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Paris-Roubaix als Abschiedsbühne: Boonens letzter großer Tag

VonSID

Update 07/04/2017 um 13:56 GMT+2 Uhr

Tom Boonen ist einer der erfolgreichsten Fahrer seiner Generation und nicht weniger als ein Volksheld in seiner Heimat. Am Sonntag bestreitet der Belgier bei Paris-Roubaix sein letztes Rennen (ab 11:00 Uhr live auf Eurosport 1, im kostenlosen Livestream und Liveticker bei Eurosport.de).

2005 Paris-Roubaix Tom Boonen

Fotocredit: AFP

Im Grunde läuft die große Abschiedszeremonie schon seit einer Woche. Bereits das Prozedere vor dem Start der Flandern-Rundfahrt am letzten Sonntag war eine einzige Tom-Boonen-Huldigung. Sein Auftritt wurde von Tausenden mit dem von der Fußball-EM berühmten Isländer-Klatschen umrahmt, mit einer der vielen Tom-Boonen-Masken ließ sich in Antwerpen auch der deutsche Meister André Greipel ablichten.
Am Sonntag aber folgt der Höhepunkt: Für den 36-Jährigen ist die 115. Ausgabe von Paris-Roubaix nach 15 Jahren der Schlussakt einer überaus erfolgreichen und bisweilen schillernden Profilaufbahn. "Mein Tag ist gekommen, ich bin mit mir im Frieden. Kein Grund, deswegen emotional zu werden", sagt Boonen gelassen vor der letzten sportlichen Tortur seines Lebens.

Belgischer Boris Becker

Es ist in Deutschland schwer nachzuvollziehen, welche Bedeutung dieser Radprofi im Land der Flamen und Wallonen hat, er hat ohne Übertreibung sogar eine vereinigende Kraft unter den manchmal heftig rivalisierenden Volksgruppen. Wenn man Boonens Popularität in Belgien etwa mit der eines Boris Becker zu seinen Glanzzeiten vergleicht, kommt man ihr einigermaßen nahe. "In Belgien kennt ihn jeder, vom Kind bis zur Großmutter", erzählt Boonens deutscher Quick-Step-Kollege Marcel Kittel.
Der Sprinter hat die Begeisterung für den pedalierenden Volkshelden noch einmal miterleben dürfen, am letzten Mittwoch bei seinem Sieg beim Scheldeprijs. Es war Boonens letztes Rennen auf belgischem Boden und es begann in seiner Heimatstadt Mol. "Die Fans waren förmlich außer sich", berichtete Kittel. Sogar eine Polizei-Eskorte war nötig, um das Quick-Step-Team rechtzeitig zur Einschreibung vor dem Start zu bringen.
Es hat etwas von einer bedingunglosen Liebe, die die Belgier mit ihrem "Tommeke" verbindet. Auch, weil der Routinier seine Makel hat, sportlich und privat tiefe Krisen durchlebte. Die Kokain-Affäre in den Jahren 2008 und 2009 etwa brachte Boonen in Misskredit, er gestand im Zuge dessen auch ein Alkoholproblem und wurde zweimal in Folge von der Tour de France ausgeladen. "Ich bin nicht perfekt, und dafür werde ich die Konsequenzen tragen", sagte er damals.

Sagan: "Wir werden ihn vermissen"

Nun noch einmal, ein letztes Mal durch die "Hölle des Nordens", durch das 257 km lange Rennen, das Boonen wie kaum eines anderes prägte und das seinen Ruf als dominierender Klassikerspezialist seiner Generation wesentlich mitbestimmte. Vier Pflastersteine hat "Tornado Tom" im ehrwürdigen Velodrom von Roubaix gewonnen, der fünfte würde ihn zum Rekordsieger krönen. "Das Feld wird es mir härter als jemals zuvor machen", glaubt Boonen:
Sie wissen, ich bin der, dem sie folgen müssen.
Auch John Degenkolb weiß das. Der deutsche Top-Fahrer und Roubaix-Sieger von 2015 ist einer der größten Konkurrenten, die Boonen hat. "Wenn man bei den Klassikern bei Tom ist, dann ist alles okay und im grünen Bereich", sagt Degenkolb dem "SID". Er gehört zu den Unzähligen, die sich verneigen vor der Leistung Boonens: "Er ist einer der Rennfahrer, von dem wir alle viel gelernt haben." Auch Weltmeister Peter Sagan unterstreicht das. "Ich habe zu ihm wie zu einem Idol aufgeschaut", sagt der Slowake, "wir werden ihn vermissen."
Vor allem aber die Belgier.
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