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BVB nach Arbeitssieg bei Hertha BSC: Nur die Ruhe vor dem nächsten Sturm?

Tom Müller

Update 01/12/2019 um 12:26 GMT+1 Uhr

Borussia Dortmund hat mit dem 2:1-Arbeitssieg bei Hertha BSC Druck aus der zuletzt angespannten Situation genommen und Trainer Lucien Favre zumindest vorerst den Job gerettet. Auch wenn der BVB einige positive Erkenntnisse aus Berlin mitnehmen kann, ist das Team gut beraten, die vermeintliche Ruhe nicht zu sehr zu genießen. Stand jetzt ist der nächste Aufschrei nur eine Niederlage entfernt.

Borussia Dortmund

Fotocredit: Getty Images

Die Stimmung war ausgelassen, fast euphorisch.
Man merkte den Schwarz-Gelben Spielern, die da auf der blauen Tartanbahn im Berliner Olympiastadion vor ihren Fans auf und ab hüpften an, dass ihnen am frühen Samstagabend ein großer Stein vom Herzen gefallen war. Jedem einzelnen.
Nach zuletzt drei sieglosen Spielen in Folge (0:4 in München, 3:3 gegen Paderborn, 1:3 in Barcelona) konnte der kriselnde BVB bei der ebenfalls kriselnden Hertha endlich den so dringend benötigten Befreiungsschlag landen. Ein hart erkämpftes 2:1 (2:1). Und das auswärts, wo der selbsternannte Meisterschaftsanwärter seit dem zweiten Spieltag (3:1 in Köln) keinen Sieg mehr hatte feiern können. Trotz einer kompletten Halbzeit in Unterzahl, trotz Verletzungssorgen im Mittelfeld.
"In der jetzigen Situation ist es egal , wie wir spielen. Hauptsache, du holst mal wieder drei Punkte", brachte es Marco Reus nach Abpfiff bei "Sky" auf den Punkt. Dortmund zeigte nach der Gelb-Roten Karte von Abwehrchef Mats Hummels (45.+1) Moral und bewies, dass die immer wieder abgespulten Aussagen der vergangenen Wochen, das Leistungstief habe nichts mit Trainer Lucien Favre zu tun, nicht nur leere Parolen waren.

BVB nimmt den Druck raus: Favre wieder im Sattel

Favre, davon darf man ausgehen, wäre nach einer weiteren Niederlage wohl seinen Job losgewesen. Mit dem Sieg hat sich der Schweizer dagegen wieder etwas Luft verschafft. Daran ließ die Aussage von Michael Zorc keinen Zweifel, der nach der Partie von einem schlechten Verhältnis zwischen Mannschaft und Trainer nichts mehr wissen wollte.
"Das hat man heute auf dem Platz gesehen, sonst bringst du hier nicht so eine Leistung, sonst bringt sich nicht jeder so ein für die Mannschaft", so der Sportdirektor:
Wir sind überzeugt, dass wir die Trendwende schaffen und heute war es der wichtige Schritt in die richtige Richtung.
Auch Julian Brandt verbannte Mutmaßungen, die Mannschaft würde nicht mehr für den Trainer spielen, ins Reich der Fabeln:
Es geht nicht um eine einzelne Person, sondern um den ganzen Verein. Keiner will Unruhe, das macht keiner extra.
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Roman Bürki, Lucien Favre und Marcel Schmelzer

Fotocredit: Getty Images

BVB nimmt Positives aus Berlin mit

Tatsächlich können Favre und der BVB einige positive Erkenntnisse aus Berlin mitnehmen.
In der Innenverteidigung zeigten der zuletzt gescholtene Manuel Akanji (75% gewonnene Zweikämpfe) und Youngster Dan-Axel Zagadou eine ordentliche Leistung. Auch ohne die ordnende Hand von Hummels in der zweiten Hälfte. Dafür gab's Lob von Teamkollege Brandt: "Wir haben uns gut reingestellt, vor allem mit Zagadou", sagte der 23-Jährige: "Der hat sich körperlich voll dagegen gestellt."
Brandt selbst musste notgedrungen in der Zentrale neben Axel Witsel ran, da sowohl Julian Weigl (muskuläre Probleme) als auch Thomas Delaney (Bänderriss im Sprunggelenk) nicht zur Verfügung standen. Der deutsche Nationalspieler fühlte sich dort sichtlich wohler als in der Spitze oder auf außen und überzeugte nicht nur mit einer Torvorlage.
Ein Fingerzeig in Richtung Favre, der nach angeblichen Disziplinlosigkeiten unter der Woche in Barcelona auch wieder auf Jadon Sancho von Beginn an setzte - und nicht enttäuscht wurde. Neben seinem Führungstreffer in der 15. Minute zeigte der junge Engländer, dass er auch defensiv beißen kann. Genau wie Thorgan Hazard (traf zum 2:0 in der 17. Minute), der seinem Nebenmann in nichts nachstand.
"Wir sind viel gelaufen, Hakimi und Hazard, die Flügelstürmer. Reus war auch unglaublich. Das war eine Mannschaft. Auch zu zehnt", zeigte sich Favre zufrieden.
So viel zum Guten.

BVB: Konstanz bleibt das große Fragezeichen

Denn bei aller Erleichterung und Euphorie sollte Dortmund nicht den Fehler begehen und sich zu sehr an diesem Erfolgserlebnis aufhängen. Ein "fantastisches Spiel", so wie es Favre von seiner Mannschaft gesehen haben will, war der Auftritt in Berlin nämlich sicher nicht. Dafür stand die Partie - Hummels' Platzverweis hin oder her - in der zweiten Hälfte zu oft auf der Kippe. Und das gegen eine Hertha, die sich in Überzahl nicht gerade ideenreich präsentierte.
Favre und sein Team müssen noch beweisen, dass sie auch über mehrere Spiele am Stück auf hohem Niveau agieren können. Dass Dortmund auch mal eine Siegesserie starten kann. Die von Zorc schmerzlich vermisste "Kontinuität" bleibt weiter das große Fragezeichen.
Auf das letzte Zwischenhoch (emotionaler 3:2-Sieg gegen Inter Mailand) folgte die Abreibung in München. So etwas sollte der BVB am kommenden Samstag gegen Düsseldorf tunlichst vermeiden.
"Wir haben einen guten Schritt in die richtige Richtung gemacht. Wir wissen aber, dass jetzt nicht wieder alles gut ist", legte Reus den Finger nach Abpfiff direkt wieder in die Wunde.
Dortmund hat sich zwar Luft verschafft und die Tabellenspitze mit "nur" vier Punkten Rückstand auf Leipzig weiter im Blick. Doch stand jetzt ist das Favre-Team nur eine haarsträubende Niederlage von der nächsten Trainer- und Mentalitätsdiskussion entfernt.
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