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Tour-de-France-Geschichte(n): Tod von Tom Simpson am Ventoux, "Cäsar" Cipollini, Solo-Sieg von Tony Martin

Andreas Schulz

Update 11/07/2023 um 21:44 GMT+2 Uhr

Die Geschichte der Tour de France steckt voller Highlights, Dramen, Tiefpunkte: Wir blicken in unserer täglichen Serie zurück auf besondere Momente, die sich am 13. Juli jähren und deren Bilder uns oft noch vor Augen sind - und auf spezielle Tour-Höhepunkte aus deutscher Sicht. Heute u.a. mit Tony Martin, Tom Simpson, Mario Cipollini, Lance Armstrong und Filippo Simeoni.

Tom Simpson am Mont Ventoux, Tour de France 1967

Fotocredit: Getty Images

Der 13. Juli – kein Tour-Tag wie jeder andere:
Für immer wird dieser Tag mit dem Tod von Tom Simpson am Mont Ventoux verbunden bleiben. In der Gluthitze der Provence wird dem Engländer 1967 die Kombination aus Alkohol, Amphetaminen und Ehrgeiz zum tödlichen Verhängnis.
Nur wenige Kilometer fehlen dem Weltmeister von 1965 noch bis zum Gipfel, als er zusammenbricht und von den Helfern nicht gerettet werden kann. Der 29-Jährige wird zum mahnenden Beispiel und sein Tod sorgt dafür, dass bei der Tour langsam ein Kampf gegen Doping beginnt.
Und an Simpson und seinen Tod erinnert seitdem ein Denkmal an der Stelle des Dramas.
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Das Denkmal für Tom Simpson am Mont Ventoux

Fotocredit: Imago

33 Jahre später wird eine erneute Passage der Tour am Ventoux für sportliche Diskussionen sorgen. Einem entfesselten Lance Armstrong kann nur ein unglaublicher Marco Pantani folgen: Erst abgehängt, kommt der Italiener wieder an den Spitzenreiter heran und als Duo absolvieren sie die letzten Kilometer gemeinsam.
Am Gipfel ist das Rad des Mercatone-Uno-Kapitäns knapp vorne, doch als Armstrong später erklärt, er habe Pantani den Sieg als Geschenk überlassen, ist dieser zutiefst erbost. Mit wilden Attacken macht er in den folgenden Tagen seiner Wut Luft...
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Lance Armstrong und Marco Pantani am Mont Ventoux bei der Tour de France 2000

Fotocredit: Getty Images

Armstrong und ein Italiener sind auch am 13. Juli 2004 ein Thema. Dass der Texaner in Filippo Simeoni einen Verräter sieht, weil dieser gegen Doping-Arzt Michele Ferrari vor Gericht aussagt, wird die Tour mehrfach beschäftigen.
Die berühmte Strafaktion Armstrongs gegen den angreifenden Simeoni am Ende der Tour ist vielen bekannt. Doch auf der 9. Etappe hält sich Armstrong noch zurück, als Simeoni und der Spanier Inigo Landaluze (Bild unten) ausreißen und die Etappe bis ins Finale bestimmen. Leider (das muss man in diesem Fall so sagen) reicht es nicht ganz zum Sieg - aber es ist verdammt knapp: Die Sprinter kommen so spät herangeflogen, dass den beiden Ausreißern im Pulk noch die Plätze 10 und 17 bleiben.
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Tour de France 2004: Filippo Simeoni und Inigo Landaluze

Fotocredit: Getty Images

Zur packendsten Tour-Etappe seit vielen Jahren wird das Teillstück zur Bergankunft am Col du Granon bei der Austragung 2022: Der souveräne Führende Tadej Pogacar verliert sein Gelbes Trikot unerwartet an Jonas Vingegaard, weil der Jumbo-Mannschaft ein taktisches Meisterstück in den Alpen gelingt.
Abwechselnd setzen schon am Col du Galibier Vingegaard und Primoz Roglic den Slowenen unter Druck, der zwar kontern kann - aber dabei viele Kräfte einsetzt, die ihm am Schlussanstieg fehlen. Dort büßt er fast drei Minuten auf den Dänen ein, muss das maillot jaune abgeben und kann es bis in Paris nicht wieder zurückerobern.
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Highlights: Pogacar bricht ein - Jumbo-Visma krönt Sahnetag in den Alpen

Dramatisch verläuft der 13. Juli auch 2010, dabei scheint nach dem Ruhetag erst einmal alles ganz normal. Cadel Evans macht sich im gerade erst eroberten Gelben Trikot auf die große Alpenetappe, doch am letzten Anstieg bricht der Spitzenreiter dann komplett ein. Er verliert über acht Minuten auf seine Rivalen und fällt im Ziel seinem Teamkollegen Mauro Santambrogio weinend in die Arme.
Erst danach verrät das BMC-Team, dass sich der Australier mit einem gebrochenen Arm durch die Etappe gequält hat, wie eine am Ruhetag heimlich gemachte Untersuchung gezeigt hatte.
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Tour de France 2010 - Cadel Evans

