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Tour de France - Geschichte(n): John Degenkolb siegt in Roubaix - Monster-Attacke mit großen Folgen

Andreas Schulz

Update 14/07/2023 um 23:10 GMT+2 Uhr

Die Geschichte der Tour de France steckt voller Highlights, Dramen, Tiefpunkte: Wir blicken in unserer täglichen Serie zurück auf besondere Momente, die sich am 15. Juli jähren und deren Bilder uns oft noch vor Augen sind - und auf spezielle Tour-Höhepunkte aus deutscher Sicht. Heute u.a. mit Oscar Pereiro, Laurent Fignon, Jan Ullrich, Rudi Altig, Patrik Sinkewitz und John Degenkolb.

Degenkolb siegt in Roubaix und holt 2018 ersten Tour-Etappensieg

Der 15. Juli - kein Tour-Tag wie jeder andere:
Es war eine Erlösung - und sie sorgte für große Emotionen: Auf der 9. Etappe der Tour de France 2018 gelang John Degenkolb endlich der erste Etappensieg seiner Tour-Karriere - und das auf schwerstem Terrain. Es ging über das Kopfsteinpflaster nach Roubaix und der Klassiker-Spezialist ließ alle Konkurrenten hinter sich, darunter auch den Olympiasieger und Träger des Gelben Trikots, Greg Van Avermaet.
Degenkolb war von etlichen Kritikern schon fast abgeschrieben worden, als er nach einem schweren Trainingsunfall lange darum kämpfte, wieder das Niveau aus dem Jahr seiner Siege bei Mailand - Sanremo und Paris Roubaix 2015 zu erreichen. Auf den 156 Kilometern über etliche Pavé-Abschnitte strafte er aber alle Spektiker Lügen und ließ im Ziel seinen Tränen freien Lauf.
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Degenkolb siegt in Roubaix und holt 2018 ersten Tour-Etappensieg

Egal was noch alles kam von Jan Ullrich an Triumphen, Enthüllungen und Enttäuschungen - sein Solo ins Gelbe Trikot hinauf nach Andorra 1997 hat eine Generation deutscher Radfans geprägt. Wie er nach über 230 Kilometern und sieben Stunden im Sattel die komplette Konkurrenz stehen lässt, als er endlich freie Fahrt bekommt, hat keiner vergessen, der diese 10. Etappe je gesehen hat.
Über eine Minute nimmt er Marco Pantani und Richard Virenque ab - und wird Gelb bis nach Paris tragen. Nur aus der ihm prophezeiten jahrelangen Dominanz wird nichts.
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Jan Ullrich, Tour 1997

Fotocredit: Imago

Aus ganz anderen Gründen sorgt der 15. Juli im Jahr 2012 für Schlagzeilen. An der gefürchteten Mur de Péguère ist es nicht die steile Rampe an sich, die den Fahrern Probleme macht - sondern Hunderte von Nägeln, die plötzlich auf der Straße liegen. Die Ausreißergruppe kommt noch unbehelligt durch, dann häufen sich plötzlich Reifenschäden in unglaublicher Menge.
Klarheit gibt es erst im Ziel, wo auch zahllose Motorradpiloten von ihrem Schicksal berichten. Es bleibt bei einem Schlüsselbeinbruch als direkter Folge, doch der idiotische Sabotageakt hätte auch viel übler enden können.
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Tour de France 2012: Nägel stoppen nicht nur Cadel Evans

Fotocredit: Eurosport

Dass am 15. Juli 2006 die ganze Tour auf den Kopf gestellt wird, ahnt in Montélimar noch keiner. Jens Voigt jubelt über einen hart erkämpften Etappensieg mit unglaublichen 29:57 Minuten Vorsprung auf das Hauptfeld.
Frustriert ist der knapp geschlagene Oscar Pereiro - der zwar Gelb übernimmt, aber dem Tagessieg nachtrauert. Dass er eben die Tour-Gesamtwertung gewonnen hat, kann sich der Spanier beim besten Willen nicht vorstellen. Doch der Vorsprung und ein Dopingtest bei Floyd Landis machen ihn zum ersten Sieger der Jahre nach der Armstrong-Ära.
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Voigt und Pereiro bei der Tour 2006

