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Der LIGAstheniker: 1:0 für den BVB oder das Schönreden der FC Bayern-Nebelkerzen

Thilo Komma-Pöllath

Update 16/10/2017 um 10:47 GMT+2 Uhr

Eurosport-Blogger Thilo Komma-Pöllath sieht bei den Bayern noch einige Baustellen nach dem Ligastart gegen Leverkusen. Der BVB seint dagegen auf dem richtigen Weg zu sein und begeistert durch eine Taktikumstellung der Dortmunder unter Neu-Trainer Peter Bosz, der ihnen prompt zum Sieg über den VfL Wolfsburg verhalf. Sportdirektor Salihamidžić wird bald wohl nicht mehr viel zu lachen haben.

Thomas Müller

Fotocredit: Imago

Als Uli Hoeneß noch wenige Tage vor dem Ligastart eine weitere Nebelkerze zur Legitimation des neuen Sportdirektors in den Münchner Fußballhimmel zündete, war offensichtlich geworden, welche Jobbeschreibung Hasan Salihamidžić unterschrieben hatte: Loyalität bis zur Schmerzgrenze. "Brazzo", hob der Präses die Stimme, hätte in kürzester Zeit mehr dazwischengehauen als sein Vorgänger Matthias Sammer in sechs Jahren.
Was insofern überraschen musste, da Salihamidžić in seiner aktiven Zeit eher als lustiger Vogel denn als programmatischer Leader auffiel. Für Sammer gilt ziemlich genau das Gegenteil. Nach diesem zweideutigen Leverkusen-Auftakt seiner Bayern stand jetzt also ein sichtlich bemühter Sportdirektor in der Pose des Pressesprechers vor den TV-Kameras und verkündete flockig: "Alles läuft nach Plan!"

Unterirdische Statistik

Das ist zumindest eine gewagte These, die jegliche Statistik ausklammert und sich ausnahmslos aufs unerschütterliche "Mia San Mia"-Gefühl des Bosniers stützt, der jetzt ein Bayer sein soll, was ihm offensichtlich gut gelingt. Durchschnittlich 51 Prozent Ballbesitz über die ganze Partie ist ein für Bayern im heimischen Stadion unterirdischer Wert, in der zweiten Hälfte hatte Leverkusen sogar mehr Ballbesitz.
Und auch sonst sprach so gut wie jede statistische Erhebung gegen den Rekordmeister, mit Ausnahme des Ergebnisses: die Bayern sind weniger Kilometer gelaufen, haben weniger Zweikämpfe gewonnen, die Passquote war niedriger, selbst die Anzahl an Torchancen (13:19) war in einem Maße zugunsten von Bayer, das man einen Schreibfehler vermuten musste.
Man muss sich das nochmal vor Augen führen: 19 Mal hatten Volland und Co. so etwas wie eine Torgelegenheit (!) in München (!). Das gelang selbst Real oder Atlético in jüngerer Zeit nicht. Aber Hauptsache, so der Pressesprecher: "Alles im Plan!"

BVB: Modern und aggressiv

Dass gar nicht so viel nach Plan läuft, zeigt schon die Tabelle, die bekanntlich nach einem ersten Spieltag keine Aussagekraft besitzt, und doch eine Momentaufnahme darstellt, die diesmal sportlich eindrucksvoll untermauert wurde: 1 Dortmund, 2 Bayern.
Die Aufnahme wirft auch die Frage auf, warum ausgerechnet die Dembélé-gebeutelten Dortmunder einen so modernden, aggressiven Pressingfußball zeigen konnten, von dem die Bayern offenbar noch weit entfernt sind?
Auch hier hilft ein Blick in die Statistik: Allein in den ersten 15 Minuten, wohlgemerkt die erste Viertelstunde der neuen Saison, auf die man vielleicht Lust haben könnte als Profi, legte der BVB los wie die Feuerwehr: Ballbesitz 79,1 Prozent (Im Vergleich dazu die Bayern: 53,6 Prozent). Als das nicht half, änderte Dortmund nach einer Viertelstunde seine Taktik, ließ sich etwas zurückfallen, verlegte sich aufs Kontern und erzielte prompt zwei Treffer.

Wofür stehen die Bayern?

Der aktiv herbeigeführte Rhythmuswechsel war eine taktische Meisterleistung, die man bei den Bayern so nicht sehen kann. Die Bayern verlangsamten ihren Rhythmus in der zweiten Hälfte gegen Leverkusen nicht aus einem taktischen Kalkül heraus, sondern weil Leverkusen sie in die eigene Hälfte drückte. Also aus einer Schwäche heraus.
Die Bilanz der Dortmunder beeindruckend: 649 Pässe, bei einer Passquote von gut 80 Prozent, insgesamt 71,2 Prozent Ballbesitz, nur 9 (nicht 19) Schüsse aufs Tor zugelassen.
Noch wichtiger als die reine Zahlenspielerei ist aber die Spielanlage, die der neue Trainer Bosz schon jetzt implementiert hat: die hohe Zone beim Pressing, die enge Staffelung der Achse im Mittelfeld, die "Dominanz im Ballbesitzspiel", die "Spiegel Online" völlig zu recht würdigte. Der BVB liegt also voll im Plan. Aber die Bayern?

Müller for Sportdirektor

Eine Stimme der Vernunft gab es dann doch noch, die sich von all den Nebelkerzen nicht die klare Sicht auf die Dinge nehmen lassen wollte.
"Wir sind nicht im siebten Himmel", kalauerte Thomas Müller, und sprach weiter von noch ganz viel Arbeit, die vor ihnen liege.
Müller hat damit seine grundsätzliche Eignung als Sportdirektor eindrucksvoller untermauert als Brazzo.

Zur Person Thilo Komma-Pöllath:

Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog "Der LIGAstheniker" das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.

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