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Bundesliga - Klartext von HSV-Legende Jimmy Hartwig: "Dem Verein ist nicht zu helfen!"

Tobias Hlusiak

Update 20/10/2016 um 23:57 GMT+2 Uhr

Jimmy Hartwig errang mit dem Hamburger SV höchste europäische Titel. Heute ist er Schauspieler, verfolgt das Geschehen bei seinem "Herzensklub" aber dennoch. Im exklusiven Interview mit Eurosport.de übt er vernichtende Kritik an Vereinsführung und dem neuen Trainer, äußert Mitgefühl mit Vereinsikone Uwe Seeler und erklärt, warum es ihm heute besser geht als zu seiner aktiven Zeit.

Jimmy Hartwig im Interview mit Eurosport.de

Fotocredit: Eurosport

Das Interview führte Tobias Hlusiak
Herr Hartwig, früher waren Sie Nationalspieler und ein gefeierter Star. Was machen Sie heute?
Jimmy Hartwig: Heute bin ich einfach 'nur‘ Schauspieler. Ich spiele auf allen Bühnen, die mir gefallen. Von Leipzig bis Luxemburg bin ich unterwegs.
Verglichen mit dem Job, den Sie früher hatten, erfüllt Sie das heute mehr?
Hartwig: Ich bin heute glücklicher, weil ich mich auch selbst gefunden habe. Ich bin nicht mehr nur auf Anerkennung aus, sondern bin einfach Jimmy Hartwig. Ich bin akzeptiert als Schauspieler und beim Deutschen Fußball-Bund als Integrationsbotschafter involviert. Das macht mir sehr viel Spaß. In München habe ich ein eigenes Integrations-Fußballturnier ins Leben gerufen. All diese Dinge erfüllen und beruhigen mich.
Sie verfolgen den Fußball noch. Und ganz besonders Ihren alten Klub, den Hamburger SV…
Hartwig: Oh ja!
Wie beurteilen Sie die Entwicklung zu Beginn dieser Saison?
Hartwig: Als der HSV vor ungefähr einem halben Jahr wieder angefangen hat, die Mannschaft neu zu gestalten und mit Hilfe von Herrn Kühne viel Geld in den Kader zu pumpen, habe ich schon gesagt: 'Sie werden wieder Probleme kriegen!' Ganz einfach, weil es am Ende wieder nicht an den Spielern oder dem Trainer liegen wird. Labbadia hat nämlich eine hervorragende Arbeit gemacht.
Ich finde, man sollte jetzt mal schauen, dass man ganz oben einige Leute rausschmeißt, die vom Fußball keine Ahnung haben. Sonst überträgt sich alles immer weiter von oben nach unten. Das tut mir so weh! Besonders für Uwe Seeler. Wir treffen uns ab und zu. Er leidet ganz fürchterlich. Aber ich glaube, dem HSV ist nicht zu helfen! Es tut mir wirklich leid, was aus diesem Verein geworden ist. Schon seit über 30 Jahren kein Titel, geschweige denn oben mitgespielt. Das tut schon ein bisschen weh.
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Richtet Appell an HSV-Spieler: Uwe Seeler

Fotocredit: SID

In den letzten Jahren gab es fast wöchentlich Meldungen mit dem Titel "Uwe Seeler sorgt sich um den HSV!" Machen Sie sich neben aller Enttäuschung auch Sorgen um den Klub?
Hartwig: Ich mache mir so viele Sorgen um den HSV, wie sich der HSV früher um mich gemacht hat…
Das heißt?
Hartwig: Keine! Absolut keine.
Aber gerade in den vergangenen Jahren hat der Verein fast schon darum gebettelt, mal in der 2.Bundesliga mitspielen zu dürfen. Sollte es wirklich zu einem Abstieg kommen; würden Sie sich dann immer noch keine Sorgen machen?
Hartwig: Nein. Die Leute, die da etwas machen, haben eine große Klappe und wissen alles besser. Die hören nicht mal auf ehemalige Spieler wie Manni Kaltz. Auf Horst Hrubesch vielleicht. Aber nicht einmal auf Uwe Seeler hören sie. Wenn ich mal vergleiche, wie sich der FC Bayern um ehemalige Spieler kümmert und sie in verschiedene Positionen einbindet. Wenn Philipp Lahm aufhört, hat er gute Chancen Sportdirektor zu werden.
Beim HSV findet etwas Vergleichbares nicht statt. Das ist sehr, sehr traurig. Eine der erfolgreichsten europäischen Mannschaften (zu Beginn der 1980er Jahr, Anm. d. Red.) mit hervorragenden Spielern, die auch menschliche Qualitäten haben, nicht zu involvieren, das zeigt doch die Inkompetenz dieses Vereins. Deswegen mache ich mir da keine Gedanken.
Hätten Sie sich gewünscht, dass man mal auf Sie zukommt?
Hartwig: Es hat sich niemand wirklich Gedanken darüber gemacht, wie ich ticke oder warum ich mal den Mund aufmache. Ich bin eben eine ehrliche Haut und sage, was ich denke. Ob das immer gut ist, sei mal dahingestellt. Aber ich glaube, dass ich dem HSV sehr hätte helfen können, wenn ich die Jugendarbeit hätte übernehmen dürfen. Ich bin für den DFB im Jugendbereich in ganz Europa unterwegs. Ich hätte sehr helfen können, junge Leute über die Jugend bis an die erste Mannschaft heranzuführen. Aber da hat man immer wieder andere Leute genommen. Mittlerweile ist das für mich aber okay. Es ist alles gut.
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Markus Gisdol, Trainer Hamburger SV

Fotocredit: Imago

Wenn man Sie bei der letzten Trainersuche um Rat gefragt hätte, hätten Sie Markus Gisdol empfohlen?
Hartwig: Nein!
Warum nicht?
Hartwig: Ich habe ihn schon in Hoffenheim erlebt. Und dann kommt er nach Hamburg und sagt bei seiner Vorstellung, es sei das Größte gewesen, als der HSV beim ihm angerufen habe. Ein Weltklub! Was ist denn das für ein Geschleime?
Ich hätte Labbadia behalten. Der ist seinen Weg gegangen und er wäre ihn auch mit Erfolg weiter gegangen. Er ist mit falschem Maß gemessen worden, weil er Spieler nicht hat spielen lassen, die Herr Beiersdorfer (Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer, Anm. d. Red.) eingekauft hat. Ein Brasilianer, der nach hinten nicht arbeitet, sondern stehen bleibt, weil er keine Kondition hat, den kann man in der Bundesliga nicht spielen lassen. Auch wenn er sechs Millionen Euro gekostet hat. Das hat der Trainer gesagt und ist trotzdem entlassen worden. Schlimmer noch: Man hat ihn vorgeführt und als Sau durchs Dorf getrieben. Das war unter der Gürtellinie. Das macht man nicht.
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