Fotocredit: Getty Images

Dass man starke Fahrer nicht eine halbe Stunde entwischen lässt, hätte man schon 2001 lernen können. Auf der berühmt gewordenen Regenetappe nach Pontarlier lässt man am 15. Juli eine große Gruppe ziehen. Im kalten Dauerregen gewinnt Erik Dekker, ein völlig entkräftetet Stuart O'Grady holt sich Gelb von seinem Teamkollegen Jens Voigt.
Den zwei Jahre später tödlich gestürzten Kasachen Andrei Kivilev (im Bild unten neben Ullrich) und den Franzosen Francois Simon aber bringt das Zeitpolster von über 35 Minuten in Paris auf die Plätze vier und sechs der Gesamtwertung.
Jan Ullrich und Andrei Kiwilew bei der Tour de France 2001
Gleich dreifach ist der heutige Tag mit Laurent Fignon verbunden. Im Jahr 1984 (Bild unten) gewinnt er das Bergzeitfahren von La Ruchère und macht immer deutlicher, dass sein Gesamtsieg vom Vorjahr alles andere als einfach der Abwesenheit von Bernard Hinault zu verdanken war.
Acht Jahre später feiert der zweifache Tour-Sieger in Mulhouse den letzten Tagessieg seiner Tour-Karriere: Nach einer Flucht durch die Vogesen und einer Hetzjagd des Feldes rettet Fignon 1992 wenige Sekunden ins Ziel.
Exakt ein Jahr später endet seine Tour-Karriere: Am 15. Juli 1993 steigt er auf der großen Alpenetappe über den Col de la Bonnette vom Rad und kehrt nie wieder als Fahrer zur Tour zurück.
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Laurent Fignon bei der Tour de France

Fotocredit: Getty Images

Der Tour den Rücken kehrt am 15. Juli 1991 das komplette PDM-Team, soweit die Fahrer nicht schon am Vortag ausstiegen. Eine Lebensmittelvergiftung wird als Grund genannt, doch aus der Gerüchteküche kommen ganz andere Vermutungen.
Restlos geklärt ist bis heute nicht, was die niederländische Truppe mit ihren Stars Breukink, Kelly und Alcala und dem deutschen Duo Uwe Raab und Falk Boden so aus der Bahn warf.
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Tour de France 1991, Team PDM

Fotocredit: Imago

Das Tour-Aus kommt auch für Patrik Sinkewitz an einem 15. Juli. Nach der Bergankunft in Tignes fährt er 2007 wie viele Fahrer den Schlussanstieg hinunter, als er mit einem Zuschauer kollidiert. Der Hesse verletzt sich schwer und muss das Rennen verlassen.
Im Krankenhaus in Hamburg erlebt er dann, wie wenige Tage später sein positiver Dopingtest für ein Erdbeben sorgt. ARD und ZDF ziehen sich aus der Tour zurück, die zuvor mit dem Sieg von Linus Gerdemann ein deutsches Highlight erlebt hatte.
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Patrik Sinkewitz stürzt bei der Tour de France 2007

Fotocredit: Eurosport

Erfreulichere Erinnerungen an den 15. Juli haben da zwei deutsche Asse der Sechziger: Rolf Wolfshohl erobert 1968 an diesem Tag auf der 16. Etappe in Aurillac durch Platz zwei das Gelbe Trikot, das er zwei Tage lang trägt.
Sechs Jahre früher endet die Tour 1962 bereits am 15. Juli und ein deutscher Debütant wird in Paris als Gewinner des Grünen Trikots gefeiert (und hier von Teamchef Raphaël Géminiani geherzt): Rudi Altig setzt sich in der Punktewertung dank seiner drei Tagessiege souverän durch.
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Rudi Altig 1962

Fotocredit: Imago

Am 15. Juli 1969 macht Eddy Merckx deutlich, dass mit ihm nicht zu spaßen ist: der Belgier startet ein Solo, das ihn direkt in die Geschichtsbücher bringt und ihn in Paris den ersten Toursieg feiern lässt:
Auf der 17. Etappe in den Pyrenäen zeigt er ein Solo über 140 Kilometer, obwohl er bereits im Gelben Trikot fuhr und über acht Minuten Vorsprung hatte. Doch von Luchon nach Mourenx über vier schwere Pässe zeigte Merckx, warum man ihn den "Kannibalen" nennt: Er siegt nach fast acht Stunden Fahrtzeit und liegt über sieben Minuten vor dem Zweitplazierten der Etappe.
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Tour de France 1969 - Eddy Merckx

Fotocredit: Getty Images

Und am 15. Juli 1977 macht die Tour für eine Halbetappe Station in Freiburg. Riesige Fanmengen bejubelten dort Didi Thurau, der in Gelb fährt und als Dritter des 13. Teilstücks einen weiteren Tagessieg nur knapp verpasst. Der Belgier Patrick Sercu holt sich das Teilstück
In der Gesamtwertung bleibt Thurau 51 Sekunden vor Eddy Merckx und verteidigt nach seinem Prolog-Sieg zum Rundfahrt-Auftakt das "maillot jaune" einen weiteren Tag.
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Didi Thurau bei der Tour de France 1977

Fotocredit: Imago

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