Fotocredit: Imago

Für Jens Voigt wird der 13. Juli im Jahr 2005 zu einem schwarzen Tag: Auf der 9. Etappe hat er sich Gelb geholt, auf der 10. abgegeben und nun quält er sich auf dem 11. Teilstück durch die Alpen nach Briancon. Der große Kämpfer kann seinen Körper nicht innerhalb der Karenzzeit ins Ziel zwingen, es fehlen 41 Sekunden - die Tour ist vorbei.
Das gilt auch für Dario Frigo, aber aus ganz anderen Gründen: Er kann gar nicht erst in die Etappe starten, denn am Vorabend wurde seine Frau mit einer Lieferung Dopingmittel abgefangen. Die Polizei nimmt den Italiener (links im Bild) noch vor dem Start in Gewahrsam.
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Tour de France 2005: Dario Frigo (l.) uns seine Frau (r.) werden verhaftet

Fotocredit: Getty Images

Ein anderer Italiener macht 1999 noch einmal Schlagzeilen. Um große Auftritte war Mario Cipollini nie verlegen, auch extravagante Outfits sind bei ihm fast Standard. Am Morgen der ersten Bergetappe grüßt er diesmal als Cäsar die Fans. Dann aber zieht er sich zurück - ins Etappenziel Sestriere kommt er an diesem Dienstag nicht, er kehrt auf gemütlicherem Wege nach Italien heim.
Die Bergankunft gewinnt übrigens Lance Armstrong als Solist, der damit bei seinem Comeback endgültig zeigt, wer der neue Dominator ist. Die "L'Equipe" bezeichnet ihn in ihrer Schlagzeile ganz treffend als "Außerirdischen".
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Mario Cipollini, Tour de France 1999

Fotocredit: Imago

"Das war der tollste Etappensieg dieser Tour" - sagt immerhin ihr Chef Christian Prudhomme mit Blick auf das Solo von Tony Martin am 13. Juli 2014 durch die Vogesen. Der Zeitfahr-Weltmeister setzt sich aus einer großen Ausreißergruppe ab, lässt seinen letzten Begleiter stehen und vollendet souverän in Mulhouse.
Dass am Ende auch wegen dieser Gala der "deutsche Rekord" bei einer Tour auf einmalige sieben Tagessiege gebracht werden wird, erscheint da erstmals möglich.
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Tony Martin bei seinem Tour-Etappensieg in Mühlhausen 2014

Fotocredit: SID

Wirklich historisch ist der 13. Juli auch im Jahr 1975: Denn dieses Datum markiert den letzten Tag, den Eddy Merckx in Gelben Trikot fährt. Zum 111. Mal geht er am Morgen in Nizza im "maillot jaune" an den Start: Die 15. Etappe führt zur Bergankunft nach Pra Loup, der Belgier ist ausgestattet mit 58 Sekunden Vorsprung auf Bernhard Thevenet.
Doch am Schlussanstieg bricht Merckx ein, sein französischer Rivale zieht davon, hat am Ende fast zwei Minuten Vorsprung und entreißt ihm so die Führung. Eine Woche später bejubeln ihn seine Landsleute in Paris erstmals als Toursieger - und der Kannibale macht bei der Tour keine Beute mehr, es bleibt bei fünf Gesamtsiegen und 34 Etappenerfolgen.
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1975 Tour de France: Eddy Merckx kämpft sich nach Pra Loup

Fotocredit: Eurosport

Ein Drama um Gelb erlebt die Tour auch 1998, kurz nach ihrem schon von der Festina-Affäre überschatteten Auftakt in Irland. Prolog-Sieger Chris Boardmann knallt auf der 2. Etappe nach Cork in eine Steinmauer und muss das Rennen aufgeben.
Unfreiwilliger Nutznießer wird Erik Zabel, der nach Platz zwei im Sprint hinter Jan Svorada erstmals das Gelbe Trikot übernimmt (und es nach einem Tag an den Dänen Bo Hamburger abgeben muss).
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Chris Boardman, Tour de France 1998

Fotocredit: Eurosport

Das Unglück von Boardman ist dabei das Glück von Marco Pantani - was oft vergessen wird. Denn der Italiener wird auf jener Etappe zuvor im Seitenwind abgehängt und hat schon gehörig Rückstand auf die anderen Favoriten, der sicher bis ins Ziel noch dramatisch angewachsen wäre.
Nach dem Sturz des Engländers aber stoppt die erste Gruppe im Feld, was es dem italienischen Kletterer ermöglicht, wieder Anschluss zu finden - und am Ende in Paris ganz oben zu stehen.
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Triumphe, Tragik, Komik in Gelb: Siege und Stürze mit Froome, Merckx, Hinault, Martin

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