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Calmund exklusiv: "Arturo Vidal ist beim FC Bayern keiner für den Knabenchor"

Reiner Calmund

Update 28/07/2015 um 18:31 GMT+2 Uhr

"Das muss man den Bayern lassen: Sie verstehen es prima, Tränen der Trauer bei ihren Fans in Tränen der Freude zu verwandeln", meint Reiner Calmund in seiner neuen Kolumne auf eurosport.yahoo.de und zielt dabei auf den Transfer von Arturo Vidal.

Arturo Vidal "verbreitet Angst und Schrecken", meint Reiner Calmund

Fotocredit: AFP

Die Wut vieler Anhänger über den Abgang von "Fußballgott" Bastian Schweinsteiger zu Manchester United war noch nicht verraucht, da sickerte durch, dass Arturo Vidal – Top-Star des Champions-League-Finalisten Juventus Turin – zum Rekordmeister wechseln soll. Der Transfer war bei der Abreise der Bayern nach China zwar noch nicht perfekt, doch wichtige Entscheidungsträger waren optimistisch, dass es klappt.
Das ist ein Hammer, ohne Zweifel!
Michael Reschke, der mittlerweile als Technischer Direktor des FC Bayern auch für Transfers zuständige ist, lotste den Chilenen als jungen Kerl einst nach Leverkusen. Jetzt ließ er seine Beziehungen zum Spieler und dessen Berater spielen und leitet damit einen Einkauf ein, bei dem die Münchener Vidal allen anderen Spitzenklubs vor der Nase wegschnappen können.
Vidal ist einer der begehrtesten Profis weltweit. Der Junge mit dem gewöhnungsbedürftigen Haarschnitt und dem nicht immer ganz unproblematischen Privatleben (zuletzt schrottete er mit 1,4 Promille Alkohol im Blut während der Südamerika-Meisterschaft seinen Ferrari und verbrachte eine Nacht in Polizeigewahrsam) ist sicherlich keine Starbesetzung für den Knabenchor. Aber dem Spiel des FC Bayern, da bin ich sicher, wird er mehr als gut tun.

Arturo Vidal ist ein Fast-Alleskönner auf dem Fußballplatz. "Fast" sage ich, weil er nicht so gut im Kopfball ist und sich oft ein bisschen zu schnell provozieren lässt. Ansonsten: Ein fußballerisches Sahneschnittchen.
Vidal kennt keine Angst
Das Gebiet zwischen den Strafräumen beherrscht der "kleine Krieger" wie kaum ein anderer. Vidal ist ein perfekter Teamplayer, er ist aggressiv sucht die Zweikämpfe, er schaltet perfekt und blitzschnell um, er drängt in den gegnerischen Strafraum und er kennt überhaupt keine Angst.
Arturo Vidal geht auf den Platz, um zu gewinnen. Und das macht er von der ersten Sekunde an jedem klar, egal ob Gegner oder Mitspieler. Er kennt keine Kompromisse und keine Angst vor großen Namen. Er und nicht Lionel Messi war der Star des Finales um die "Copa America", die Südamerika-Meisterschaft, die Chile vor zwei Wochen erstmals in der Geschichte gewann.
Drei Tore erzielte Vidal bei diesem Turnier, zwei davon durch Elfmeter, die er selbst rausholte. Weil er häufig mit großem Anlauf in den gegnerischen Strafraum kommt, ist er oft nur durch Fouls zu bremsen.
Aber ist Vidal wirklich ein typischer Pep-Spieler?
Was ich jetzt nicht beantworten könnte, wäre die Frage, ob "King Arturo" ein typischer "Pep-Spieler" ist. Das gepflegte Kurzpass-Spiel beherrscht er. Aber sein Hobby wird es nicht sein. Vidal ist ein Draufgänger, eher ein wilder Stier als ein tänzelndes Dressurpferdchen. Aber: Weltklasse setzt sich letztlich immer durch.
Und es gibt Unterschiede zwischen ihm und anderen Spielern, die mit Guardiola Probleme hatten, etwa Eto’o oder Ibrahimovic. Die waren auch menschlich sehr extrovertiert und hielten nicht mit ihrer Meinung hinterm Berg. Das ist von Vidal nicht bekannt. Trotz gelegentlicher nächtlicher Ausflüge, Frisursünden und martialischer Tattoos gilt der Chilene als pflegeleicht und wenig aufmüpfig.
Wie gesagt: Er ist keiner aus dem Knabenchor. Aber Arturo Vidal ist ein Spieler, der den Unterschied ausmachen kann. Einer der Angst und Schrecken beim Gegner verbreitet. Wie einst Paul Breitner oder Stefan Effenberg. Er hat eine Meinung auf dem Platz: "Ich will gewinnen." Und diese Meinung vertritt er bis zum Äußersten. Dass er als ein bisschen wild auf dem Platz gilt, stimmt. Aber wenn er in einer dermaßen dominanten Mannschaft wie dem FC Bayern spielt, wird dies nicht so zum Tragen kommen.
Was damals mit den Bayern war...
Alles in allem: Die kolportierten rund 35 Millionen Euro sind gut angelegtes Geld, auch wenn er bereits 28 Jahre alt ist. Ich bin sicher, er wird bei den Bayern den Höhepunkt seiner fußballerischen Schaffenskraft erreichen.
Ob er schon vor vier Jahren dorthin hätte wechseln können, ist umstritten. Zwar hatte Vidal 2011 den Wunsch geäußert, mit seinem großen Förderer Jupp Heynckes nach München zu gehen. Aber da spielte Bayer nicht mit, man wollte nach Trainer Jupp Heynckes nicht auch noch den zweiten Baustein des Erfolges (damals Vizemeister) an den Rivalen verlieren.
Rudi Völler sagte jetzt zwar der BILD-Zeitung: "Vidal hat sich zwischen zwei Weltklasse-Vereinen für Juve festgelegt. Wenn Arturo nach München gewollt hätte, hätten wir uns auch mit den Bayern geeinigt." Rudi gibt aber auch zu, "dass wir Arturo nicht gerne innerhalb der Liga transferieren wollten. Deswegen haben wir lieber das gleichwertige Angebot aus Turin angenommen."
Vidal wird teuer. Für Bayern, aber auch für Opa Calli
Der damalige Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser erklärte 2011: "Die Diskussion um Bayern München interessiert uns nicht. Wenn Arturo Vidal wechselt, was sehr unwahrscheinlich ist, dann wird er nicht in Deutschland wechseln".
Vier Jahre sind eine lange Zeit im Fußball. Deshalb wären alle Beteiligten gut beraten, das Thema einschlafen zu lassen und sich darauf zu freuen, Arturo Vidal bald wieder in der Bundesliga bewundern zu können.
Für mich persönlich wird das übrigens auch ein teurer Spaß: Mein jüngster Enkel Kenneth ist ein riesiger Fan von Vidal. Und er will ihm mindestens im Fußball-Westen in jedes Stadion hinterher reisen. Da ist der Opa doch der geeignete Ticket-Spendierer...
Ok, ich mache es gerne. Denn Vidal ist das Eintrittsgeld wert!
Euer Calli
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