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"Wir sind keine Tiere!" BVB-Niederlage gegen AS Monaco wird zur Nebensache

Tobias Hlusiak

Update 13/04/2017 um 08:25 GMT+2 Uhr

Eine Halbzeit lang lagen die Ereignisse des vergangenen Tages wie ein dunkler Schatten auf dem jungen Team von Borussia Dortmund im Spiel gegen den AS Monaco. Dann reagierte Thomas Tuchel. Der Trainer brachte mit zwei Wechseln die Zuversicht zurück. In der Folge gelang zwar bei Weitem nicht alles. Ein Stück Normalität kehrte aber zurück, auch wenn es am Ende Tränen und harte Worte gab.

Borussia Dortmund

Fotocredit: Imago

Es war kaum mit anzusehen.
Fast exakt 24 Stunden nachdem auf den eigenen Mannschaftsbus ein Bombenanschlag verübt worden war, musste Borussia Dortmund im Signal Iduna Park antreten. Zum Champions-League-Viertelfinale gegen den AS Monaco. Genau dorthin war die Mannschaft gestern unterwegs gewesen, als drei Sprengsätze explodierten.
Thomas Tuchel hatte die Ansetzung des Spiels - wie auch viele Experten - heftig kritisiert. Der Trainer hätte sich und seinem Team "mehr Zeit zur Verarbeitung" der Geschehnisse gewünscht.
Dass seine junge Mannschaft diese dringend gebraucht hätte, war mehr als deutlich zu sehen. Desorientiert, mit den Gedanken ganz woanders und einfach nicht auf Fußball eingestellt - als Schiedsrichter Orsato beim Stand von 0:2 aus Sicht des deutschen Vizemeisters zur Halbzeit pfiff, wollte man jeden BVB-Spieler einfach nur in den Arm nehmen. Nicht weil sie ein Abseitstor und eins nach Foulspiel kassiert hatten.
Nein, zu schwer lastete eine Mischung aus den schlimmen Ereignissen und dem spürbaren Druck, im Namen der Gesellschaft ein Zeichen für die freiheitliche Lebensweise setzten zu müssen, auf dem Team. Das hatte Borussia-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke vor der Partie gefordert. 45 Minuten zum Vergessen.

"Es geht auch um unseren Champions-League-Traum"

"Wir wussten, dass es nicht einfach wird, sich auf Fußball zu konzentrieren. Bis zum Anpfiff war bei mir alles im Kopf, aber kein Fußball", sagte Nuri Sahin in einem beeindruckenden Interview nach der Partie. "Ich werde die Gesichter meiner Teamkameraden gestern im Bus niemals vergessen."
Weil auch Tuchel von diesen Gedanken seiner Spieler wusste, lenkte er den Fokus in der Halbzeit komplett aufs Sportliche. "Wir haben nur über Fußball geredet. Wo sind Räume, was wollen wir tun", sagte er später. "Es ging hier einerseits um Verarbeitung, aber auch um unseren Champions-League-Traum."
Christian Pulisic und eben Sahin brachte Tuchel in die Partie und holte seine Mannschaft damit rein, in dieses Spiel. Mit Toren von Ousmane Dembélé (57.) und Shinji Kagawa (84.) betrieb Dortmund zumindest Schadensbegrenzung. Zu einem guten Ergebnis reichte es nicht, weil Kylian Mbappé - Europas Wunderkind - auf der anderen Seiten noch einmal seine Extraklasse unter Beweis stellte (79.).
Die zweite Halbzeit - mit all ihrer Dramatik und Stimmung - sorgte schließlich dafür, dass die Geschehnisse des Vorabends zumindest vorübergehend in den Hintergrund rückten. 45 Minuten für das Vergessen.
"Nach dem 1:3 habe ich den Jungs gesagt, dass wir noch ein Tor brauchen", meinte Sahin. "Wir sind fokussiert geblieben und haben das zweite Tor gemacht. Das war heute Gold wert für uns."

Sahin mit emotionalen Worten

All das war aber an diesem denkwürdigen Abend eher nebensächlich. "Es hat viel Mut und Courage erfordert, zu spielen", sagte Tuchel später. "Das haben wir heute gezeigt. Trotzdem ist nichts verarbeitet."
Sahin unterstrich die Worte seines Trainers: "Wir sind alle Menschen. Was gestern passiert ist, das wünsche ich niemandem. Es war mir im ersten Moment nicht bewusst."
Erst als ich gestern nach Hause kam und meine Frau und mein Sohn vor der Türe standen, da habe ich erst realisiert, wie viel Glück wir hatten. Ich weiß, dass der Fußball sehr wichtig ist, dass es um sehr viel geht und ich weiß, dass wir hier liefern müssen. Wir wissen auch, dass wir hier heute antreten müssen. Aber man sollte auch nicht vergessen, dass wir Menschen sind. Das war nicht schön heute.
"Wir sind keine Tiere, wir sind Menschen, wir haben Familien, kleine Kinder zuhause", empörte sich auch Sokratis, der den Platz nach dem Spiel mit Tränen in den Augen verlassen hatte.
Das war am Dienstag der schlimmste Tag meines Lebens. Ich bin froh, dass ich am Leben bin. Was wir erlebt haben, das wünsche ich niemandem.
Dem ist nichts hinzuzufügen...
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