Paul Biedermann sieht sich für die Schwimm-WM in Kasan gut vorbereitet

15.000 Zuschauer werden ab Sonntag in der umgebauten Arena des Fußballklubs Rubin Kasan den vorletzten großen Auftritt des 28-Jährigen erleben. In einem Jahr in Rio de Janeiro endet unter den olympischen Ringen die Karriere des bislang letzten deutschen Schwimm-Weltmeisters. "Ich genieße diese Zeit. Ich weiß, dass sie sehr beschränkt ist", sagte Biedermann im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID).

Was mit Rang 18 2005 in Montreal begann und mit dem doppelten WM-Triumph mit Doppel-Weltrekord vier Jahre später in Rom seinen Höhepunkt fand, soll in Brasilien - möglichst mit der ersten olympischen Medaille - einen krönenden Abschluss finden. Doch daran verschwendet der Hallenser noch keinen Gedanken: "Ich denke überhaupt noch nicht an Rio, nur an Kasan."

Bei seiner fünften und letzten WM zählt Biedermann nach seiner Zwangspause vor zwei Jahren in Barcelona wieder zu den Favoriten über 200 m Freistil. Seine 1:45,60 Minuten von der DM im April in Berlin stehen immer noch als weltbeste Zeit des Jahres zu Buche, Titelverteidiger und Doppel-Olympiasieger Yannick Agnel aus Frankreich fehlt ebenso wie der nach seiner Alkoholfahrt vom US-Verband ausgeschlossene Superstar Michael Phelps. Der südkoreanische Olympiazweite Park Tae Hwan ist nach einem positiven Dopingtest gesperrt.

Dennoch sieht sich Biedermann nicht als Goldfavoriten. "Es wäre einfach zu vermessen, so etwas zu sagen. Wir werden ganz starke Australier sehen, außerdem Sun Yang, der jetzt auch auf die 200 Kraul drängt", sagte er mit Blick auf den chinesischen Doppel-Olympiasieger: "Dieser Jahresweltbestzeit messe ich überhaupt nichts bei. Es kommt drauf an, was jetzt geschwommen wird."

Wenn die Stadionuhr ein Omen war, dann wird es ganz schnell. "8:43:17" zeigte sie, als Biedermann am Mittwochmorgen zum ersten Mal ins WM-Becken sprang. Die letzten vier Ziffern mit einer "1" davor würden Gold mit einer Fabelzeit bedeuten, die der Weltrekordler ohne Anzug noch nie geschwommen ist. Auf eine Zeit oder gar eine Medaille will sich der Olympiafünfte aber nicht festlegen: "Das bestmögliche Ergebnis abzuliefern und damit zufrieden zu sein. Das ist mein ganz persönliches Ziel."

Mit der 4x100-m-Freistilstaffel beginnt die WM am Sonntag für Biedermann. Mit mindestens Platz zwölf will er das Olympiaticket für das Quartett buchen - und einer neuen Leidenschaft frönen. Der spektakuläre Berliner EM-Triumph über 4x200 m hat vor einem Jahr die Staffel-Lust geweckt: "Die Stimmung in der Halle, das Drumherum - das ruft bei mir immer noch Gänsehaut hervor."

In Kasan will er Ähnliches erleben - vor allem zusammen mit Trainingspartner Vogel in der langen Staffel. "Man kann noch mal zusätzliche Kräfte mobilisieren. Mit dem Team zu schwimmen, ist immer ein bisschen leichter", erklärte Biedermann: "Man steht zusammen auf der Startbrücke, vollbringt gemeinsam eine Leistung, und im Erfolgsfall ist das Jubeln noch ein bisschen schöner."