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FC Bayern München: Rummenigge treibt ein unwürdiges Spiel mit Kovac

Thilo Komma-Pöllath

Update 06/05/2019 um 11:47 GMT+2 Uhr

Der FC Bayern München spielt die zweitbeste Rückrunde seiner Geschichte, hat noch beste Chancen auf das Double - und trotzdem steht Niko Kovac Woche für Woche in der Kritik. Besonder Karl-Heinz Rummenigge lässt den Coach durch mangelnde Rückendeckung immer wieder auflaufen. Ein unwürdiges, zynisches Spiel des Bayern-Bosses - mit dem Rummenigge dem Verein schadet.

Karl-Heinz Rummenigge möchte die Königsklasse im Free-TV

Fotocredit: SID

Ein Kommentar von Thilo Komma-Pöllath
Saisonschlussphase, noch drei Wochen. Es ist schon ziemlich kurios, dass die beiden Trainer, die derzeit öffentlich am meisten in Frage gestellt werden, die an der Tabellenspitze sind: Bayerns Niko Kovac und Dortmunds Lucien Favre.
Während die BVB-Bosse allerdings bei jeder sich bietenden Gelegenheit betonen, wie gerne sie Favre in Dortmund halten möchten, um eine neue Ära zu beginnen - ähnlich der von Jürgen Klopp - hört man derlei Töne aus München nicht. Im Gegenteil.
Die Bayern haben für diese Übergangssaison mit Kovac ganz bewusst einen jungen Trainer geholt, ein Großkaliber war nicht verfügbar und sie haben sich angesichts des unausgegorenen Kaders bei gleicher Leistungserwartung wohl auch nur Absagen geholt. Kovac hat die Bayern bis vor die Meisterschaft und ins Pokalfinale geführt, also bis kurz vors Double. Er hat es besser gemacht als alle Bayern-Auguren es zu Saisonbeginn von ihm erwartet hatten.
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Was muss Niko Kovac tun, um bedingungslose Rückendeckung zu bekommen?

Fotocredit: Getty Images

Kredit bekommt Kovac dafür nicht. Karl-Heinz Rummenigge (Lieblingsfloskel: "offen und ehrlich") verweigert ihm seit dem Champions League-Aus gegen den FC Liverpool, das der Bayern-CEO offensichtlich persönlich genommen hat, jede klare Ansage zu seiner Zukunft.
Am Wochenende ist Kovac nun Ex-Bayerntrainer Ottmar Hitzfeld zur Seite gesprungen. Wenn es soweit kommt, dass der Vorgänger für einen seiner Nachfolger in die Bresche springen muss, dann ahnt man, dass Kovac' Tage gezählt sein dürften.

Rummenigges unwürdiges Spiel

Es ist ein unwürdiges, ein zynisches Spiel, das Rummenigge mit seinem Trainer Kovac treibt. Und es zeigt einmal mehr, die Schwäche der derzeitigen dualen Bayern-Führung, dass man sich in Bezug auf den wichtigsten Job, den es im sportlich-operativen Bereich beim FCB zu vergeben gibt, nicht auf eine gemeinsame Personalie einigen kann: Uli Hoeneß ist für Kovac, Rummenigge war von Anfang gegen ihn.
Daran hat sich bis zwei Spieltage vor Schluss nichts geändert. Das zynische Kalle-Kalkül, wonach ein junger, weniger erfahrener Trainer leichter zu demissionieren wäre, wenn es nicht liefe wie gewünscht. Und wie solle das der gute Kovac auch packen mit dieser verwöhnten Uwe-Seeler-Gedächtnismannschaft (O-Ton Franz Beckenbauer, ebenfalls vom Wochenende), die ihn doch eh nicht ernst nehmen würde, angesichts seiner mangelnden Erfolgsbiographie als Übungsleiter. Naja, dann hauen wir ihn halt wieder weg, wenn es nicht passt.
Bis dahin habe man mit Mördertransfers auf dem Spielermarkt eh wieder klar gemacht, dass der Umbruch vollzogen und der FC Bayern international wieder am Ende der Nahrungskette stehe. Möchte den Startrainer sehen, der uns dann noch einen Korb gibt.
Wenn diess das Kalkül war, dann hat sich Rummenigge in dem freundlichen und wohl erzogenen Herrn Kovac gründlich getäuscht. Das mit dem Rauswerfen erweist sich jetzt doch schwieriger als gedacht. Aus gutem Grund: Es fehlen die Argumente.

Kovac macht das gut - Punkt

Die Bayern spielen die zweitbeste Rückrunde ihrer Geschichte (38 Punkte in 15 Spielen), mit Goretzka, Coman und Gnabry hat Kovac drei Spieler im Kader fest verankert, die das Zukunftsgesicht des Klubs zeigen werden. Dass der komplette Umbruch nicht vollzogen ist, kann man ihm schlecht ankreiden, den aktuellen Kader hat er schlicht nicht zusammengestellt.
Die Krise im Herbst hat er mit taktischen Veränderungen ganz allein beendet. Man kann also sagen: Anders als sein herumirrender Sportdirektor oder seine Chefs gibt der Trainer eine sehr ordentliche Figur ab.
Insofern muss man den tapferen Kovac fast bewundern, mit welcher Gleichmut er das CEO-Gemosere über sich ergehen lässt. Auch, dass er sich um eine faire sportliche Beurteilung bemüht, vor allem dann, wenn sein Team (und er selbst) auch viel Glück hatte, wie im Pokalspiel bei Werder, zeigt nur seine Größe in diesem "Spitzenspiel", das sein Chef hier aufführt.
Wie groß der Druck auf ihm lastet, kann man nur erahnen. Zu gerne würde man ihn selbst fragen, wie sehr ihm dieser missgünstige Vorstandsvorsitzende Rummenigge auf die Nüsse geht. Anders lassen sich Hitzfelds Äußerungen zu Rummenigge ("skeptisch und pessimistisch") kaum deuten.

Leipzig-Spiele entscheiden Kovac' Zukunft

Das alles wäre halb so dramatisch, wenn sich der FC Bayern mit der dauerhaften Erodierung der eigenen Trainerposition nicht selbst am meisten beschädigen würde.
Zwei Spieltage vor Schluss der Saison sollte ein Schwergewicht des internationalen Klubfußballs schon wissen, wer ab Juni den Übergang in einen tatsächlichen Umbruch vollziehen soll und auch mit welchen Spielern. Hatte Kovac bei den bisherigen Transfers (Hernández, Pavard) überhaupt Mitsprache? Und wenn es jetzt heißt, Kovac wolle Ante Rebic aus Frankfurt nach München holen, tun sie es dann auch, weil sie ihrem Trainer vertrauen?
Niko Kovac hat diese Bayern-Saison mit dem Dauergemurmel im Hintergrund bisher überraschend gut gemeistert. Die Bayern haben ihn geholt, er hat das Vertrauen sportlich gerechtfertigt, jetzt sollen sie ihn auch machen lassen. Wenn er am Samstag in Leipzig nicht gewinnt und das Pokalfinale vergeigt, dann wird ihm Rummenigge daraus einen Strick drehen. Fast so, als hätte er nur darauf gewartet.
Zur Person Thilo Komma-Pöllath:
Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog "Der LIGAstheniker" das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.
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