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Der Ligastheniker: Alles Roger? Warum sich Rudi Völler im Fall Schmidt am Riemen reißen sollte

Thilo Komma-Pöllath

Update 24/10/2016 um 21:30 GMT+2 Uhr

Eurosport-Blogger Thilo Komma-Pöllath schreibt in seinem Blog "Der Ligastheniker" über die peinliche Posse um Roger Schmidt bei Bayer Leverkusen - und warum die Vorkommnisse vor allem kein gutes Licht auf Sportdirektor Rudi Völler werfen.

Rudi Völler (Bayer Leverkusen)

Fotocredit: SID

So also spricht die Liga, wenn auf dem Rasen gerumpelt wird. Wir haben es immer schon gewusst, wenn auch selten so deutlich mitgehört.
Ohne die Außenmikrophone wäre uns am Wochenende dieser denkwürdige Monolog nie zu Ohren gekommen. Bei allem, was zu verstehen war, hat es sich um einen Anwurf shakespearehafter Dichte gehandelt:
Was bist du für ein Spinner!
Und:
Halt doch einfach die Schnauze!
Ein offenes Wort kann ja so befreiend wirken, dachte sich Roger Schmidt, Trainer von Bayer Leverkusen. Macht aber nix, denn sein Chef, der Rudi, der findet das alles dufte.
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Roger Schmidt

Fotocredit: SID

Rudi Völler findet alles okay

Eigentlich war es ja nur ein x-beliebiger Zweikampf an der Mittellinie. Ein Foul oder nicht, jedenfalls ein Pfiff, so was kommt bei jedem Bundesligaspiel drei Dutzend Male vor, das Spiel längst entschieden, aber diesmal konnte der Roger einfach nicht mehr.
"Spinner" und "Schnauze" also. Gemeint war Julian Nagelsmann, der junge Kollege von der TSG Hoffenheim. Aber irgendwie war der auch selber schuld, er, der Julian, das "HB-Männchen", das ungefragt auf und abspringt. Wo kommen wir denn da hin. Sagt der Rudi.
Viel interessanter als die eigentliche Verbalinjurie war die Krisen-PR der Bayer-Jungs. Statt sich einfach zu entschuldigen, mutmaßte Schmidt: "Anscheinend ist das so, dass man das nicht sagen darf!" Fand der Rudi sicher auch.
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Rudi Völler

Fotocredit: SID

Völler zeigt mit dem Finger auf andere

Apropos Rudi. Der erschien nach dem Spiel, mit hochrotem Kopf zum TV-Duell und gab in einer Mischung aus Instant-Cholerik und irrationalen Verschwörungstheorien eine Art Donald Trump der Liga.
Völler sagte, bei unserem Trainer werde immer ganz genau hingeschaut, bei den anderen nie.
Schmidt wiederholte den Vorwurf fast wortgleich in Ich-Form. Wie beide darauf kommen und warum das so sein sollte, dazu sagten sie nichts.
Als sich Schmidt im Februar diesen Jahres beim Spiel gegen den BVB weigerte, das Feld zu verlassen, obwohl ihn der Schiedsrichter wegen ständigen Meckerns auf die Tribüne geschickt hatte (Schiedsrichter Zwayer unterbrach daraufhin das Spiel), stellte sich Völler danach vor die TV-Kameras und behauptete steif und fest, dass der Schiedsrichter wegen der Schmidt-Sache einen Elfmeter für sein Team nicht gegeben hätte. Wörtlich sagte Völler: "Er hat sich revanchiert. Ich weiß das!"
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Rudi Völler

Fotocredit: SID

Nicht die erste Entgleisung

Abgesehen davon, dass es sich dabei um eine Behauptung handelte, die er nicht belegen konnte, hatte das im Stadion kaum einer so aufgenommen.
Aber die Wahrnehmung von "Rudi Irrationale" ("11 Freunde") ist ja ein ganz eigenes Mysterium des deutschen Fußballdiskurses. Die Bandbreite seiner Entgleisungen reicht dabei von bloßer Beleidigung ("Pausenclown" Mario Basler) bis zu frauenfeindlichem Verhalten in TV-Studios (siehe "Sky"-Moderatorin Jessica Kastrop) und höchstrichterlichen Moralurteilen (Marcell Jansen liebt den Fußball nicht).
Dass Völler, dieser großartige Ex-Stürmer, einmal Trainer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft war, wäre heute fast vergessen, hätte es in seiner Amtszeit nicht die legendäre Weißbier-Wutrede gegen Waldi Hartmann gegeben, sozusagen die Mutter aller Wutreden.
Völler war bald darauf seinen Job los, aber dieses Interview hat ihn unsterblich gemacht. Womöglich ein Grund für seine nihilistische Post-Schlusspfiff-Erregung von heute. Vielleicht sollte sich Rudi einfach mal an die Losung seines eigenen Trainers halten: "Schnauze!". Eben.

Zur Person Thilo Komma-Pöllath:

Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog "Der Ligastheniker" das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.
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