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Rückspiel beim FC Bayern München: Wie stark ist der FC Liverpool wirklich?

Nico Scheck

Update 11/03/2019 um 15:56 GMT+1 Uhr

Große Mannschaften zeichnen sich meist dadurch aus, im entscheidenden Moment, also in der Prime Time der Saison, voll da zu sein. Doch ausgerechnet jetzt, kurz vor dem Champions-League-Achtelfinalrückspiel beim FC Bayern München, schwächelt der FC Liverpool. Die Offensive lahmt, die Defensive schwimmt, Trainer Jürgen Klopp wirkt nervös. Wie stark sind die "Reds" im März 2019 wirklich?

James Milner, Jürgen Klopp, Mohamed Salah (FC Liverpool)

Fotocredit: Getty Images

7. Dezember 2018, Tatort UEFA-Verwaltungsgebäude im schweizerischen Nyon: Die Auslosung des Champions-League-Achtelfinals steht an. Und diese Auslosung wird einige Kracher-Duelle bescheren. PSG gegen Manchester United, Juventus Turin gegen Atletico Madrid und, das Highlight in der Runde der besten sechzehn Teams in Europa: Der FC Liverpool gegen den FC Bayern München.
Auf dem Papier ein vorgezogenes Halbfinale, doch die Realität sieht zu diesem Zeitpunkt anders aus. Liverpool, souveräner Tabellenführer in der Premier League, ungeschlagen auf den Spuren der "Invincibles" des FC Arsenal gegen einen deutschen Rekordmeister, der mehr schlecht als recht gerade die wohl größte Krise der jüngeren Vereinsgeschichte hinter sich gebracht hat.
Die Bundesliga-Tabelle spricht Bände: Das Team von Trainer Niko Kovac hechelt mit neun Zählern Rückstand dem BVB nur hinterher, auch die andere Borussia aus Gladbach steht vor dem FCB.
Heute, rund drei Monate später: Das Hinspiel des Achtelfinals ist bereits gespielt, ein heiteres 0:0 an der Anfield Road hinterließ zufriedene Münchner Gesichter und etwas zerknirschte "Reds". Seit der Auslosung in Nyon ist viel passiert, beide Teams scheinen eine Kehrtwende durchgemacht zu haben.

Jürgen Klopp ist angefressen

Klopps Liverpool ist mit dem Liverpool aus der Hinrunde nicht mehr zu vergleichen. Die sonst so gefürchtete Offensive lahmt, die sonst so stabile Defensive rund um Abwehrchef Virgil van Dijk wackelt. Die Tabellenführung in der Premier League? Futsch. Die Leichtigkeit aus dem letzten Herbst? Wie weggeblasen!
Nicht umsonst wirkt Klopp in Interviews oft angefressen. Fragen zu möglichen Systemfehlern und Formkrisen beantwortet er, wenn überhaupt, pampig. Die Ausreden für schwache Auftritte wie zu starker Wind, zu hoher Rasen oder zu kurzen Pausen zwischen den Spielen häufen sich. Liverpool lässt ausgerechnet in der Prime Time der Saison Federn und präsentiert sich nervös.
Es entsteht fast der Eindruck, die Angst vor dem Verlieren sei größer als die Gier auf Siege.

