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Borussia Dortmund: Flanke, Kopfball, Tor - das Innenverteidiger-Problem des BVB

Nico Scheck

Update 11/05/2019 um 12:31 GMT+2 Uhr

Borussia Dortmund taumelt dem Saisonende entgegen. Im Endspurt ist dem BVB die Luft ausgegangen und es werden Schwächen offensichtlich, die eine furiose Hinrunde kaschiert hatte. Neben dem Aspekt der fehlenden Erfahrung dieser größtenteils neu zusammengewürfelten Truppe hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten vor allem eines herauskristallisiert: Der BVB hat ein Innenverteidiger-Problem.

Borussia Dortmund

Fotocredit: Imago

Irgendwie war es sinnbildlich. Manuel Akanji sorgte in der 75. Spielminute mit seinem Blackout gegen den SV Werder Bremen (2:2) dafür, dass die Borussen am Ende mit einem statt drei Zählern im Gepäck die Heimreise antraten.
Ausgerechnet, weil eben jener Akanji im Krisenmonat Februar aufgrund einer Hüftverletzung schmerzhaft vermisst wurde. Jener Akanji, der in der Hinrunde zu den besten Innenverteidigern in der Bundesliga zählte.
Der Schweizer kehrte Ende Februar zurück, die Probleme jedoch blieben. Wie Akanji ist der gesamte Verein nicht mehr das Sturmkommando der starken Hinrunde. Unsicherheit, Ideenlosigkeit und Verletzungspech sind an die Stelle von Selbstvertrauen, Kreativität und massivem Tempo getreten.
Während die Offensive um die Turbodribbler wie Marco Reus, Jadon Sancho oder Jacob Bruun Larsen lahmt, zeigt sich die Defensive anfälliger denn je, vor allem nach Standardsituationen.
Das große Innenverteidiger-Problem aus der letzten Saison, das mit den Verpflichtungen von Manuel Akanji (kam bereits im Januar 2018) und Abdou Diallo behoben werden sollte: Es ist scheinbar zurückgekehrt. Oder war es vielleicht nie ganz weg?

Die große Anfälligkeit nach Standards

In der Hinrunde klappte es wie geschmiert. Lukasz Pisczcek auf rechts, in der Mitte die Optionen Diallo, Akanji und Youngster Dan-Axel Zagadou, auf links flitzte Achraf Hakimi die Linie rauf und runter.
Allerdings blieb aufgrund des enormen Laufs der Dortmunder größtenteils verborgen, was in der Rückrunde Schwierigkeiten brachte. Der BVB ist nach Standards anfällig wie kaum ein zweites Team in der Bundesliga. Zwölf der 42 Gegentore resultierten aus einem ruhenden Ball – zu viel für ein Spitzenteam.
Dass die Schwarz-Gelben vor allem bei Standards straucheln, verwundert nicht. Akanji und Diallo sind zwar spielstarke Innenverteidiger, im Kopfballspiel fehlt ihnen aber häufig noch das Stellungsspiel und das entsprechende Timing. Gleiches gilt für den noch jüngeren Zagadou.
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Axel Witsel; Manuel Akanji, Abdou Diallo

Fotocredit: Imago

Einzig Thomas Delaney bringt das Komplettpaket mit, um Standards in der Luft zu verwerten bzw. zu verteidigen.
Besonders deutlich wurde dies bei der 0:5-Packung in München. "Bei Bayern war jeder Eckball wie eine gute Torchance. Wir haben einfach nicht genug dagegen gehalten", bemängelte Akanji anschließend bei "Sport1". Und er hatte Recht: Allein Mats Hummels kam in den ersten 20 Minuten vier Mal frei zum Kopfball nach Standards – einer davon saß.

Verletzungspech folgt auf Unsicherheit

Hinzu kommt das Verletzungspech, das die Dortmunder gegen Ende der Hinrunde zu ereilen begann. So stand Julian Weigl gegen Borussia Mönchengladbach im Dezember plötzlich in der Innenverteidigung – eine Rolle, in die er sich erst reinfinden musste.
Gerade die fehlende Physis ist für ihn ein Handicap, wie er nach dem 1:1 gegen Frankfurt betonte: "Ich bin jetzt nicht so bullig wie die anderen, da muss man schon clever agieren." Clever statt bullig. Dabei bräuchte der BVB am besten beides.
Mittlerweile sind zwar sowohl Akanji als auch Diallo wieder fit, durch die langfristigen Ausfälle von Pisczcek und Hakimi sowie die Sperre gegen Marius Wolf benötigt Favre jedoch beide häufig als Notfall-Außenverteidiger. Eine Lösung, die kurzzeitig funktionieren kann, nicht aber über mehrere Wochen mitten im Meisterschaftskampf.
Das verloren gegangene Selbstverständnis aus dem vergangenen Herbst tat sein Übriges. Fehler wie der von Akanji häuften sich in den Wochen der Entscheidung, selbst die erfahrenere Garde wie Roman Bürki oder Kapitän Marco Reus patzte zuletzt schwer.

Es braucht einen neuen Verteidiger

So muss man sicherlich der jungen BVB-Defensive zugute halten, dass auch sie sich noch in einem Findungsprozess befindet. Dass diese junge Truppe 34 Spieltage lang über die Bundesliga hinwegfegen würde, war ohnehin nicht zu erwarten gewesen.
Dennoch muss sich die Borussia die Frage stellen, ob ihnen neben dem dringend benötigten Außenverteidiger auch ein erfahrener, kopfballstarker Innenverteidiger gut zu Gesicht stehen würde.
Immerhin stünde man ohne die vielen unnötigen Standard-Gegentore der letzten Wochen sehr wahrscheinlich immer noch auf Platz eins.
Kurioserweise wird der BVB in der Gerüchteküche aktuell zwar mit zahlreichen Außenverteidigern und Mittelstürmern in Verbindung gebracht, ein zentraler Defensivmann ist aber nicht dabei.
Möglicherweise löst sich das Problem allerdings auch von selbst. Die Vereinsverantwortlichen suchen händeringend nach einem Außenverteidiger. Damit dürften Akanji, Diallo und Zagadou wieder dauerhaft in der Innenverteidigung zum Einsatz kommen - in der nächsten Saison dann immerhin auch mit ein wenig mehr Erfahrung.
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