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Tour-Geschichte(n): Skandal um Team Astana, Streik 1998, deutsche Siege und ein Insektenstich als Lehre

Andreas Schulz

Update 24/07/2022 um 17:22 GMT+2 Uhr

Die Geschichte der Tour de France steckt voller Highlights, Dramen, Tiefpunkte: Wir blicken in unserer täglichen Serie zurück auf besondere Momente, die sich am 24. Juli jähren und deren Bilder uns oft noch vor Augen sind - und auf spezielle Tour-Höhepunkte aus deutscher Sicht. Heute u.a. mit dem Astana-Skandal, Tony Martin, Jonathan Vaughters, Marcus Burghardt und Bernard Hinault.

Tour de France 2007: Polizeiaktion beim Astana-Team in Pau

Fotocredit: Getty Images

Der 24. Juli - kein Tour-Tag wie jeder andere:
Bei der Tour 2019 bringt dieser Tag das Aus für Tony Martin - die Rennjury wertet sein Scharmützel mit Luke Rowe als unverzeihlich und schließt beide aus dem Rennen aus - trotz gemeinsamem Entschuldigungsvideo.
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Vor einem Jahr: Tour-Aus für Martin nach dieser Aktion

Eine Schrecksekunde erlebt die Tour am 24. Juli 2018, als Philippe Gilbert in einer Abfahrt spektakulär abfliegt - doch der Belgier übersteht den Crash auf den ersten Blick halbwegs unversehrt, kämpft sich bis ins Ziel der Bergetappe.
Dort wird allerdings festgestellt, dass er den Rest des Tagesabschnitts mit einer gebrochenen Kniescheibe absolviert hatte, trotz des Kampfgeistes muss er das Rennen beenden.
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Vor zwei Jahren: Horror-Sturz von Gilbert endet glimpflich

Manchmal reicht ein Etappensieg, um eine Tour de France zum Erfolg zu machen, so für André Greipel im Jahr 2016. Denn sein Sprint-Triumph auf den abendlichen Champs-Elysées in Paris rettet eine bis zum Schlusstag weniger erfreuliche Tour für den Top-Sprinter.
Im Meistertrikot lässt er Peter Sagan und Alexander Kristoff hinter sich und verdient sich ein wunderbares Familienfoto:
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André Greipel - Tour de France 2016 | Paris

Fotocredit: Imago

Im Jahr 2007 ist an diesem Datum Ruhetag in Pau. Nur mit Ruhe ist nicht viel. Die Nachricht vom positiven Test auf Fremdblutdoping beim zweifachen Etappensieger Alexander Winokurow stürzt die Tour in den Ausnahmezustand. Astana-Teamchef Marc Biver wird von den Medien bestürmt (Bild unten), das Teamhotel von der Polizei durchsucht und abgeriegelt (Bild oben).
Die gesamte kasachische Mannschaft verlässt die Tour und wird auch im nächsten Jahr nicht am Start stehen. Winokurow wird später für zwei Jahre gesperrt, zeigt keine Reue und ist inzwischen als Olympiasieger und Teamchef wieder Teil des Spektakels.
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Winokurow bei der Tour 2007

Fotocredit: Eurosport

Wieder Pau, aber diesmal mit dem Beweis, dass es auch anders geht. 2001 macht sich das Feld auf der 15. Etappe auf den Weg, doch ein Fahrer kommt nicht weit. Jonathan Vaughters ist von einem Insektenstich übel gezeichnet, startet aber aus symbolischen Gründen und fährt ein kurzes Stück, bevor er aussteigt.
Der Hintergrund: Eine Kortison-Gabe (illegal, aber leicht zu umgehen) hätte sein Malheur sofort behoben, doch dies lehnt sein Teamchef Roger Legeay bei Crédit Agricole aus sportethischen Gründen ab. Während viele dieses Duo offen oder versteckt belächeln, lernt der US-Amerikaner eine Lehre fürs Leben.
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Jonathan Vaughters (Credit Agricole) bei der Tour de France 2001 von Insektenstich gezeichnet

Fotocredit: Getty Images

1998: Eine andere Skandal-Tour, bei der es am 24. Juli nach dem einzigen Ruhetag der Rundfahrt erst einmal in Tarrascon nicht weitergeht. Die Fahrer streiken, fühlen sich von der Polizei zu hart angegangen und von der Presse falsch dargestellt.
Zwei Stunden geht nichts voran, dann macht sich das Feld doch noch auf den Weg. Laurent Jalabert (unten mit Tour-Chef Jean-Marie Leblanc) ist einer der erbosten Wortführer der Profis. Er attackiert dann voller Wut mit seinem Bruder Nicolas, doch sie werden wieder gestellt. Weitere Streiks werden folgen, Jalabert die Tour mit seinem Team, wie andere Mannschaften auch, vorzeitig verlassen.
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Tour de France 1998: Jean-Marie Leblanc und Laurent Jalabert beim Fahrer-Streik

