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Youngster der Woche: Manuel Locatelli vom AC Milan – Erbarmungloses Sensibelchen

Dennis Melzer

Update 17/02/2017 um 18:48 GMT+1 Uhr

Jung, talentiert, ehrgeizig - Eurosport.de präsentiert in der Reihe Youngster der Woche die Zukunft des Fußballs. Heute mit Manuel Locatelli vom AC Mailand. Der 19-Jährige Rohdiamant soll Milan als großer Regisseur in eine erfolgreiche Zukunft führen. Seit dem Kreuzbandriss seines Idols Riccardo Montolivo bildet "Loca" die Schaltzentrale bei Milan und entschied den Klassiker gegen Juventus.

Manuel Locatelli

Fotocredit: AFP

Manuel Locatelli ist nah am Wasser gebaut – und zwar in mehrfacher Hinsicht. Einerseits wurde das Mittelfeld-Talent des AC Milan im lombardischen Lecco, gelegen am südöstlichen Arm des beschaulichen Comer Sees, geboren. Andererseits scheut sich der 19-Jährige nicht, seine Gefühle öffentlich zu zeigen.
Nach dem verlorenen Finale der U19-Europameisterschaft, das für die Auswahl Italiens gegen den französischen Nachwuchs mit 0:4 verloren ging, weinte der "Azzurri"-Youngster bittere Tränen, als er sein erstes Tor in der Serie A gegen Sassuolo für die "Rossoneri" erzielte, überkam es "Loca" im Anschluss an die Begegnung ebenfalls.
Der Grund für Locatellis Gefühlsausbruch war nicht bloß sein Premieren-Treffer in Italiens Beletage, sondern der Umstand, dass er kurz zuvor für sein großes Idol Riccardo Montolivo eingewechselt worden war, der ähnlich wie Locatelli in der Jugendabteilung von Atalanta Bergamo ausgebildet wurde. Eben jener Montolivo, dem Locatelli vor viereinhalb Jahren als Teenager auf die Facebook-Pinnwand schrieb: "Ich will so sein wie du."
Der Montolivo, der sich eine Woche nach Locatellis Tränen vor laufender Kamera das Kreuzband reißen sollte und seitdem durch seinen größten Fan im Mittelfeld des Traditionsklubs mit Bravour ersetzt wird.
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Manuel Locatelli mit seinem Idol Riccardo Montolivo

Fotocredit: Imago

Denn: So sensibel Locatelli neben dem Platz daherkommt, so erbarmungslos und kraftvoll agiert er auf dem Feld. Der Rechtsfuß wartet mit enormer Zweikampfstärke auf, setzt seine 1,86 Meter geschickt im Duell mit seinen Gegenspielern ein. Hinzu verfügt der Regisseur über eine hervorragende Technik und ein bestens geschultes Auge für die Mitspieler. Eben allen Attributen derer es bedarf, wenn man irgendwann im Konzert der ganz Großen mitspielen will.

Bloß nicht abheben!

