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FC Bayern: In der Champions League muss Thiago Alcántara seinen Wert beweisen

Johannes Mittermeier

Update 29/09/2015 um 18:38 GMT+2 Uhr

Thiago Alcántara ist ein brillanter Fußballer, sicher der Feinste beim FC Bayern. Das will schon etwas heißen. Der Spanier streichelt die Bälle, die fehlende Zielstrebigkeit aber kann seine größte Schwäche sein. Es wird auch auf Thiago ankommen, ob Bayern seine Ziele in der Champions League erreicht. Der Mittelfeldmann muss sich international beweisen - und zeigt Bereitschaft.

Mit dem FC Bayern spielt Thiago in der Champions League gegen Dinamo Zagreb

Fotocredit: Imago

Die Fortschritte sind unverkennbar. "Zwei- oder dreimal pro Woche übe ich", sagt Thiago Alcántara über seine Bemühungen, die deutsche Sprache so zielsicher einzustreuen wie Pässe aus dem Gelenk. Die Fußballbegriffe habe er inzwischen drauf, "Viererkette" zum Beispiel. "Oder Xabi Alonsos Lieblingswort: Flüssigkeitshaushalt!"
Thiago ist ein offener Charakter, er will sich verständigen können in seiner Wahlheimat, und er dürfte noch eine Weile die Gelegenheit haben, seine Kenntnisse zu verfeinern. Unlängst verlängerte er bis 2019 beim FC Bayern.
Der Münchner Klub habe immer zu ihm gestanden, dankte Thiago und dachte an die Leidenszeit, die allen Beteiligten schwer zusetzte: drei Innenbandrisse im rechten Knie, Zweifel, Schuldzuweisungen, Angst. Von 29. März 2014 bis 4. April 2015 konnte dieser begnadete Fußballer nicht über grüne Wiesen toben, die Qual wurde in einer Video-Dokumentation verpackt, "Thiago 371" heißt sie - in Anlehnung an die Ausfalldauer.

König des Kurzpasses

"Ich nehme die positiven Dinge mit", verriet Thiago der "Bild", der Film solle Mut machen und Kraft spenden. "Wenn du schlafen gehst, denkst du an deine Verletzung. Wenn du aufwachst, denkst du daran. Man braucht Hilfe, um nicht aufzugeben."
Seit seinem Comeback blieb der Sohn des brasilianischen Weltmeisters Mazinho von Blessuren verschont, kleinere Rückschläge sind einkalkuliert: "Mein Knie fühlt sich sicher an. Ich muss aber früher als meine Mitspieler ein spezielles Aufwärmprogramm vor dem Training oder vor Spielen beginnen." Reinste Routine.
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Ästhet: Thiago spielt seit 2013 beim FC Bayern

Fotocredit: AFP

Im begabten Bayern-Ensemble ist der 24-Jährige der feinste Fußballer. Er streichelt die Kugel wie andere eine Katze und ist der König des Kurzpasses.

Extra-Schleife um den Präsentkorb

Für Ästheten ist es ein Vergnügen, dem geschmeidigen Spanier zuzuschauen. In der Bundesligasaison war das bisher sechsmal der Fall, nur in Darmstadt wurde Schonung verordnet. Als Kollege Douglas Costa einen Leverkusener per Zirkusnummer foppte, applaudierte Thiago verbal: "Ich mag das. Und bevor man in einen harten Zweikampf geht, löst man die Situation doch lieber so."
An einem der 23 Münchner Liga-Treffer war er bisher allerdings nicht beteiligt. Das ist momentan das Problem dieses Virtuosen: Künstlerische Freiheit umschließt auch Schaffenspausen. Gegen Wolfsburg (5:1) wurde er nach schwacher Vorstellung zur Halbzeit ausgewechselt.
Thiago weiß natürlich, was er kann, und er neigt dann dazu, das allen zu zeigen. Mit Extraschleifen um den Präsentkorb. Wackler, Heber, Übersteiger - alles im Preis inbegriffen. Die Tänze im Mittelkreis sind wunderhübsch, aber oft nicht zielführend genug. Derzeit ist sein Vortrag von zu vielen Schnörkeln geprägt. Und von zu wenig Effizienz.

Fehlende Superlative gegen Porto

Deutlich wurde das bereits in Barcelona, beim Champions-League-Halbfinale der Vorsaison. Thiago kehrte zu seinem Ex-Klub zurück, und es schien, als wolle er krampfhaft glänzen. Anstatt des sicheren Passes versuchte der Magier, mit Hut und Kaninchen zu zaubern, das konnte nicht gut gehen. Er war kein Faktor in dieser Partie, die Bayern 0:3 verlor.
Trainer Pep Guardiola erklärte die diskrete Leistung mit "Schwankungen wegen seiner Verletzungen", seine Bewunderung für den Kreativen ist bekannt. Pep über Thiago: "Großes Talent", "große Persönlichkeit", "sehr mutig", "ein Kämpfer", "überragendes Selbstvertrauen". Die Essenz, schon bei der Verpflichtung 2013: "Thiago oder nix".
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Überragend gegen Porto: Thiago spielte Weltklasse

Fotocredit: AFP

Von seinem Lieblingsschüler wird nun verlangt, ein internationaler Klassemann zu sein. Ein Spiele-Entscheider.
Thiagos Fähigkeiten stehen außer Zweifel, jetzt muss er sie bündeln und kanalisieren. Was möglich ist, hat das letztjährige Viertelfinale gegen Porto bewiesen, bei der 6:1-Gala im Rückspiel wurden irgendwann die Superlative knapp. Wenn Dinamo Zagreb am Dienstag in der Allianz Arena gastiert (ab 20:45 i Liveticker auf eurosport.de), ist Thiago erneut gefordert.
Seine beste Verfassung hat der Spanier noch nicht erreicht, "mit Sicherheit nicht. Das würde ich niemals sagen. Du kannst dich immer verbessern und etwas lernen", meinte er zur "AZ".
Vielleicht lautet die Lektion ja so: Manchmal ist das Normale besonderer als das Besondere.
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