am Haken und die Gefahrenstelle fast beseitigt war, handelte man. Hamilton, der hinter Vettel lag, bog noch während der Neutralisation in Runde 36 ab und holte die Soft-Pneus.
Als er in Richtung Boxengassen-Ausgang tuckerte, wurde das VSC aufgehoben und Vettel war mitten auf der Runde - ohne gestoppt zu haben. Die Mercedes-Falle hatte zugeschnappt. Wolff erläutert: "Man verliert viel, wenn man unter Normalbedingungen stoppt. Dann dauert es ungefähr 21 Sekunden", meint er über die Zeit, die für die Einfahrt, den Reifenwechsel und die Ausfahrt benötigt werden. "Unter dem VSC fahren alle langsamer, also ist der effektive Zeitverlust viel geringer."
Er schätzt ihn auf circa 13 Sekunden - also acht weniger als unter Grün. Das beantwortet die Frage, die sich ein völlig verdutzter Vettel nach dem Rennen stellte: "Ich weiß nicht, wieso ich acht Sekunden Vorsprung hatte und sie verloren habe, als ich aus der Box rausgefahren bin." Wegen James Vowles Falle, aus der es für die Roten kein Entrinnen gab. Ferrari musste Vettel kurz nach dem VSC in Runde 37 reinholen, weil Hamilton die Lücke sonst per klassischem Undercut geschlossen hätte.
Er hatte die frischeren sowie weicheren Reifen und war zu niedrigeren Rundenzeiten in der Lage. Mit 22 Runden alten Soft-Pneus noch 25 Umläufe zum Rennende zu fahren und eine Zweistopp-Strategie umzusetzen wäre utopisch gewesen und darüber hinaus wider dem Reglement, schließlich hatte Vettel bis dato keine zweite Mischung auf den Achsen. "Wir haben richtig gehandelt", macht der Heppenheimer seiner Crew keinen Vorwurf, obwohl er auf gleicher Höhe mit Hamilton zurück auf die Strecke kam und das Duell mit den schlechteren Medium-Reifen verlor. Denn zuvor war die Taktik perfekt aufgegangen.

Vettel macht Ferrari keinen Vorwurf: Rennstrategie anfangs perfekt

In Runde 14 hatte Ferrari in Führung liegend das Heft des Handelns in die Hand genommen und war selbst den Undercut gegen Hamilton gefahren. Man entschied sich erneut für Softs. Goldrichtig, denn mit dem besseren Gummi schaffte es Vettel anschließend zügig vorbei an dem ohne Stopp vor ihm fahrenden Red Bull - und büßte keine Zeit ein, wo es ihm durchaus hätte passieren können.
"Wir hatten gehofft, dass Ricciardo ihm mehr Schwierigkeiten bereiten würde. Von da an waren wir im Hintertreffen", räumt Wolff ein. Mercedes war nicht überrascht, schließlich hatte man zu diesem Zeitpunkt selbst mit dem Undercut geliebäugelt - sich aber wegen Ricciardo dagegen entschieden. Die B-Variante, Hamilton auf der Stecke zu lassen und zu hoffen, dass sich die Reifen durch eine schwindende Gummischicht und geringere Hitzespeicherung erholen würden, funktionierte nicht.
Vettel dampfte seinen Rückstand nach dem Halt von 20,806 Sekunden auf 13,627 Sekunden ein - und war nach Hamiltons Stopp in Runde 21 wieder 9,162 Sekunden vorne. "Es lief alles wir geleckt", meint der WM-Führende ein wenig wehmütig. Denn James Vowles hatte noch einen Geistesblitz.
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