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FC Bayern scheidet gegen Atlético aus: Pep Guardiolas bitterster Sieg

Florian Bogner

Update 04/05/2016 um 12:39 GMT+2 Uhr

Im Halbfinal-Rückspiel der Champions League zwischen dem FC Bayern und Atlético Madrid schafft Pep Guardiola es auch im dritten Anlauf nicht, die Münchner ins Finale zu führen. Während die Bayern-Spieler um Thomas Müller nach dem wertlosen 2:1 mit dem Glück und dem Schicksal hadern, wirkt Guardiola in der Stunde des Scheiterns beinahe gelöst – und hat eine Botschaft für Nachfolger Carlo Ancelotti.

Diego Simeone und Pep Guardiola

Fotocredit: AFP

Vom FC Bayern berichtet Florian Bogner
Als der Ball knapp neben dem rechten Pfosten einschlug, sank Xabi Alonso 40 Meter weiter hinten auf die Knie und klopfte mit dem rechten Unterarm wie ein Wilder auf den Boden.
Atlético Madrid hatte soeben durch Antoine Griezmann das 1:1 erzielt (53.) und damit das entscheidende Auswärtstor im Champions-League-Halbfinale geschossen, dass dem FC Bayern sechs Tage zuvor in Madrid nicht gelungen war.
Alonso war an der Szene mit beteiligt gewesen: Nach einem Fehlpass von Jérôme Boateng in der gegnerischen Hälfte, waren er und Boateng auf Koke zugestürzt, der jedoch mit einem Pass beide aushebelte.
Der Rest war gegen Bayerns entblöste Abwehr Vorlagengeber Fernando Torres und Torschütze Griezmann überlassen. Das Guardiola’sche Gegenpressing war ihnen in wenigen Sekunden zum Verhängnis geworden.

Fataler Fehler von Boateng und Alonso

Boateng schilderte die entscheidende Szene so:
Bei mir fängt es mit einem Fehlpass an. Ich will dann nach vorne gehen und versuche, ein Foul zu spielen. Alonso geht auch nach vorne. Einer von uns hätte bleiben müssen. Auf dem Niveau darf man solche Fehler nicht machen.
So waren die Treffer von Alonso (31.) und Robert Lewandowski (74.) zum 2:1 nicht genug – Atlético spielt nach dem 1:0-Hinspielsieg am 28. Mai in Mailand das Finale.

300. Trainer-Sieg für Pep der bitterste

Für Pep Guardiola war es in seinem letzten Champions-League-Spiel für den FC Bayern der 300. Sieg seiner Trainerlaufbahn. Und der bitterste. Seine Mannschaft spielte sehr gut, phasenweise brillant, stellte mit dem zwölften Heimsieg in Folge sogar den Rekord von Manchester United (2006-2008) ein. Und stand am Ende trotzdem da wie der Depp.
"Wenn man so dominant war, vor allem im Rückspiel über 90 Minuten, ist schon eine große Enttäuschung da. Es war eine bittere Niederlage", sagte Kapitän Philipp Lahm.
Auch die Führungsriege schluckte schwer. "Ich tue mich extrem schwer, überhaupt einen kritischen Punkt zu finden: Die Mannschaft hat engagiert gespielt, sie hat konzentriert gespielt, sie hat taktisch klug gespielt", meinte Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge, der lieber den Schiedsrichter für ein angebliches Abseits beim 1:1 und den Pfiff vor dem von Torres letztlich verschossenen Elfmeter (84.) kritisierte:
Wir fühlen uns ein bisschen betrogen, muss ich offen und ehrlich sagen. Das Tor war Abseits, der Elfmeter war außerhalb.