In dieser Saison kommt Locatelli bislang auf 21 Pflichtspieleinsätze für die Mailänder, erzielte neben seinem bereits erwähnten Treffer gegen Sassuolo das entscheidende Tor im Italien-Klassiker gegen Serienmeister Juventus Turin, als er die Kugel aus rund 17 Metern vom rechten Strafraumeck unhaltbar unter die Latte schweißte und Torwart-Legende Gianluigi Buffon nicht den Hauch einer Chance ließ.
Ein Blick auf die verschiedenen Social-Media-Kanäle Locatellis reicht, um Rückschlüsse auf seine Persönlichkeit zu ziehen. Keine Bilder mit Luxus-Autos oder teuren Armbanduhren, keine Fotos, die dokumentieren, wie er mit seinen Kumpels in extravaganten Edel-Bars abhängt. Stattdessen ausschließlich Schnappschüsse, die ihn bei seiner großen Leidenschaft, dem Fußballspielen, zeigen.
"Dank meiner Familie bin ich so bescheiden. Mein Vater schafft bei der Bank, meine Mutter ist Hausfrau, die Schlüsselfigur meines Lebens", verriet Locatelli im November vergangenen Jahres im Interview mit der italienischen "Gazzetta dello Sport":
Mein Bruder spielt bei Inveruno, in der Serie D. Als wir klein waren, waren wir unzertrennlich. Im Jugendzentrum nie Fußballspielen, ohne ihn in meinem Team zu haben. Und dann gibt es noch meine Schwester, die in Russland studiert hat. Ihre Nachrichten berühren mich manchmal so sehr, dass ich weinen muss. Sie wiederholt ständig, dass ich mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben soll.
Sein Berater bestätigt gegenüber "tuttomercato.web" das Bild, das man von Locatelli als bodenständigen Jungen gewinnt: "Manuel ist ein total ausgeglichener Junge, der nicht ausflippt, wenn es gut läuft und der auch nicht am Boden zerstört ist, wenn es eine Krise gibt. Ich kenne ihn, seit er ein Kind war und nach fünf Minuten wusste ich, dass er etwas Besonderes ist. Er hat keine Lust auf das Rampenlicht und ich denke auch nicht, dass sich das ändern wird."

Milans goldene Zukunft?

Es ist noch gar nicht allzu lange her, da drohte der große Klub aus der Modestadt in der Versenkung zu verschwinden. Der Ruf, der vielen italienischen Vereinen sowie der Nationalmannschaft besonders nach der Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 anhaftete, zu lange auf die Arrivierten gesetzt zu haben, die nach und nach ihren Zenit überschritten, machte auch vor Milan nicht halt.
Der Weg, der in den restlichen Spitzenligen Europas schon länger beschritten wurde, erreichte den Stiefel zwar mit etwas Verzögerung, aber er erreichte ihn letztlich. Seit rund drei bis vier Jahren tauchen wieder vermehrt italienische Talente auf dem Radar auf. Marco Verratti (24) von Paris Saint-Germain beispielsweise, aber auch Andrea Belotti (23, Torino),
Daniele Rugani (22, Juventus) oder Locatellis Teamkollegen Mattia De Sciglio (24), Alessio Romagnoli (22) und natürlich Torwart-Juwel Gianluigi Donnarumma (17).
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Manuel Locatelli jubelt über sein Traumtor gegen Juventus

Fotocredit: Imago

Speziell auf die Mailänder Verjüngungskur angesprochen, erklärte Locatelli zuletzt: "Wir haben viele junge Italiener im Team, das Projekt haben wir Silvio Berlusconi (Eigentümer) und Adriano Galliani (Präsident) zu verdanken. Das Personal macht den Jugendsektor aus, es weist den Spielern die richtige Richtung."
Besonders Berlusconi schwärmte ebenfalls von seinem Rohdiamanten, der 2010 den Weg in die Jugendakademie der Rot-Schwarzen fand: "Unter unseren jungen Spielern haben wir mit Locatelli einen ganz außergewöhnlichen. Ich erhoffe mir von ihm eine Zukunft als großer Regisseur." Darauf hofft auch Locatelli selbst, und mit ihm wahrscheinlich ganz Italien, die Milan-Tifosi sowieso, die sich nichts sehnlicher wünschen, als wieder in der Champions League zu spielen.
Und wer weiß, vielleicht vergießt Locatelli bald schon wieder Tränen, Freudentränen nach seinem Debüt-Tor in der Königsklasse.

Manuel Locatelli im Steckbrief

Geburtsdatum: 8. Januar 1998
Geburtsort: Lecco
Nationalität: Italien
Größe: 1,86
Fuß: rechts
Position: Zentrales Mittelfeld
Derzeitiger Klub: AC Milan
Rückennummer: 73
Bisherige Klubs: Atalanta Bergamo
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