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WM-Vergabe 2006: Theo Zwanziger erhebt Vorwürfe wegen Stimmenkauf

VonSID

Update 09/04/2017 um 12:21 GMT+2 Uhr

Ex-Präsident Theo Zwanziger hat in der WM-Affäre beim Deutschen Fußball-Bund erstmals konkret Vorwürfe wegen Manipulation der Vergabe gegen das Bewerbungskomitee des DFB um Franz Beckenbauer erhoben. Jüngste Erkenntnisse im seit 18 Monaten schwelenden Skandal um das WM-Turnier 2006 in Deutschland "zerstörten meinen Glauben an eine saubere Bewerbung", sagte Zwanziger.

Theo Zwanziger glaubt nicht mehr an saubere Bewerbung

Fotocredit: SID

Im Interview mit der "Bild am Sonntag" erklärte er weiter:
Da kann es nach den heutigen Erkenntnissen keine zwei Meinungen mehr geben.
Zwanziger begründete seine Anschuldigungen mit neuen Ergebnissen der Schweizer Ermittlungsbehörden. Demnach soll angeblich von deutscher Seite versucht worden sein, einer Firma des beim Weltverband FIFA einflussreichen und inzwischen wegen Korruption gesperrten Katarers Mohamed Bin Hammam die TV-Rechte an der EM 2004 in Portugal zu beschaffen.

"Das korrupte FIFA-System hat auch vor Deutschland nicht Halt gemacht."

"Der Weg", sagte Zwanziger nun, "führt wieder einmal nach Katar zu Bin Hammam. Der hat für uns gestimmt und weitere Stimmen besorgt. Dafür hat er Gegenleistungen gefordert, die mit den TV-Rechten für 2004 in Aussicht gestellt wurden. Das war unzulässig. Das korrupte FIFA-System hat auch vor Deutschland nicht Halt gemacht."
Zwanziger war im Herbst 2015 durch die Weitergabe von Informationen an das Nachrichtenmaganzin Der Spiegel eine Schlüsselfigur für die Aufdeckung der WM-Affäre. In Bezug auf die bis heute nicht plausibel erklärte Zahlung der deutschen WM-Macher im Jahr 2005 von 6,7 Millionen Euro (10 Millionen Schweizer Franken) an die FIFA hatten bislang alle beteiligten Personen und auch der DFB einen Zusammenhang mit dem Kauf von Stimmen bei der Vergabe der WM-Endrunde 2006 ausgeschlossen.

Auch gegen Zwanziger wird ermittelt

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt wegen Steuerhinterziehung außer gegen den früheren DFB-Chef Wolfgang Niersbach und den ehemaligen Generalsekretär Horst R. Schmidt auch gegen Zwanziger. Für seine Person in dem Verfahren entlastend bezeichnete der Jurist die Zahlung wiederholt - wie auch der DFB - als "Betriebsausgabe". Verschleierte Honorierungen von Voten für die deutsche WM-Bewerbung wären damit grundsätzlich auch nicht ausgeschlossen.
Schon zu Beginn der Affäre hatte Zwanziger mit öffentlichen Aussagen über angebliche Äußerungen des früheren WM-Botschafters Günter Netzer über bestochene Funktionäre aus Asien Spekulationen über einen Stimmenkauf für den Zuschlag befeuert. Nach einer Klage Netzers auf Widerruf hatten sich beide Seiten außergerichtlich geeinigt.

Attacke auf DFB-Spitze

Den vom DFB in Auftrag gegebenen und mehrere Millionen Euro kostenden Freshfields-Report zur unabhängigen Ausleuchtung der Affäre - ausdrücklich ohne Fund von Hinweisen auf einen Stimmenkauf - hält Zwanziger für bedeutungslos. "Der Bericht ist in seinen Schlussfolgerungen sehr fragwürdig. Im Grunde ist er sein Geld nicht wert", sagte der frühere Verbandschef und attackierte die heutige DFB-Spitze:
Man könnte meinen, er diente wohl von Anfang dem Zweck, die Führungspersonen des sogenannten 'neuen DFB' aus der Verantwortung zu nehmen. Der Bericht ist in vielen Punkten angreifbar, sein Zustandekommen intransparent, es gab erkennbar keine Ausschreibung, zwischen DFB und Freshfields bestehen personelle Verquickungen, das Verhalten von Personen des Auftraggebers wird beschönigt.
Zur immer fragwürdigeren Rolle von WM-Chef Franz Beckenbauer, der über ein persönliches Konto an der Weiterleitung von Geldern nach Katar beteiligt war und nach neueren Erkenntnissen 2007 von seinem Freund und früheren "Vize" Fedor Radmann 2,7 Millionen aus Katar "aus Dankbarkeit" geschenkt bekommen haben soll, äußerte sich Zwanziger vage:
Ich hoffe sehr, dass - sobald bekannt ist, an wen die zehn Millionen Schweizer Franken aus Katar weitergeleitet wurden - die Aussage von Beckenbauer aufrecht erhalten werden kann: 'Ich habe es für die WM getan.' Dann war das zwar nicht richtig, aber in dem korrupten FIFA-Vergabesystem ging es wohl kaum anders. Ich leide mehr mit ihm als mit mir selbst.
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