Wimbledon 2016: Andy Murray gegen Milos Raonic - das Finale der Männer

VonSID

Publiziert 09/07/2016 um 20:02 GMT+2 Uhr

Der Kanadier Milos Raonic und der Schotte Andy Murray bestreiten am Sonntag (ab 12:00 Uhr im Liveticker auf Eurosport.de) das Finale beim bedeutendsten Tennisturnier der Welt in Wimbledon. Die Rollen werden im Duell zwischen dem Aufschlagriesen und dem zweifachen Grand-Slam-Sieger klar verteilt sein: Raonic ist der "Schurke", Murray ist der "Fanliebling".

Milos Raonic und Andy Murray

Fotocredit: Eurosport

Beim ersten Probetraining im Blackmore Tennis Club in Richmond/Ontario fiel Milos Raonic durch. Coach Casey Curtis schickte ihn zunächst an die Ballmaschine, mit der Jungspund Raonic um 6:00 Uhr und 21:00 Uhr übte, weil sich seine Eltern keine anderen Trainingszeiten leisten konnten. Die Geduld zahlte sich aus - am Sonntag (15:00 Uhr) greift Raonic als erster Kanadier in der 130-jährigen Turniergeschichte nach dem Wimbledontitel.

Im Endspiel trifft der 25-Jährige auf Andy Murray. Die Sympathien auf dem Centre Court werden klar verteilt sein. Der Schotte hat sich längst zum Volkshelden gemausert, nachdem er 2013 die 77-jährige Wartezeit der stolzen Briten auf einen Titel bei ihrem Heim-Grand-Slam beendet, Olympiagold in London und den Davis Cup gewonnen hatte. Raonic kennt das Gefühl, der Schurke in der Geschichte zu sein.

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Im Halbfinale gegen Tennis-Legende Roger Federer waren beinahe 15.000 Zuschauer gegen ihn und für den Schweizer, doch Raonic setzte sich in einem dramatischen Fünfsatz-Krimi durch. Später sagte er:

Ich weiß nicht, ob es notwendig ist, der Bösewicht zu sein. Du musst mit dem fertig werden, was auf dich zukommt. Zuallererst muss ich mit mir fertig werden, dann mit Andy. Über den Rest habe ich keine Kontrolle.

Beinahe schon gelassen geht Raonic sein erstes Grand-Slam-Finale an, ihn stört es nicht ein bisschen, wenn sein Sonderberater John McEnroe seine Spiele lieber aus der Kommentatorenkabine der BBC begleitet, als in seiner Box zu sitzen. "Das macht keinen großen Unterschied, ich komme damit klar", sagte Raonic zu den Verpflichtungen des dreimaligen Wimbledonsiegers aus den USA:

Er hat positiven Einfluss auf mich, wir haben uns von Beginn an sehr klar verstanden.

McEnroes Engagement im Team um den früheren Weltranglistenersten Carlos Moya aus Spanien hat Raonic den entscheidenden Schritt nach vorne gebracht. Er ist nicht mehr nur das 1,96 Meter große Kraftpaket, das seine Aufschläge mit 230 Stundenkilometern ins Feld hämmert. Raonic sagte:

Ich habe jetzt mehr Werkzeuge im Koffer.

Gegen Federer drehte er im vierten Satz ein beinahe verlorenes Match, weil er an sich glaubte. "Mental" sei es die stärkste Leistung seiner Karriere gewesen, sagte er nach dem Matchball, aber noch sei er nicht fertig.

Murrays besondere Premiere

Die größte Herausforderung steht ihm noch bevor. Gegen Murray hat er fünfmal in Folge verloren, dreimal davon in diesem Jahr, das letzte Aufeinandertreffen liegt gerade drei Wochen zurück. Beim Rasenturnier im Londoner Queen's Club gewann Murray in drei Sätzen. Großbritannien hofft nach dem Brexit-Schock und dem erneut frühen Aus der Fußballer bei der EM in Frankreich endlich wieder auf positive Schlagzeilen.

Murray kann dafür sorgen, das hat er bewiesen. Sein ewiger Rivale Novak Djokovic, gegen den er in diesem Jahr in Melbourne und Paris im Finale verlor, war früh gescheitert. In Ivan Lendl hat er seinen Erfolgscoach zurück, der ihn zu seinen zwei Titeln bei den US Open (2012) und in Wimbledon geführt hatte. Erstmals in seiner Karriere spielt er ein Grand-Slam-Finale nicht gegen Djokovic oder Federer.

Murray sagte selbstbewusst:

Das ist eine Gelegenheit. Ich habe mich in eine Position gebracht, das Turnier erneut zu gewinnen. Aber Milos ist ein starker Gegner. Er hat sich das Finale verdient.