Julian Pollersbeck: Der Held auf leisen Sohlen rührt Stefan Kuntz zu Tränen
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Update 28/06/2017 um 11:13 GMT+2 Uhr
Der deutsche Traum vom Titel lebt: Mit 6:5 gewinnt die U21 eine dramatische Partie gegen England. Keeper Julian Pollersbeck avanciert im Elfmeterschießen zum Helden, auch wenn er das gar nicht sein will. Trainer Stefan Kuntz übermannen derweile die Emotionen. Im Finale am Freitag (20:45 Uhr im Liveticker auf Eurosport.de) kommt es zum Duell mit Topfavorit Spanien.
Julian Pollersbeck jubelt über den Finaleinzug
Fotocredit: Imago
Julian Pollersbeck schien Zeit zu brauchen, um zu realisieren, was ihm gerade gelungen war. Ganz ruhig erhob er sich vom Rasen. Stand beinahe unbeteiligt da, ehe er langsam die Arme ausbreitete. Die Hände von sich streckte, mit denen er den deutschen Traum vom Titel aufrecht erhalten hatte.
Wenig später, genauer um 20:44 Uhr, wurde er in einer Jubeltraube seiner Teamkollegen begraben. Zwei Elfmeter hatte der zukünftige Keeper des HSV im Elfmeterschießen gegen England gehalten. Emotionen, Leidenschaft, Titeltraum - die U21 entfacht mit ihrer Leistung einen Euphorie-Tsunami in Deutschland.
"Julian hat uns den Arsch gerettet" brachte Max Meyer die Gemütslage auf den Punkt. "Wir wissen aus dem Training, dass er ein Elferkiller ist. Das hat er heute gezeigt", sagte Davie Selke, Felix Platte erklärte Pollersbeck kurzerhand für "wahnsinnig".
Kuntz zu Tränen gerührt
Trainer Stefan Kuntz reagiert derweil hochemotional auf den Final-Einzug seiner Jungs. "Das gibt es im Fußball nicht so oft, dass man so schöne Tage erlebt", sagte der Europameister von 1996 und deutsche Meister von 1991.
Kuntz hatte unmittelbar nach dem mit 4:3 gewonnenen Elfmeterschießen gegen England Mühe gehabt, die Tränen zurückzuhalten. "Sie können nur Emotionen rüberbringen, wenn Sie auch selbst emotional sind", sagte der 54-Jährige:
Ich bin jetzt schon ein bisschen länger im Fußball tätig. Dass man so eine Stunde dann auch mit der notwendigen Demut hinnimmt, dass das uns allen so passiert ist, das ist schon cool. Meine Emotionen sind echt und das merkt die Mannschaft.
Pollersbeck bleibt bescheiden
Kuntz hatte vor Anpfiff mit einer besonderen Motivationsrede den Ehrgeiz seiner Mannschaft geweckt.
"Ich habe den Spielern gesagt: Jungs, ich möchte zwei Sachen. Wenn die Leute heute Abend Fußball gucken, dann sollen sie anschließend sagen: 'Mein Gott, was bin ich stolz auf diese Mannschaft.' Ich glaube, alle Vereine, die die Jungs zu uns geschickt haben, können heute Abend extrem stolz sein", sagte Kuntz.
Der Hamburger SV war es offenbar. Unmittelbar nach der Partie verwiesen die Hanseaten noch einmal darauf, dass Pollersbeck ab Sommer die Raute auf der Brust trägt.
Der junge Keeper hat das Potenzial, die lange vermisste Identifikationsfigur des HSV zu werden. Zumal er trotz des Rummels um seinen Leistun bemerkenswert bescheiden blieb.
"Held? Das würde ich jetzt nicht sagen. Ich bin Torwart und da ist es einfach meine Aufgabe, den einen oder anderen Ball zu halten", sagte der 22-Jährige.
Zettel-Trick wie bei Lehmann
Dabei steckte das vermeintliche Erfolgsrezept im Stutzen. Wie einst Jens Lehmann bei der WM 2006 hatte Pollersbeck einen Spickzettel zu den möglichen Schützen der Engländer am linken Bein versteckt.
Wie viel die Infos tatsächlich wert waren? "Ich hatte einen Zettel und der war eine kleine Hilfe - oder hätte es sein sollen. Am Ende entscheide ich nämlich situativ. Generell habe ich mich da nicht groß vorbereitet", so Pollersbeck:
Ich fand es einfach geil, dass wir ins Elfmeterschießen gegangen sind.
Lineker verzweifelt an Deutschland
Dass der Showdown vom Punkt mit einer Niederlage für England endete, es passt ins mittlerweile eingeschliffene Bild der aus elf Metern stets versagenden "Three Lions".
Englands Legende Gary Lineker twitterte in Anlehnung an das Halbfinale der EM 1996: "Ein Haufen von Kuntz'-Jungs gewinnt das Elfmeterschießen für Deutschland... Wie immer."
Wie damals vor 21 Jahren greift Deutschland nun nach dem EM-Titel. Damals die großen Jungs, heute der deutsche Nachwuchs.
Im Finale am Freitag wartet nun das Überteam aus Spanien. Sicherlich die größte Herausforderung für das deutsche Team bei diesem Turnier. Pollersbeck und Co. werden sie gerne annehmen.
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