Vom Gepard zur zahmen Hauskatze

Das macht sich auch beim Angriffs-Trio Sadio Mané, Roberto Firmino und Mohamed Salah bemerkbar. Statt berauschenden Torfestivals gab es zuletzt gleich drei Nullnummern, eine eben gegen die Münchner. Zwar kam die Angriffsmaschinerie der "Reds" zwischendurch immer mal wieder ins Rollen, wie etwa beim 5:0-Sieg gegen den FC Watford, doch das anschließende 0:0 beim FC Everton zeigt: Der Liverpool-Motor stottert gewaltig.
Drei Beispiele: Salah, in der letzten Saison mit 44 Treffern noch "Everybody's Darling", kommt in den letzten acht Partien auf einen mageren Treffer. Firmino, eigentlich "Mister Zuverlässig" unter Klopp, hat in den letzten sieben Spielen nur zwei Tore erzielt, beide beim 4:2-Sieg gegen den FC Burnley. Und Mané, mit vier Treffern in den letzten fünf Partien so etwas wie die derzeitige Lebensversicherung des Teams. Doch auch er litt in den vergangenen Wochen unter Schwächen in der Chancenverwertung.
Die Geparde in Liverpools Offensive wirken derzeit häufig eher wie zahme Hauskatzen, gegen Burnley waren drei individuelle Aussetzer des Gegners nötig, um den Dreier einzufahren.

Wer keine Bälle bekommt, kann auch keine Tore schießen

Natürlich liegt längst nicht alles am Offensiv-Trio. Die Probleme von Klopp beginnen schon deutlich weiter hinten in der Defensive, die zuletzt recht luftig wirkte. Oftmals stimmt die Abstimmung der beiden Innenverteidiger nicht und die Außenverteidiger (meist Andrew Robertson und Trent Alexander-Arnold) treiben das Spiel längst nicht mehr so effektiv nach vorne wie noch in der Hinrunde. Es fehlt ein Stück weit das Selbstverständnis.
Alte Probleme aus dem Vorjahr, wie gegen tiefstehende Defensivreihen keine Lücken zu finden, brechen wieder durch und der Dreierkette im Mittelfeld mangelt es zu oft an Kreativität. Kreativität, die eigentlich Neuzugang Naby Keïta der Liverpooler Schaltzentrale verpassen sollte. Stattdessen kommt der Ex-Leipziger meistens von der Bank, wirklich überzeugen konnte er Klopp offenbar noch nicht. Dünne 1388 Einsatzminuten und nur zwölf Startelfeinsätze in der Liga untermauern das eindrucksvoll.
Der andere prominente Neuzugang, Fabinho, spielte zuletzt häufiger von Beginn an, gilt allerdings eher als Abräumer denn Kreativkopf. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass Salah, Mané und Firmino lahmen. Wer kaum Bälle bekommt, kann auch keine Tore schießen. Dass die sich trotzdem ergebenen Chancen zu oft liegen gelassen werden, tut sein Übriges.
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Mohamed Salah und Jürgen Klopp (FC Liverpool)

Fotocredit: Getty Images

Das Gesetz des angeschlagenen Boxers

Wie stark ist der FC Liverpool also derzeit? Trotz der vielen Probleme darf eines nicht vergessen werden: Die "Reds" sind auch jetzt noch in der Lage, an einem guten Tag jeden Gegner auf der Welt zu schlagen. Das Tempo der "besten Offensive Europas" (Joshua Kimmich) blitzte in den vergangenen Wochen immer mal wieder durch, auch der FC Bayern hatte im Hinspiel in einigen Situationen mehr Glück als Verstand.
Liverpool ist angeschlagen, hat aber sowohl in der Champions League als auch im englischen Oberhaus noch alle Chancen auf den Titel. Zudem dürfte es Klopp und seiner Mannschaft enorm entgegen kommen, dass der FC Bayern im Rückspiel vermutlich deutlich offensiver agieren wird als noch im Hinspiel. Mit schnellem Umschaltspiel kann man dem FCB gehörig Schaden zufügen und gleichzeitig die fehlende Kreativität im Mittelfeld kaschieren.
Auch wenn sich die Münchner derzeit wohl in ihrer besten Verfassung in dieser Saison zeigen und die „Reds“ schwächeln: Große Teams zeichnen sich bekanntermaßen dadurch aus, auf den Punkt genau da zu sein. Und dieser Punkt ist eben erst am Mittwochabend im Königsklassen-Rückspiel (21 Uhr, bei Eurosport im Liveticker).
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