FC Bayern | Jürgen Klopp: Wollen die Münchner den Liverpool-Coach wirklich?
Update 19/03/2019 um 11:50 GMT+1 Uhr
Jürgen Klopp als Trainer beim FC Bayern München? Was FCB-Legende Franz Beckenbauer vor dem Duell mit dem FC Liverpool in der Champions League noch als Wunschtraum formulierte, könnte durchaus ein echter Plan für die Zukunft sein. Auf der Trainerbank der Münchner fehlt genau so ein Typ als Coach, wie ihn "Kloppo" perfekt darstellt, findet LIGAstheniker Thilo Komma-Pöllath in seinem neuesten Blog.
Ein Kommentar von Thilo Komma-Pöllath
Vier Tage nach dem Aus gegen Liverpool taten die Bayern jetzt wieder so als wäre nix passiert: Das 6:0 gegen Mainz wirkte so souverän und überlegen wie das 6:0 vier Tage vor Liverpool gegen Wolfsburg. Und Tage davor ein 5:1 in Gladbach. In der Liga also zuletzt 17:1 Tore und neun Punkte, das würde man, unter normalen Umständen, als Macht- und Nimbusdemonstration werten. Doch normal ist beim FC Bayern derzeit wenig.
Das Rückspiel gegen Liverpool dürfte als Zäsur in die jüngere Chronik des Klubs eingehen. Ausgeschieden im Achtelfinale der Champions League, der nachweisliche Beleg, dass man sich aus der Spitze des europäischen Klubfußalls erstmal verabschiedet hat, und dass der Querverweis auf die Bundesliga nicht mehr als Gütesiegel taugt.
Der FC Bayern braucht eine Energiewende
In der Liga 17 Tore und gegen Liverpool kein einziges, zumindest kein selbsterzieltes, mit Mühe und Not vielleicht zwei gezählte Torchancen, ein kapitaler Spannungsabfall, der den Verantwortlichen jetzt Rätsel aufgibt. Mögen die Bayern in den nationalen Wettbewerben wieder mit der Inbrunst eigener Unantastbarkeit agieren, international ist davon nicht mehr viel übrig. Bayern-Präsident Uli Hoeneß sprach davon, dass ihm gegen Liverpool der "Mumm" gefehlt habe. Die Bayern brauchen dringend eine Energiewende.
Das Einzige, was die Bayern-Anhänger nach dem Liverpool-Trauma träumen lässt, ist die Vorstellung, die ihr Ehrenpräsident Franz Beckenbauer schon vor dem faktischen CL-Aus mit den schönsten Schmeicheleien vorauseilend formuliert hat: Jürgen Klopp zum FC Bayern, das wäre das Höchste!
Gesucht: ein "Mumm-Trainer" für den FC Bayern
Und in der Tat könnten die Bayern jetzt einen Aufkleber für die Autos ihrer Mitglieder produzieren lassen: Bitte nicht hupen! Bayern-Fan träumt von Kloppo! Das mag gegenüber dem tapferen Niko Kovac ungerecht erscheinen, dem man in Bezug auf die Liverpool-Spiele keine großen Coaching-Fehler vorwerfen kann. Andererseits hat er sich auch nicht gerade als Zukunftslösung aufgedrängt. Als es gegen Liverpool um alles oder nichts ging, kamen von der Bank keine spürbaren Impulse mehr.
Aber genau das lieben so viele Fußballfans am Impulstrainer Klopp, seine emotionale Art, die geballte Faust und der stete Glaube an sich selbst. Insofern muss man Beckenbauer beipflichten: Klopp wäre der Trainer, der den Bayern wieder den nötigen "Mumm" einimpfen könnte.
Klopp von Beckenbauer geschmeichelt
Ob es jemals dazu kommt, scheint eher unwahrscheinlich, so das Presseecho der letzten Tage. Oder vielleicht doch nicht? Interessant war jedenfalls, wie Klopp auf Beckenbauers Lobhudelei reagierte. Wie geschmeichelt er sich fühlte, vom Allergrößten des deutschen Fußballs, seinem "Freund" Franz, gebauchpinselt zu werden. Das jedenfalls war seine erste Reaktion.
Wurde er nicht leicht rot im Gesicht? Später schob er noch pflichtschuldigst hinterher, dass Liverpool wirklich zu ihm passe und er hoffe, dass es noch lange weitergehe. Nur, wie lange es dort für Klopp noch weitergeht, das wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Und dass die Bayern ihm jetzt öffentlich den Hof machen, das gefällt ihm, das konnte jeder sehen.
Klopp weiß: Ohne Titel ist alles nichts
Jürgen Klopp wird in der nordenglischen Arbeiterstadt wie ein Heilsbringer verehrt, als riesiges Graffiti ziert sein Konterfei rote Ziegelwände. Sie lieben ihn auch deshalb, weil er so ist, wie er ist. Nur: Ohne Titel ist alles nichts. Das weiß er selbst besser als jeder andere. Mehr noch als den Gewinn der Champions League erwarten die "Reds" den Gewinn der englischen Meisterschaft vom selbsternannten "The Normal One". Doch wer zuletzt das von Pep Guardiola instruierte Man City gesehen hat, dem können Zweifel am großen Klopp-Plan kommen.
Man City hat nicht nur einen großen Rückstand auf Liverpool aufgeholt und liegt in der Tabelle der Premier League bei einem Spiel weniger nur zwei Punkte hinter Liverpool, sondern ist vielleicht auch die spielstärkste Mannschaft Europas. Pep und Klopp haben lange nichts mehr gewonnen, wobei Klopp vor allem einige wichtige Finals verloren hat. Er muss also vor allem beweisen, dass er es kann.
Klopp und Bayerns Business-Plan
Dabei, und das wird gerade gerne vergessen, waren die Bayern schon mal ganz nah dran an einem möglichen Bayerntrainer Klopp. 2013, als sie einen Nachfolger für ihren Triple-Trainer Jupp Heynckes suchten - und sich am Ende lieber für Pep entschieden. Damals trauten sie Klopp das ganz große Bayern-Ding (noch) nicht zu, respektive Uli Hoeneß traute es ihm nicht zu. Wie schnell sich die Zeiten ändern können.
Andererseits gehörte es immer schon zum Business-Plan des FC Bayern, diejenigen vom Markt wegzukaufen, die einen sportlich am meisten geärgert haben. Die Liste der Spieler und Trainer, die später das Bayern-Trikot trugen, ist lang, von Otto Rehhagel bis Miro Klose, von Roy Makaay bis Robert Lewandowski. Insofern ist Jürgen Klopp nun der nächste Name auf der Liste. Schaun' mer mal, wie lange noch.
Zur Person Thilo Komma-Pöllath:
Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog "Der LIGAstheniker" das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.
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