Top-Sportarten
Alle Sportarten
Alle anzeigen

Der LIGAstheniker: RB Leipzigs dreiste Timo Werner-Drohkulisse

Thilo Komma-Pöllath

Update 21/01/2019 um 17:10 GMT+1 Uhr

RB Leipzig erhöht den Druck auf Timo Werner. Man kann schon fast von Erpressung sprechen, so LIGAstheniker Thilo Komma-Pöllath in seinem Blog, damit der Stürmer nicht ablösefrei zu einem anderen Klub geht. Ralf Rangnick und Manager Oliver Mintzlaff wollen auf keinen Fall mit leeren Händen dastehen, wenn Werner seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängert. Dafür greifen sie zu drastischen Mitteln.

Timo Werner (RB Leipzig)

Fotocredit: Getty Images

Ein Kommentar von Thilo Komma-Pöllath
Wer jenseits des gespielten Balls am Rückrundenspieltag etwas über die Liga lernen wollte, dann das: Abmachungen, Regularien, Verträge haben keine bindende Wirkung und keinen Wert an sich. Sie sind lediglich dazu da, den schlimmstmöglichen Wildwest und die ganz große Gier aller Beteiligten zu verhindern. Ach was, kaschieren trifft es wohl besser. Da erzählt Hannovers Manager Horst Heldt ganz naiv in die Kameras, dass sein Präsident Martin Kind und dessen vermögender Kumpel Dirk Rossmann die Neuzugänge aus eigener Tasche bezahlt hätten.
Und man fragt sich unweigerlich, ob das Bilanz-technisch dann ein Geschenk ist und ob das überhaupt mit den 50+1-Statuten vereinbar ist: Herr Kind ist der Präsident, aber nicht der Hauptsponsor des Klubs. Die Posse in Düsseldorf um Trainer Friedhelm Funkel ist da schon beruhigender: Erst soll Funkel zum Saisonende gehen. Nachdem Fans und Öffentlichkeit protestieren, wird der Vertrag verlängert.
Die Meinung des Fans zählt also noch etwas - wer hätte es gedacht? Wie lange noch? Und dann also noch der tiefe Einblick in die Welt von Arbeitnehmerrechten vom Koffeinbrauseangestellten Ralf Rangnick zur Personalie Timo Werner. Wenn's nicht so traurig wäre, man müsste sich herzhaft auf die Fußballerwaden klopfen.

Rangnick setzt Werner unter Druck

So offensiv wurde wohl noch selten ein Spieler vom eigenen Klub unter Druck gesetzt, seinen Vertrag zu verlängern, wie Leipzigs Stürmer Timo Werner. Hier also noch mal der ganze Satz von Sportdirektor Ralf Rangnick, denn ich gehe mal davon aus, dass der Trainer Ralf Rangnick diesen Satz nie hätte sagen dürfen/wollen/können.
Es ist klar vereinbart, dass er nicht mit uns in die Saison geht, wenn er nicht verlängert.
Das nennt man dann wohl mal eine massive Drohkulisse. Und wenn er nicht vorzeitig verlängert, denn er hat ja einen Vertrag, was dann? Bank? Tribüne? Zweite Mannschaft? Ach ja, hat RB ja gar nicht! Werner hat einen Vertrag bis zum Sommer 2020, man könnte also sagen, es ist noch Zeit über seine Zukunft zu beraten.
picture

Ralf Rangnick und Timo Werner (RB Leipzig)

Fotocredit: Getty Images

Dummerweise oder völlig überraschend für die Topmanager der Klubs gehört auch das letzte Vertragsjahr zum Vertrag. Das Jahr also, nachdem ein Spieler den Verein ablösefrei verlassen kann. Man also nichts mehr für ihn kriegt, für all die Arbeit und Mühe, die man mit ihm hatte, um ihn so groß zu machen, wie er heute ist. Nun muss man wissen, dass Timo Werner nichts für diese Art der Vertragsgestaltung kann: sie trifft seit dem Bosman-Urteil vor knapp 25 Jahren alle Spieler und alle Klubs. Man könnte also sagen, die Herren Rangnick und Geschäftsführer Mintzlaff hatten genug Zeit, sich darauf vorzubereiten.

Geldgier und Eitelkeit

Aus dem Satz von Rangnick spricht soviel gekränkte Eitelkeit, für die Rangnick im letzten Jahrzehnt seines Wirkens so richtig schön berühmt wurde. Schließlich hat keiner so viel Ahnung in der Entwicklung junger Spieler, wie er himself: Ralf Rangnick. Und genau hier beginnt das Missverständnis: Rangnick glaubt, er, und nur er allein, hat Werner in die Weltklasse gebracht. Und genau dafür schulde der ihm jetzt eine Vertragsverlängerung.
Das ist, gelinde gesagt, Unsinn, da Rangnick Deutschlands talentiertesten Stürmer gerade erst seit ein paar Monaten trainiert, vorher tat das bekanntlich Ralph Hasenhüttl. Und: Die eigentliche Ausbildungsarbeit hatte vorher sowieso sein Heimatverein VfB Stuttgart geleistet, bei dem er bis 2016 unter Vertrag stand.
Interessant dabei: Rangnicks Vorgesetztem Mintzlaff geht es gar nicht um das Talent Werner, das Rangnick für sich beansprucht, sondern das Asset Werner, wenn er sagt, man könne es sich nicht leisten, ihn ablösefrei gehen zu lassen. Mintzlaff will ihn gar nicht behalten, er will Geld mit ihm verdienen. Viel Geld. Im Prinzip kann Werner das völlig kalt lassen, er hat ja Vertrag.
Steht die Frage im Raum: Würden Rangnick/Mintzlaff Werner im letzten Vertragsjahr, sollte es soweit kommen, aus Eitelkeit und/oder Geldgier tatsächlich auf die Tribüne setzen, um ihr Mütchen zu kühlen? Ist das vorstellbar?
picture

Begehrter Stürmer: RB Leipzigs Timo Werner

Fotocredit: SID

Groß sind nur die Egos

Die Taktik hinter ihren Verbalscharmützeln vom Wochenende ist durchschaubar: RB Leipzig will den Preis hochtreiben für ihre interessanteste und wertvollste Personalie. Was das mit Werner macht, scheint dem Klub dabei völlig zweitranging. Er müsse sehen, dass er weiterhin locker bleibe, sagte Timo Werner, angesprochen auf die Erpressungstaktik seines Arbeitgebers. Und wenn der Druck so groß wird, dass der mal nicht mehr trifft, dann setzt ihn Rangnick mit nicht geringer Genugtuung halt auf die Bank, was er ja eh schon insinuiert hatte.
An der Personalie Timo Werner wird, neben einem Defizit Rangnicks in rechtsstaatlichen Errungenschaften, auch das große Missverständnis im Selbstverständnis des Dosenklubs deutlich: RB Leipzig ist und bleibt ein Ausbildungsverein für die ganz Großen im Weltfußball, zu denen sie schlicht nicht gehören. Daran ändert auch die Ego-Größe ihrer beiden sportlich Verantwortlichen nichts. Sollte Timo Werner tatsächlich ablösefrei gehen, wäre er selbst für Hannover 96 ein Schnäppchen.
Zur Person Thilo Komma-Pöllath:
Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog "Der LIGAstheniker" das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.
Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung