Top-Sportarten
Alle Sportarten
Alle anzeigen

FC Bayern - Real Madrid: Zweifel an Zinédine Zidane vor dem Champions-League-Viertelfinale

Johannes Mittermeier

Update 12/04/2017 um 16:27 GMT+2 Uhr

Beim Viertelfinal-Hinspiel der Champions League zwischen dem FC Bayern München und Real Madrid am Mittwochabend trifft Real-Coach Zinédine Zidane auf seinen Lehrmeister Carlo Ancelotti. Gemeinsam gewannen sie die "Königsklasse", später wiederholte Zidane den Triumph alleine. Trotzdem: Frei von Zweifeln und Zweiflern ist der Franzose nicht - vor allem wegen zwei wunden Punkten. Ist er bald weg?

Zinédine Zidane von Real Madrid

Fotocredit: AFP

Ganz gleich, wie viel Verve und Volumen der famose Zinédine Zidane in seine doch recht zarte Stimme legt - irgendwie hängen sie immer an seinen Lippen, die Besucher im Plenum, die sich dieser Mystik nicht entziehen können oder wollen. Oder beides.
"Als Spieler waren es diese Partien, die ich geliebt habe", sagt Zidane mit bedächtigem, aber nachdrücklichem Ton, und natürlich meint er das Viertelfinal-Duell der Champions League: Am Mittwoch empfängt der FC Bayern München das von Zidane betreute Real Madrid (ab 20:45 Uhr im Liveticker auf Eurosport.de).
Große Spiele werden von großen Spielern entschieden. Zidane war ein großer Spieler, einer der Allergrößten. Welt- und Europameister, dreimaliger Weltfußballer, Champions-League-Sieger. Aber ist er auch ein großer Trainer?

Kroos und Kollegen huldigen Zidane

Zunächst einmal ist der 44-Jährige ein junger Trainer. Und ein bescheidener. "Das wird ein Treffen zwischen Lehrer und Schüler", sagt er zum Vergleich mit Carlo Ancelotti, heute Coach des FC Bayern, zuvor sein Vorgesetzter bei Real. Gemeinsam gewannen sie 2014 die "Königsklasse", im Januar 2016 wurde Zidane zum Chef und wiederholte den Triumph. Jetzt das Wiedersehen.
"Es wird besonders, gegen Carlo zu spielen", sagt der Franzose. "Ich habe viel gelernt, aber verrate nicht, was. Er ist ein guter Mensch." Ancelotti adelt seinen ehemaligen Zögling:
Zidane hat Wissen, Charisma, Persönlichkeit. Die Erfahrung ist nicht das Wichtigste. Ich habe immer gesagt, dass er alles hat, was man braucht, um ein großartiger Trainer zu sein - und er ist schon einer.
Früher war Zidane ein Ball-Streichler, inzwischen ist er so etwas wie ein Spieler-Streichler. Toni Kroos lobt die "positive Atmosphäre". Daniel Carvajal spricht vom "menschlich besten Kader, den ich hier erlebt habe", und Sergio Ramos sagt:
Wir sind sehr froh, wie er dieses Schiff lenkt.
Zidanes Aura fängt die Menschen. "Wenn er spricht, hören die Spieler zu", sagt Ancelotti. "Zidane ist ein Trainer, der den Dialog sucht, er benutzt nicht die Peitsche", analysiert unser spanischer Eurosport-Kollege Jose Manuel Antequera, was im Übrigen stark an Ancelottis Devise erinnert. Der Lehrer beeinflusste den Schüler.

Real Madrid: Die Meisterschaft muss endlich her!

Allerdings ist Zidane in Madrid nicht frei von Zweifeln und Zweiflern. Präsident Florentino Pérez soll dessen Nähe zu den Profis beanstanden, wie einst bei Ancelotti, der nach einer titellosen Saison seine Papiere erhielt. Weitere Anklagepunkte: spanische Meisterschaft und schönes Spiel. Beides fehlt Pérez.
Nationaler Champion wurde Real letztmals 2012, eine Ewigkeit, Zidanes erste volle Saison könnte den Durchbruch bedeuten, Real liegt mit drei Punkten vor dem FC Barcelona (bei einer Partie weniger).
Schwieriger wird's mit der Ästhetik. So viel Stil und Würde der Fußballer Zidane einbrachte, so pragmatisch tritt sein Team auf. Noch ist nicht erkennbar, für welche Idee er als Trainer steht, Real lebt stark von Individualmomenten seiner Superstars. Taktische Flexibilität, spielerische Kreativität, eine unverwechselbare Philosophie - alles schwer auszumachen.
"Die größte Schwäche ist, dass Real nicht dominiert, weil Zidane nur mit drei Mittelfeldspielern agiert (Casemiro, Kroos, Luka Modric) und Karim Benzema, Gareth Bale sowie Cristiano Ronaldo nicht in der Defensive mitarbeiten", sagt Eurosport Journalist Antequera. "Ich glaube, dass Bayern sehr gute Chancen hat."

Zidane will angeblich Frankreich trainieren

Mit Kritik hantiert Zidane als Gentleman, nicht wie jener Heißsporn, der in seiner Karriere 14 Mal vom Platz flog. Ruhe statt Zorn und Kontrolle statt Temperament, auch an der Seitenlinie, wo er im Maßanzug ohne wilde Gesten auskommt - die Ausstrahlung genügt. Neuerdings aber debattieren sie: wie lange noch in Madrid?
Trotz Vertrags bis 2018 verblüffte Zidane mit der Ansage, dass seine Amtsfortsetzung "überhaupt nicht sicher" sei. Er kenne diesen Verein, bei dem er von 2001 bis 2006 spielte, "und ich weiß, was es bedeutet, Real Madrid zu trainieren - im Guten wie im Schlechten". Hängt sein Verbleib etwa am Gewinn der Meisterschaft? Das müsse "jemand anderes" beantworten, sagte Zidane. Also Pérez, der allgewaltige Boss.
picture

Zinédine Zidane

Fotocredit: AFP

Warum Zidane das Beben just in dieser Phase auslöste, war bloß eine der offenen Fragen. Angeblich will er 2018 die französische Nationalmannschaft übernehmen - und eventuell vorbeugen. "Wenn der Trainer in Madrid nichts gewinnt, wird er entlassen", sagte Ancelotti mal und spürte es selbst.
Das lässt sich auf die Gegenwart übertragen. Im Pokal schied Real bereits aus, die Primera Division ist längst nicht entschieden, europäisch wartet Bayern mit Ancelotti. "Ich habe Carlo viel zu verdanken", betont Zidane.
Aber jetzt wollen wir beide die Champions League gewinnen. Ich habe vor nichts Angst!
Das wäre sein konstruktivster Ansatz für Überzeugungsarbeit: Noch nie gelang einem Klub die Titelverteidigung.
Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung