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Sigi-Heinrich-Blog: Schade um Jörg Schmadtke

Sigi Heinrich

Update 24/10/2017 um 14:39 GMT+2 Uhr

Der 1. FC Köln entlässt nicht den Trainer, sondern trennt sich von Manager Jörg Schmadtke. Eurosport-Blogger Sigi Heinrich ist überrascht und sucht Gründe für diese ungewöhnliche Entscheidung des Tabellenletzten. Dem geschassten Schmadtke trauert er nach, nicht nur weil dieser stets moralische Bewertungskriterien anlegte.

Jörg Schmadtke

Fotocredit: Imago

Jede Wette: Wir dachten doch alle, jetzt ist es vorbei mit der österreichischen Herrlichkeit beim 1.FC Köln. Künftig wird Peter Stöger wieder in seiner Heimatstadt nach neuen und gewagten Brillenmodellen Ausschau halten.
Trainer werden normalerweise nämlich schneller entlassen, als die Konditoren in Wien eine Sachertorte herstellen können. Nichts da.
Die Kölner bleiben Stöger treu und trennen sich stattdessen von dem Mann, der maßgeblichen Anteil daran hat, dass Köln überhaupt in der Bundesliga spielt: Jörg Schmadtke, der Geschäftsführer Sport, der eigentlich an allen Wirkungsstätten, an denen er war, den Erfolg im Programm hatte.
Alemannia Aachen etwa hat er mit kleinem Etat entschuldet und als aktiver Kicker hielt er mehrmals mit tollen Paraden sein Tor sauber. In Hannover wollten sie ihn gar ein Leben lang behalten als Sportdirektor. Dort gab er aus persönlichen und wohl auch familiären Gründen seinen Job auf.
Schmadtke ist, wenn man das aus einer gewissen Distanz sagen darf, durchaus ein Vertreter seiner Zunft, der noch moralische Ansprüche geltend macht.

Modeste machte den Unterschied

Es wäre doch leicht gewesen zu sagen und den Vereinsoberen (unter ihnen Vizepräsident Toni Schumacher) auch zu suggerieren, dass dieser eigenartige Österreicher Stöger keinen Zugang mehr zur Mannschaft findet. Ist immer ein gängiges Mittel. Verbraucht, ideenlos, konzeptlos. Ach, da kann man vieles finden, was eine weitere Tätigkeit verhindern könnte.
Stattdessen stellte sich Schmadtke hin und nahm die Schuld für die Katastrophensaison irgendwie auf sich.
Die Einkaufspolitik, seine Einkaufspolitik, so poltern jetzt die Kritiker, sei der Auslöser für eine Saison, die möglicherweise im Abstieg endet. Dabei ist der Niedergang des 1.FC Köln hauptsächlich mit einem Namen verbunden: Anthony Modeste.
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Modeste

Fotocredit: Getty Images

Der Franzose erzielte in der vergangenen Saison 25 Tore und war damit drittbester Torjäger der Bundesliga. Die wohl etwa 25 Millionen (pro Tor eine Million), die den Kölnern als Ablösesumme aus China übrig blieben, waren eine Wohltat für die Klubkasse.
Die Problematik freilich, die dabei übersehen wurde, stellte sich ein bei der Suche nach Ersatz für Modeste. Für eben 25 Millionen war weit und breit kein vergleichbarer Stürmer aufzutreiben.

Pech auf der ganzen Linie

Hätte also Jörg Schmadtke, der viel Zeit in den Transfer von Modeste nach China investierte, weil die Rahmenbedingungen alles andere als einfach waren, sich vom Franzosen bezüglich einer immensen Gehaltsaufbesserung erpressen lassen sollen?
Angeblich verdient er 15 Millionen im Jahr in China. Das hätte den Rahmen, in dem sich Köln befindet, gesprengt und das Gefüge im Team auseinandergerissen. Schmadtke hat richtig gehandelt, auch unter dem Motto, dass man Reisende letztlich nicht aufhalten kann und soll.
Doch jetzt ist guter Rat nicht teuer. Er ist nicht mehr gefragt. Es ist zu spät. Modeste ist weg und es ist niemand mehr da, der Tore schießt.
Gewiss: Wir leiden mit den Kölnern. Ein Blick auf die bisherigen Spiele zeigt deutlich: Mehr Pech auf einmal kann man kaum haben. Beinahe alle strittigen Schiedsrichterentscheidungen oder Video-Beweise waren gegen Köln. Es könnte in der Tat ganz anders aussehen. Viel besser.

Ein Spiel bleibt ein Spiel

Jörg Schmadtke, so sagt man natürlich jetzt, mache den Weg frei für eine Erneuerung. Das klingt immer gut, ist aber in diesem Fall blanker Unsinn. Schmadtke, so finde ich, hätte bleiben können, ja sollen. Genauso wie Peter Stöger bleibt.
Die Crux an der Geschichte ist der eigene Erfolg, der die Kölner aus der Bahn geworfen hat. Die Doppelbelastung, die ungewohnt ist, mit Europapokal und Bundesliga hat der im Angriff überforderte Kader nicht bewältigt. Da ist der 1.FC Köln kein Einzelfall.
Ein Anruf bei Christian Streich in Freiburg hätte genügt, um gewarnt sein zu müssen. Plötzlich steigt man nämlich als Europacup-Teilnehmer schon mal ab. Wenn nicht noch ein Wunder passiert, wird es den Kölner so ergehen.
Die gute Arbeit, die Jörg Schmadtke in Köln geleistet hat, bleibt davon unberührt. Oft wird vergessen, dass im Sport trotz aller Planungen ein Restrisiko nie auszuschließen ist. Letztlich ist ein Spiel eben ein Spiel. Ausgang ungewiss.
Das wird immer so bleiben, wobei eine Tatsache wohl letztlich nie mehr von der Hand zu weisen ist: Geld schießt halt doch Tore. Es darf nur nicht auf der Bank liegen und das Festgeldkonto schmücken.
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