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Reizthema "Transfer-Knaller" - Jupp Heynckes gibt Uli Hoeneß Kontra

Daniel Rathjen

Update 13/11/2017 um 11:27 GMT+1 Uhr

Der FC Bayern ist eine Top-Adresse in Europa. Doch wie lange noch, wenn keine echten Transfer-"Knaller" mehr kommen, weil Präsident Uli Hoeneß den "Ablöse-Wahnsinn" nicht mitmachen will? Freund und Bayern-Trainer Jupp Heynckes sieht eine Gefahr darin und fordert eine Neuausrichtung der Politik. Sein Wort hat Gewicht. Der Verein steht vor einer Grundsatzentscheidung.

Jupp Heynckes (l.) und Uli Hoeneß

Fotocredit: Imago

Jupp Heynckes tut das, was er tun muss. Der Coach des FC Bayern, mit seinen 72 Jahren so motiviert wie weise, setzt seine direkte Ansprache gezielt ein und legt den Finger in die Wunde. Das ist vielleicht nicht angenehm für denjenigen, den es trifft, aber möglicherweise sogar heilend.
Sportlich war der Triple-Trainer jedenfalls die erhoffte Soforthilfe - und auch über die Saison hinaus könnte "Don Jupp" für den FCB wegweisend sein. Denn mit seinen klaren Aussagen in der "Welt" zur viel diskutierten Transfer-Politik des deutschen Rekordmeisters hat Heynckes eine Grundsatzdebatte neu entfacht. Sein Wort hat Gewicht, die Beziehung zu seinem Freund Uli Hoeneß ist eng. Der Präsident wird es vernehmen, wenn Heynckes wie jetzt - angesprochen auf die Kaderplanung - sagt:
Das Erkennen und Fördern (von Talenten, d. Red) ist ganz wichtig. Aber du musst als Klub wie der FC Bayern auch bereit sein, mal einen Knaller zu verpflichten, der viel kostet.
"Der viel kostet" - das ist nach den neuen verrückten Gesetzen des Marktes gleichzusetzen mit einer Summe von mehr als 100 Millionen Euro. Es sind Summen, die andere Vereine wie Real Madrid, FC Barcelona, Paris Saint-Germain, Manchester United und Manchester City für einen Spitzenspieler ausgegeben haben beziehungsweise sie auch ohne mit der Wimper zu zucken wieder ausgeben werden. Es sind Vereine, die der FC Bayern im europäischen Ranking zuletzt temporär hinter sich gelassen hatte. Nun scheinen sie enteilt. Heynckes, der die Lage im Weltfußball trotz seines vier Jahre währenden Ruhestands in spe weiter intensiv verfolgt hat, ist die angespannte Situation bewusst.
Hoeneß wollte das wilde Spiel auf dem Transfermarkt in diesem Sommer noch nicht mitmachen, sprach im Mai noch von "Granaten", um dann doch davon abzurücken. Im August steckte er seine Schmerzgrenze eindeutig ab:
Ich möchte keinen Spieler für 100 Millionen Euro kaufen, selbst wenn ich sie hätte. Dafür ist mir das Geld zu schade. Für uns kommt so etwas nicht in Frage. Ich bin der Meinung: Kein Spieler der Welt ist 100 Millionen Euro wert.
Schon zuvor hatten sich die Bayern aus dem Poker um beispielsweise Kevin De Bruyne (ging für 74 Millionen Euro vom VfL Wolfsburg zu ManCity) oder Leroy Sané (für 50 Millionen von Schalke zu ManCity) zurückgezogen. Timo Werner war gar nicht auf dem Radar, der heutige Nationalstürmer mit der größten Perspektive ging vom VfB Stuttgart zu RB Leipzig. Der Eindruck, dass der FC Bayern es verpasst hat, rechtzeitig das Erbe für Franck Ribéry und Arjen Robben zu bestellen, wird dadurch gefestigt.

Kaderplanung und das Problem mit der Eitelkeit

Die beiden Superstars genossen viele Jahre zu Recht das volle Vertrauen der Bosse, junge Spieler sahen jedoch kaum eine Chance auf Spielzeit - und kamen nicht. Heynckes weiß jedoch:
Es müssen die Besten spielen. Da ist es egal, ob sie jung oder alt sind. Glauben Sie denn, dass ein Franck Ribéry davon ausgehen kann, dass er immer spielt? Nein. Wenn er nicht gut drauf ist, spielt er nicht. Wie gesagt, man muss sich rechtzeitig um junge, gute Spieler kümmern. Sie fördern und mit ihnen reden. Sie führen und motivieren.
Für Heynckes ist bei der Kaderplanung ebenso wichtig:
Sie dürfen selbst nicht eitel sein. Manchmal habe ich den Eindruck, als würde die Welt vor lauter Eitelkeiten zugrunde gehen. Wir verstehen alle etwas vom Fußball, der eine mehr und der andere weniger. Aber das muss man nicht zur Schau tragen, weil es nicht interessiert. Wichtig ist, dass du die richtige Entscheidung triffst.
Die Aussage ist allgemein gehalten und dementsprechend in viele Richtungen interpretierbar. Sie dürfte aber auch als Denkanstoß für Hoeneß oder Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, den starken Mann während der Zeit, in der Hoeneß im Gefängnis saß, gemeint sein.

Heynckes steht als Berater zur Verfügung

Finanziell steht der Verein nach wie vor zweifelsohne exzellent da, in der Bundesliga ist die Vormachtstellung wieder unumstritten, die Internationalisierung schreitet konsequent voran, mit dem "FC Bayern Campus" wurde die Basis für eine standesgemäße Talentförderung gelegt - setzt der FCB demnächst mal wieder ein, zwei Ausrufezeichen auf dem Transfermarkt, er wäre sportlich wieder mittendrin im Konzert der europäischen Elite.
Heynckes hat den Finger mit seinen kompetenten Aussagen in die Wunde gelegt. Es ist ein zusätzlicher Bonus, dass er den Bossen bei der Planung der Zukunft beratend zur Seite steht.
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