Fotocredit: Getty Images

Einen deutschen Etappensieg gibt es am 24. Juli 2008 zu feiern: Die 18. Etappe nach Saint Etienne wird zur Beute von Marcus Burghardt aus dem Columbia-Team. Nach dem Ausstieg von Mark Cavendish und drei schweren Bergetappen bietet sich auf den 196 Kilometern vom Bourg d'Oisans am Fuß von Alpe d'Huez hinüber nach Zentralfrankreich eine perfekte Gelegenheit, die sich Burghardt nicht entgehen lässt.
Sein Begleiter, der Spanier Carlos Barredo, ist ohne Chance und Burghardt darf gleich zweimal aufs Podium, denn zum "Kämpferischsten Fahrer" wird er auch noch gewählt.
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Marcus Burghardt jubelt über seinen Sieg bei der Tour de France 2008

Fotocredit: Getty Images

Im Jahr 1994 endet die Tour am 24. Juli in Paris und dabei mit einem der seltenen Ausreißer-Siege auf den Champs Elysées. Das kleine Grüppchen der mutigen Angreifer ist diesmal nicht auf verlorenem Posten und nur nettes Beiwerk für die Zuschauer. Frankie Andreu scheint dabei schon auf dem Weg zum Sieg bis 250m vor dem Ziel, doch dann schießt der französischen Zeitfahr-Spezialist Eddy Seigneur noch vorbei und zum größten Erfolg seiner Karriere.
Damit endet diese Tour wie sie in Lille durch Chris Boardman begonnen hatte - mit einem Sieg für das GAN-Team. Letzter wird an diesem Tag Jens Heppner, nach vielen Runden als Solist weit hinter dem Feld auf dem Prachtboulevard: der Deutsche Meister hatte wegen Defekt den Anschluss verloren.
Tour de France 1994, Champs-Elysées: Eddy Seigneur (GAN) siegt
Zitate für die Ewigkeit: 24. Juli 2005 - Lance Armstrong hat soeben seine siebte Tour in Serie gewonnen und richtet auf dem Podium in Paris nach dieser einzigartigen Serie noch einige Worte an die Massen. Worte, die seit seiner endgültigen Überführung als Doper und seiner Beichte im US-Fernsehen plötzlich einen ganz anderen Klang haben und für immer an die Dreistigkeit des Texaners erinnern:
I’ll say to the people who don’t believe in cycling, the cynics and the sceptics. I'm sorry for you. I’m sorry that you can’t dream big. I'm sorry you don't believe in miracles. But this is one hell of a race. This is a great sporting event and you should stand around and believe it. You should believe in these athletes, and you should believe in these people. I'll be a fan of the Tour de France for as long as I live. And there are no secrets - this is a hard sporting event and hard work wins it.
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Tour de France 2005: Lance Armstrong in Paris mit Ivan Basso

Fotocredit: Getty Images

Historisch ist der 24. Juli schließlich gleich aus mehreren Gründen, er verknüpft sich gleich mit zwei der erfolgreichsten Etappenjägern aller Zeiten. Im Jahr 1986 rast Bernhard Hinault im Tour-Zeitfahren von Saint Etienne auf der 20. Etappe zum letzten seiner insgesamt 28 Tagessiege. Der "Dachs" lässt Teamkollege und Rivale Greg LeMond über 58 Kilometer um 25 Sekunden hinter sich, doch den Tour-Sieg holt der US-Amerikaner.
Jahrzehnte zuvor aber markiert der 24. Juli auch den letzten Etappensieg eines Heroen der frühen Tour-Jahre. Die vorletzte Etappe der Tour 1914 geht nach über 15 Stunden in Dünkirchen noch einmal an Francois Faber, den luxemburgischen Gesamtsieger des Jahres 1909. 100 Jahre später rangiert er mit 19 Etappensiegen noch immer in den Top Ten der Fahrer, welche die meisten Tour-Teilstücke gewonnen haben.
Wer weiß, was Faber noch alles hätte erreichen können: Weniger als ein Jahr später stirbt er im Mai 1915 in den Grauen des 1. Weltkriegs mit 28 Jahren. Eine Mahnung daran, dass die Leiden der Landstraße nichts sind im Vergleich zu den Schrecken der Schlachtfelder.
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Der Luxemburger Francois Faber, Tour-de-France-Sieger 1909

Fotocredit: Eurosport

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