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Super, Liga! FC Bayern ist nicht größer als die Bundesliga - das glauben sie aber

Thilo Komma-Pöllath

Update 05/11/2018 um 12:54 GMT+1 Uhr

Der FC Bayern wirkt ziellos wie seit zehn Jahren nicht. Sportlich läuft's nicht rund, immer wieder gibt es Störfeuer. Wie beim enttäuschenden Remis gegen Freiburg, als Lisa Müller ihrem Frust über die lange Nichtberücksichtigung ihres Ehemanns bei dessen später Einwechslung freien Lauf ließ. Eurosport-Blogger Thilo Komma-Pöllath legt den Finger in die Wunde und nennt die Gründe für die Krise.

FC Bayern München

Fotocredit: Getty Images

Schon allein deshalb, weil es in den letzten sechs Jahren ganz anders war, lohnt ein Blick an die aktuelle Tabellenspitze: der BVB mit vier Punkten Vorsprung auf die punktgleichen Gladbach und Bayern, knapp dahinter Leipzig. Man könnte von einer Demokratisierung der Liga sprechen, vom Ende der feudalistischen Lehnsherrschaft durch die Bayern, die immer schon mit dem ersten Spieltag als Meister feststanden.
Und ganz ketzerisch könnte man fragen, was wäre denn eigentlich so schlimm, wenn die Bayern nicht mehr in der Bundesliga spielen würden, weil sie in der seit dem Wochenende viel diskutierten "Super League" endlich das Geld bekommen, das ihrem Selbstbild viel eher entspricht. Nur so als Gedankenmodell: Bayern München ist nicht wichtiger als die Bundesliga selbst. Eine bayernlose Liga könnte auch eine Chance sein, sich auf den Wesenskern eines leistungssportlichen Wettbewerbs neu zu fokussieren: den offenen sportlichen Ausgang.
Andererseits: Was haben solche Ein-zu-Eins-gegen-Freiburg-Bayern eigentlich in einer Superliga verloren? Fragen über Fragen…

Immenser Orientierungsverlust

Die Liga ist so spannend wie seit Jahren nicht, was weniger an der Liga selbst als an einem FC Bayern liegt, der scheinbar auf allen wichtigen Strategiefeldern die Orientierung verloren hat. Öffentlich verrennt man sich Woche für Woche neu, sei es die absurde Kritik an den Kritikern mit Verweis auf Artikel 1 des Grundgesetzes oder die jetzt enthüllten Geheimabsprachen um eine "Super League", bei der es nicht um Würde geht, Verpflichtung oder Gemeinschaft (um all das geht es in Artikel 1), sondern um Geld, noch mehr Geld, noch viel mehr Geld.
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Karl-Heinz Rummenigge (l.) und Uli Hoeneß

Fotocredit: Imago

Sportlich verrennt man sich auf dem Feld so, dass es jeder sehen kann und selbst die Spieler aus Mainz oder Freiburg jeglichen Respekt verlieren. Der Kader stimmt nicht, zu dünn besetzt für "Super League"-Ansprüche, Leistungsträger, die immer noch Vertrag haben und doch längst über ihren Zenit hinaus (Robben, Ribéry), ein Binnenklima, das keine Gemeinschaft abbildet, sondern eine Egotruppe, die lieber in Paris spielen möchte (Boateng) oder in Madrid (Lewandowski).
Über den Sportdirektor brauchen wir nicht zu sprechen, die Planstelle gibt es, aber er ist nicht existent. Dazu ein junger, williger Trainer, der das alles ausbaden soll und auch deshalb überfordert scheint.

Lisa Müller for Sportdirektor

Die Bayern wirken ziellos wie seit zehn Jahren nicht. Alternativlos sind Rummenigge und Hoeneß, die zusammen seit fast 30 Jahren den Klub in Gutsherrenart führen, für den FC Bayern. Das glauben beide. Das glaubte Frau Merkel auch. Den Weg freimachen für neue Köpfe, das wollen diese Herren gar nicht.
Peinlicher als am Wochenende kann es für die Bayern kaum noch kommen. "FAZ", ARD-Sportschau und ZDF-Sportstudio ziehen den Spielbericht der Bayern gegen Freiburg süffisant am Instagram-Post von der Ehefrau von Thomas Müller auf. Weil der Gatte nicht spielte, hatte die gegen Trainer Niko Kovac polemisiert ("Mehr als 70 Min bis der mal nen Geistesblitz hat").
Lisa Müller stichelt gegen Niko Kovac (Quelle: instagram.com/lisa.mueller.official)
Abgesehen davon, dass sie diesbezüglich vom Medienanwalt der Bayern heute eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung in die Post gesteckt bekommen dürfte, ist der Post von Frau Müller auch deshalb so interessant, weil es klubinterne Kritiker bei den Bayern nicht gibt. Das müssen jetzt Spielerfrauen leisten. Besonders peinlich wirkte im Gegenschnitt zu Lisa Müller das Auftreten von Sportdirektor Salihamidzic nach dem Freiburg-Spiel.
Er wisse auch nicht, warum nichts besser werde, so ein fast ängstlicher Brazzo in der Mixed-Zone. Das Fernsehen filmte mit. Vielleicht sollte man Frau Müller mal fragen, ob sie nicht Interesse habe an dessen Job, Mumm genug hätte sie.

Rummenigges Realität

Es spricht nicht für das Führungsduo Rummenigge/Hoeneß, das Woche für Woche von außen Unruhe in den Verein hineinträgt, der sich gleichzeitig sportlich in einer Delle befindet. Ob Grundgesetz-PK oder jetzt die Football Leaks, die Rummenigge trotz besseren Wissens auch noch in höchst unglaubwürdiger Weise dementiert, der FC Bayern zündelt an allen Fronten und wundert sich, dass er sportlich nicht funktioniert.
Die Mannschaft spielt schwach, das stimmt; der Trainer ist das schwächste Glied in der Kette, das wissen wir; aber die schwächste Performance liefert derzeit Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge, der den Klub nicht mit ruhiger Hand führt, sondern wie ein Clanführer, der den Bezug zur Realität kurzerhand aus der Satzung streicht.
Zur Person Thilo Komma-Pöllath:
Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog "Der LIGAstheniker" das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.
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