Zwölf Schüsse aufs Tor

Selbst Atlético-Trainer Diego Simeone lobte: "Ich habe in der ersten Halbzeit gegen die beste Mannschaft in meiner Karriere gespielt. Es ist unfassbar, wie Bayern aufgetreten ist."
Aber 35:7 Torschüsse (zwölf davon aufs Tor), 12 Ecken und 67 Prozent Ballbesitz waren nicht genug.
Während Atlético den zweiten Finaleinzug binnen zwei Jahren feierte, nahm Manuel Neuer nach Schlusspfiff Boateng und Alonso tröstend in den Arm, David Alaba machte sich einfach bäuchlings auf dem Boden lang.
Javi Martínez wendete sich mit den Händen auf die Knie gestützt und gesenktem Kopf von den jubelnden Atlético-Spielern ab.
"Jeder hat gesehen, was los war", sagte ein niedergeschlagener Thomas Müller: "Wir müssen uns nicht schämen, aber draußen sind wir trotzdem. Das ist ein Drops, den wir schlucken müssen." Müller weiter:
Wir haben nur zwei Fehler gemacht: beim verschossenen Elfmeter und beim Gegentor. Dass es deswegen nicht reicht, ist extrem bitter, weil wir sonst eine super Perfomance auf den Platz gebracht haben.

Müller spielt, Müller verschießt

Nicht nur auf dem Platz passte fast alles. Guardiola hatte diesmal in den Augen vieler die richtige Elf aufgestellt: Nachdem ihm nach dem Hinspiel vorgehalten worden war, nicht auf Thomas Müller und Franck Ribéry gesetzt zu haben, spielten beide – dazu der eben erst nach dreieinhalb Monaten Verletzung zurückgekehrte Boateng.
Ein Treppenwitz, das gerade Müller den Elfmeter verschoss (34.), der Bayern möglicherweise unterm Strich nach Mailand hätte bringen können.
"Ich habe ihn nicht ganz schlecht geschossen, aber er hat ihn auch sehr gut gehalten", sagte Müller über sein Malheur und Atléticos Besten, Torwart Jan Oblak.

Spanisches Trauma für Guardiola

Unterm Strich bleibt so Guardiolas Ära beim FC Bayern München eine unvollendete. Drei Halbfinals gegen spanische Klubs, dreimal auswärts kein Tor geschossen – dreimal ausgeschieden. Spanisches Trauma für den Spanier.
War der 45-Jährige während des Spiels emotional wie selten wieder mal weit über die eigene Coaching Zone hinaus gehüpft, nahm er das Aus nach Schlusspfiff jedoch äußerlich enorm gelassen, fast schon gelöst hin.
Dass ihm der verpasste Champions-League-Titel – die große Messlatte, die ihm Vorgänger Jupp Heynckes aufgelegt hatte – angekreidet werden würde, wusste er da schon.
"Ich weiß, was passieren wird. Es ist alles schon aufgeschrieben. Ich muss das akzeptieren", sagte er mit ruhiger Stimme und einem süffisanten Lächeln auf den Lippen.

Guardiola schwärmt von großer Bayern-Zukunft

"Dass wir in Madrid kein Tor geschossen haben, war vielleicht der Unterschied. Auf der anderen Seite hätten wir im Rückspiel drei, vier, fünf Tore schießen können", führte er an. Es sei auch Pech im Spiel gewesen, höhere Mächte. Er könne sich keinen Vorwurf machen.
Seinem Nachfolger Carlo Ancelotti gab er auf den Weg:
Ich bin sehr stolz auf meine Spieler, wir haben alles gemacht. Ich hoffe, Carlo kann das Niveau, das ich geschaffen habe, halten. Dieser Verein hat eine große Zukunft vor sich. Mit diesen Spielern, mit dieser Mentalität, mit diesen super Menschen.

Guardiola scheut ein Fazit

Ein Fazit zu seinem Wirken als Bayern-Trainer könne er aber nicht geben. "Es war mein Ziel, ein Finale zu erreichen. Vielleicht war die Chance dieses Jahr größer als die Vorjahre. Aber es ist nicht meine Aufgabe, meine Zeit hier zu bewerten", sagte er.
Wichtig war ihm nur eine Message:
Ich will es den Leuten sagen, denn die Spieler wissen das: Ich habe mein Bestes getan. Ich habe mein Leben für diese Spieler und diesen Verein gegeben, bis zur letzten Minute.
Doch es war nicht genug, um in ein Champions-League-Finale zu kommen. Jetzt muss er noch zusehen, dass er wie 2014 zumindest das Double schafft, ehe er Richtung Manchester City weiterzieht.
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