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Joachim Löw über das EM-Aufgebot, Lukas Podolski, Bastian Schweinsteiger und die Ziele für die EURO

VonSID

Publiziert 18/05/2016 um 11:47 GMT+2 Uhr

Joachim Löw fiebert dem EM-Start entgegen. Im Gespräch mit dem SID erklärt der Bundestrainer unter anderem, warum für ihn bei der EURO in Frankreich nicht nur die Ergebnisse eine Rolle spielen.

Joachim Löw, DFB-Bundestrainer

Fotocredit: AFP

In Brasilien wurde nach dem WM-Triumph oft der Geist von Campo Bahia beschworen. Wie wichtig sind die Camps beim Trainingslager und bei der EURO vor Ort in Frankreich wirklich?
Joachim Löw: Sehr wichtig. Denn die Spieler sind eine sehr lange Zeit zusammen und stehen unter einem großen Druck. Deshalb müssen sie innerhalb des Quartiers einen gewissen Freiraum haben. Zugleich geht es uns immer wieder darum, dass wir uns begegnen, gewissermaßen zwangsläufig ins Gespräch kommen, kommunizieren. Das ist im Campo Bahia perfekt gelungen, hinzu kam, dass wir uns aufgrund des guten Wetters auch permanent im Freien aufgehalten haben.
Aber Oliver Bierhoff und sein Team haben auch diesmal in Ascona und Evian zwei Unterkünfte gefunden, die ähnlich kompakt sind und bei denen die Umgebung stimmt. Die Trainingsplätze liegen jeweils in der Nähe, so dass wir sowohl im Tessin als auch in Frankreich perfekte Bedingungen vorfinden, um gut zu arbeiten und uns wohl zu fühlen.
Im Trainingslager in Ascona müssen Sie spätestens bis zum 31. Mai auch wieder vier Spieler streichen. Graut Ihnen schon vor diesem Moment?
Löw: Das ist eine der schwierigsten Aufgaben, die in unseren Verantwortungsbereich fallen. Wir hätten uns die Sache sicher leichter machen können, wenn wir von Beginn an nur 23 Spieler berufen hätten. Das wollten wir aber nicht, es geht auch um den Konkurrenzkampf, und jeder Spieler wird davon profitieren.
Schon bei der Nominierung des vorläufigen Aufgebotes musste ich einige Spieler enttäuschen, die auch auf die EM-Teilnahme gehofft oder sogar damit gerechnet haben. Aber ich muss die Entscheidungen treffen. Für die Spieler bedeutet dies ja nicht, dass die Tür zur Nationalelf für immer geschlossen ist.
Bastian Schweinsteiger halten Sie offensichtlich bis zur letzten Sekunde die Tür offen. Wie sieht Ihr Plan für den zuletzt maladen Kapitän aus?"
Löw: Bastian ist nicht nur unser Kapitän und ein wichtiger Spieler auf dem Platz, sondern auch als Typ und Leader für uns unglaublich wertvoll. Nach dem Ausfall von Ilkay Gündogan wäre es für uns ein weiterer großer Verlust, wenn auch er ausfallen würde. Ich hoffe, dass Bastian bis zur EM fit wird, er tut alles, um dabei zu sein, die EM bedeutet ihm enorm viel. Vielleicht klappt es noch nicht bis zum ersten Spiel, aber ein solches Turnier dauert lang und wird nicht im ersten Spiel entschieden.
Bastian hat gerade auch in Brasilien, als er dann im Finale das Spiel seines Lebens abgeliefert hat, seine Klasse und seinen Wert für die Mannschaft unter Beweis gestellt. Eine definitive Entscheidung über seine EM-Teilnahme muss ich jetzt noch nicht treffen.
Die erneute Berufung von Lukas Podolski hat den einen oder anderen überrascht. Haben Sie einen Narren an ihm gefressen?
Löw: Wenn ich nicht von seiner Klasse überzeugt wäre, hätte ich Lukas sicherlich nicht nominiert. Er hat sicherlich auch Phasen bei seinen Vereinen gehabt, in denen er nicht immer gespielt hat, bei der Nationalmannschaft ist er aber stets aufgeblüht. Er ist körperlich in einem hervorragenden Zustand und kann jederzeit ein Spiel entscheiden, weil er immer in der Lage ist, ein Tor zu erzielen. Im Sechzehner ist er abschlussstark wie kaum ein anderer. Deshalb muss ich seine Nominierung auch nicht verteidigen.
Ähnliches gilt wohl auch für Mario Götze, der in dieser Saison nicht allzuviel Spielpraxis bei den Bayern erhalten hat?
Löw: Mario ist ein außergewöhnlicher Spieler. Er kann auch gegen große Nationen wie Argentinien und Brasilien Tore erzielen, was ihn für uns noch wertvoller macht. Wir gehen davon aus, dass wir ihn im Trainingslager wieder in eine gute Form bringen werden. Das ist uns in der Vergangenheit auch schon bei anderen Leistungsträgern gelungen, die zuvor bei ihren Klubs ein kleines Tief durchleben mussten.
In Mario Gomez haben Sie wieder einen sogenannten Stoßstürmer dabei, nachdem Sie nach dem Rücktritt von Miroslav Klose zwangsläufig rund zwei Jahre auf eine falsche Neun gesetzt haben. Kehren Sie eventuell zu einem System mit einem echten Mittelstürmer zurück?
Löw: Darüber ist noch keine Entscheidung gefallen. Grundsätzlich bin ich froh, dass Mario wieder dabei ist und ich dadurch mehr Alternativen habe. Er ist vor allem bei Flanken sehr gefährlich, was uns zunutze kommen kann. Es ist gut zu wissen, dass man als Trainer mehrere Möglichkeiten hat.
Der neue DFB-Präsident Reinhard Grindel hat das Halbfinale als Minimalziel ausgegeben, Ihr Teammanager Oliver Bierhoff träumt vom vierten EM-Stern. Wie hoch haben Sie die Messlatte bei Ihrem fünften Turnier als Bundestrainer für sich selbst gelegt?
Löw: Wir wissen, dass wir eine sehr gute Mannschaft haben, die außergewöhnliche Leistungen bringen kann. Das hat Deutschland gerade bei Turnieren immer wieder bewiesen. Dennoch weiß ich auch, dass wir nicht unschlagbar sind. In den vergangenen zehn Jahren sind wir immer unter die letzten Vier gekommen, das sollte also auch dieses Mal unser Anspruch sein. Wir haben aber auch schon erlebt, dass wir nach der Vorrunde nach Hause fahren mussten. Ich weiß, dass so etwas in einem Turnier immer mal passieren kann, auf diesem Niveau entscheiden Nuancen. Das haben andere große Fußball-Nationen immer mal erleben müssen. Aber daran verschwende ich derzeit keinen Gedanken.
Würde ein früher EM-K.o. denn trotz laufenden Vertrages bis 2018 auch für Ihre Zukunft Konsequenzen haben?
Löw: Das ist für mich im Moment überhaupt kein Thema. Ein Turnier stellt aber in jedem Fall immer eine Zäsur dar. Es kommt nicht nur auf das Ergebnis an, sondern auch darauf, wie man sich verkauft hat. Seriös kann man erst nach der EM beurteilen, ob es ein erfolgreiches Turnier war.
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