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FC Bayern - BVB im DFB-Pokalfinale: Tuchel und Guardiolas Windschatten

Johannes Mittermeier

Update 21/05/2016 um 17:16 GMT+2 Uhr

Im DFB-Pokalfinale zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund begegnen sich die besten deutschen Mannschaften - und ihre Masterminds an der Seitenlinie. Pep Guardiola ist das Vorbild von Thomas Tuchel, beide sind sich bemerkenswert ähnlich. Wie zwei Rennwagen flitzen Guardiola und Tuchel um den Kurs. Jetzt kann der BVB-Coach den Pep-Windschatten nutzen und zum Überholmanöver ausscheren.

Thomas Tuchel (li.) und Pep Guardiola (re.)

Fotocredit: Eurosport

Na, er wird doch nicht? Über Tage, Wochen, Monate hatte Pep Guardiola die Contenance gewahrt, rührselig wurde er nie. Der progressive Pep denkt nicht an die Scheidung, sondern schon daran, was die nächste Ehe (Manchester City) bereithalten wird. Aber jetzt, kurz vor seinem letzten, wirklich allerletzten Auftritt als Trainer des FC Bayern München gestand Guardiola, dem es immer um Mentalität geht, tatsächlich so etwas wie Senti-Mentalität ein.
"Ein wenig", erwiderte der 45-Jährige auf die Frage von "dfb.de", ob bei seinem finalen Auftritt nun Wehmut mitschwinge. Der Anlass des Epilogs ist angemessen, "nun ja", schmunzelt Pep, "es hätte zum Abschied schon ein wenig einfacher sein können..."
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Pep Guardiola spielt mit dem FC Bayern gegen Thomas Tuchel mit Borussia Dortmund

Fotocredit: Eurosport

Das 73. DFB-Pokalfinale der Bayern gegen Borussia Dortmund (ab 20:00 Uhr im Liveticker bei Eurosport.de) wird noch einmal zum Kampf der Titanen stilisiert, es ist das Zusammentreffen der besten deutschen Mannschaften - und das Duell zweier Masterminds an der Seitenlinie. In der roten Ecke: Guardiola. Und in der anderen, der schwarz-gelben: Thomas Tuchel, gewissermaßen ein fußballerischer Halbbruder des Katalanen.
Er werde sie vermissen, berichtet Tuchel, diese Duelle mit Guardiola. "Pep ist einer, der dich dazu bringt, deine Haltung zu straffen, dir Höchstleistungen abzuverlangen. Das Messen mit den Besten macht dich selbst besser."

Guardiola spricht über Tuchel wie über sich selbst

Phänotypisch weisen sie begrenzte Schnittmengen auf. Tuchel ist drei Jahre jünger als Guardiola, hat ein paar mehre Haare auf dem Kopf und schwäbischen statt südländischen Einschlag. Alles andere aber, also ihr Fluchtpunkt beim Fußball, verhält sich in etwa wie bei zwei Rennwagen, die dicht an dicht hintereinanderfahren, aerodynamisch effizient, wodurch der Hintermann vom Windschatten profitiert. Jetzt geht Guardiola. Und Tuchel schert aus.
Vorher hat er sich ein bisschen Denksport verordnet, der schwache Dortmunder Saisonausklang in der Bundesliga wurmte den BVB-Coach. "Ich habe große Sorgen", motzte Tuchel, "wir können nur in absoluter Topform Pokalsieger werden. Und davon sind wir in den letzten zwei Wochen entfernt wie vielleicht noch nie. Deshalb wird die Aufgabe nun doppelt und dreifach schwer."
Tuchel muss Lösungen finden, um den gegen Eintracht Frankfurt (0:1) und den 1. FC Köln (2:2) lahmenden Karren auf Kurs zu bringen. "Mit dem Erreichen des Finals sind noch nicht alle unsere Wünsche gestillt", betont der Borussen-Trainer.
Ich möchte, dass das durchdringt - dass wir dieses Selbstvertrauen ausstrahlen. Wir dürfen mit Recht dran denken, das Finale zu gewinnen. Und wir dürfen uns auch erlauben, es zu verlangen.
Guardiola ist davon überzeugt, dass Tuchel seine Profis perfekt einstellt, schließlich sei dieser "einer der besten Trainer der Welt. Er hat diese Leidenschaft, alles wissen zu wollen. Er macht sich 24 Stunden am Tag Gedanken um seine Mannschaft, den Gegner, den Fußball generell." Klang so, als philosophiere Guardiola über sich selbst. "Wir denken Fußball ähnlich, wir haben dieselbe Leidenschaft für das Spiel", bestätigt er, während Tuchel bekundet, dass "jedes Treffen mit Pep eine Inspiration" sei. Schön ist die Einigkeit.

Tuchels BVB spielt mit Anleihen von Guardiola

Nahezu legendär ist ihre Zusammenkunft in einer Münchner Bar, der Abend firmiert als "Schumann's Cup" in den Büchern und erzählt hübsche Geschichtchen: Wie die zwei Fußball-Besessenen mit Salz- und Pfefferstreuer die Spielzüge nachstellten, irgendwann so vertieft in ihre Ideen, dass aufgeschreckte Servicekräfte lieber Abstand hielten. "Auch wenn das nur eine Spielerei ist, zeigte es, dass sie Freaks sind, Fanatiker in ihrem Beruf", bemerkt Trainer-Legende Ottmar Hitzfeld.
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Thomas Tuchel (Borussia Dortmund)

Fotocredit: AFP

Tuchel verfolgt Guardiola seit dessen Tagen beim FC Barcelona. Und hat genau zugeschaut. Als er 2015 nach Dortmund kam, hatte die Borussia eine verkorkste Saison absolviert, doch Tuchel gelang es "unheimlich schnell, das Spiel von Borussia Dortmund zu beeinflussen". Das Lob stammt von: Guardiola.
Mehr Ballbesitz als zuvor, ruhiger, geordneter, erwachsener, trotzdem gallig und griffig - so tritt Tuchels BVB auf. Angelehnt an den Dominanz-Fußball, der Guardiola behagt. Kein Zufall.

Hitzfeld: "Das kann für Berlin sehr wichtig gewesen sein"

Thomas Guardiola und Pep Tuchel? Naja, ganz so schlimm ist es nicht. Aber ihre Ausprägungen und Ausführungen überschneiden sich stark. "Beurteilen Sie die Arbeit der Trainer nie allein nach Titeln", befiehlt der eine, in dem Fall Tuchel, und es könnten ebenso gut die Worte des anderen sein.
So gesehen verfehlen Tuchels markante Mahnungen vor dem Pokalfinale ihren Zweck nicht. Titel mögen "Nummern" sein, wie Guardiola flötet, aber letztlich halt die Währung eines Arbeitsjahres. Bayern ist Meister, Dortmund ist Zweiter. Crunchtime. Im "Münchner Merkur" glaubt Hitzfeld an Kalkül: "Tuchel wollte ein berechtigtes Warnsignal senden. Das war der richtige Ansatz und kann für Berlin sehr wichtig gewesen sein."
Wenn der Rennwagen zum Manöver ansetzt…
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