Top-Sportarten
Alle Sportarten
Alle anzeigen

Trainersuche beim FC Bayern: Für Hoeneß und Rummenigge so schwierig wie noch nie

Daniel Rathjen

Update 03/10/2017 um 11:05 GMT+2 Uhr

Wer wird Nachfolger von Carlo Ancelotti als Cheftrainer beim FC Bayern? Eine Frage, die die Bosse jetzt beantworten müssen. Kommt Thomas Tuchel, was ist mit Julian Nagelsmann? Oder bekommt Interimscoach Willy Sagnol eine Chance? Spekulationen gibt es reichlich. Doch die Lage ist kompliziert, die Suche so schwierig wie nie. Aus diversen Gründen.

Uli Hoeneß

Fotocredit: Imago

Es war der 4. Juli 2012, als Matthias Sammer, heute Eurosport-Experte, bei seiner Vorstellung als Sportvorstand des FC Bayern über die Faszination eines Anrufs aus der FCB-Chefetage sprach. "Wenn der FC Bayern ruft, ist das etwas Besonderes. Das kann man nicht auffassen, als ob der Postmann mal klingelt. Das ist etwas, das beeindruckend ist", sagte Sammer.
In diesen Tagen ist der FC Bayern wieder auf der Suche nach Personal. Weil der Graben zwischen Trainer Carlo Ancelotti und der Mannschaft zu tief geworden war, ist der Posten des Cheftrainers ab sofort neu zu besetzen. Präsident Uli Hoeneß, Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Hasan Salihamidzic fahnden mit Hochdruck "nach dem besten Trainer in diesem Moment", wie "Brazzo" zuletzt betonte.
Er verriet am Rande des enttäuschenden 2:2 in Berlin auch, dass intern bereits Klarheit über das Anforderungsprofil herrsche, Information eingeholt worden und erste Gespräche geführt worden seien. Namen nannte er natürlich keine, ein Dementi zu den gehandelten Kandidaten wie Thomas Tuchel oder Julian Nagelsmann gab es jedoch auch nicht von ihm. Der Durchbruch gelang noch nicht: "Wenn wir einen hätten, hätten wir es bekanntgegeben", erklärte Salihamidzic.

Lage für Bayern kompliziert wie nie zuvor

Möglicherweise wurde auch noch keine Einigung erzielt, weil die Lage aus Sicht des FC Bayern kompliziert wie selten zuvor ist. Die "beeindruckende Wirkung", von der Sammer im Falle einer Anfrage aus München berichtete, wird aktuell immer noch bestehen.
Der deutsche Rekordmeister ist das Aushängeschild des deutschen Fußballs, der Kader luxuriös, die finanziellen Mittel rosig. Wer könnte da widerstehen? Dennoch bestehen Zweifel, dass bei einem Anruf der Bayern-Bosse in diesen Tagen sofort - sozusagen als bedingter Reiz - Begeisterung bei den Kandidaten aufflammt.

Fitness-Rückstand könnte abschrecken

Sie werden genau überlegen müssen, auf was sie sich einlassen. Denn so wie sich ein Verein über Trainer informiert, so werden auch die Trainer ihre Quellen nutzen, um sich über den Verein zu informieren. Wenn sie sich nicht von Stimmungslage, Grüppchenbildung und Führungsvakuum verunsichern lassen, werden sie eventuell beim "Reizthema" Fitness ins Grübeln geraten.
Nach Eurosport-Informationen herrscht innerhalb der Mannschaft eine hohe Unzufriedenheit, was den körperlichen Zustand generell betrifft. Auch der "kicker" berichtete am Montag, dass es viele Beschwerden über die Arbeit von Fitnesscoach Giovanni Mauri gab. Erschwerend hinzu kommt, dass die Vorbereitung von einer anstrengenden Promo-China-Reise gestört wurde. Hoeneß hatte unlängst sein Missfallen darüber klar kommuniziert.
Zu bedenken gilt es außerdem: In diesem Winter gibt es eine stark verkürzte Winterpause - die Liga startet bereits am 13. Januar 2018 wieder. Im Sommer ist WM. Den konditionellen Rückstand aufzuholen, ist in dieser Saison eine riesige, kaum zu schaffende Herausforderung für den neuen Trainer.

Tuchel steigt ungern mitten in der Saison ein

Es sind gewichtige Argumente für beispielsweise Tuchel, der zwar sofort verfügbar wäre, aber als Coach den Ruf hat, nicht gerne innerhalb einer Saison zu einem Team zu stoßen. Viel lieber nimmt er Einfluss auf Kaderplanung und vor allem die Trainingsgestaltung in der Vorbereitung.
Kommt er trotzdem, aber seine Art nicht direkt an, riskiert er womöglich ein Aus im DFB-Pokal gegen RB Leipzig, einen zusätzlichen Rückschlag in der Champions League gegen Paris und gerät in der Meisterschaft weiter ins Hintertreffen. Am Saisonende stünde er vielleicht als der Bayern-Trainer da, der erstmals nach fünf Jahren keinen Titel nach München geholt hat. Worst case, wohlgemerkt.
Aber könnte er dann noch in Ruhe ein Team für die Zukunft aufbauen? Oder wäre er schon verbrannt? Tuchel ist schon in Dortmund gescheitert, wenn auch nicht aus sportlichen Gründen. Er wird auch an seine Karriere denken.
Gleiches gilt für Nagelsmann, dem es bei 1899 Hoffenheim derzeit doch eigentlich an nichts mangelt. Bei aller Qualität, die er mitbringen würde, so ist der FC Bayern mit seinen renommierten Weltstars, die viele Titel gewonnen haben, für einen 30-jährigen Trainer eine ganz andere Hausnummer, die einen Druck erzeugt, von dem Nagelsmann noch gar nichts ahnt.

Übergangslösung für den Umbruch

Eine "Übergangslösung" bis zum Sommer mit Sagnol, Mark van Bommel, Mehmet Scholl oder Markus Weinzierl käme da wohl schon eher infrage. Da wären die Ansprüche in der öffentlichen Wahrnehmung zumindest etwas gedrosselt und der nicht zu vermeidende Umbruch könnte vorbereitet werden.
Doch wäre dann auch ausreichend Qualität, die die Spieler zuletzt so vermissten, auf der Trainer-Position vorhanden? Und wäre diese Saison dann nicht schon irgendwie abgeschenkt?
Die aktuelle Lage ist so kompliziert, weil es im Gegensatz zu anderen Jahren scheinbar keine klare "A-Lösung" gibt. Währenddessen lechzt das Team nach neuen Impulsen.
Aber die Zeiten, in denen ein Anruf von Hoeneß bei Pensionär Jupp Heynckes für diesen "etwas Besonderes" war, sind auch endgültig vorbei. Sammer fühlt sich indes bei Eurosport ziemlich wohl.
Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung