Tottenham Hotspur - FC Bayern München | Serge Gnabry glänzt bei Kantersieg

Im Topspiel gegen Tottenham Hotspur veränderte FCB-Trainer Niko Kovač seine Mannschaft im Vergleich zum Bundesliga-Duell gegen den SC Paderborn auf zwei Positionen: Nach seinem Muskelfaserriss kehrte David Alaba auf seine angestammte Linksverteidiger-Position zurück, zudem ersetzte Corentin Tolisso Thiago im zentralen Mittelfeld als offensivere Option, der zwischen der Sechs und Acht rotierte. Rekord-Neuzugang Lucas Hernández fiel mit einer Prellung oberhalb des rechten Knies aus.

Der spezielle Tolisso-Plan von Kovač ging allerdings nicht auf. Der Franzose hatte einen schweren Stand, leistete sich einige Fehlpässe im Aufbauspiel und war kein Faktor im Zentrum. Die Spurs fraßen die Münchner in der Anfangsphase nahezu auf, gewannen die wichtigen Zweikämpfe im Mittelfeld und hemmten das Aufbauspiel der Gäste mit aggressivem Pressing. Durch das starke Verschieben ihrer Raute in Kombination mit der Doppelspitze in Person von Heung-Min Son und Harry Kane, zwangen sie den FC Bayern zu vielen Fehlern.

In der zwölften Minute nutzte Tottenham die Überlegenheit aus und erzielte die 1:0-Führung. Nach einem kapitalen Fehler von Tolisso im Aufbauspiel, der allerdings von Dele Alle leicht touchiert wurde, steckte Tanguy N'Dombélé den Ball stark in die rechte Strafraumhälfte auf Son, der Manuel Neuer mit einem Flachschuss ins linke Eck keine Chance ließ.

Die Münchner reagierten jedoch prompt und kamen nur drei Minuten später zum wichtigen 1:1. Joshua Kimmich verarbeitete einen Klärungsversuch von Jan Verthongen 20 Meter vor dem Tor, machte nach einer Finte zwei Schritte nach rechts und zirkelte den Ball unhaltbar ins linke Toreck.

In der Folge spielten bis zur 30. Minute nur die Spurs, waren nah dran am erneuten Führungstreffer, doch scheiterten immer wieder am exzellent haltenden Neuer.

Dann aber kamen die Münchner endlich auch in die Partie und kurz vor der Pause zum schmeichelhaften Treffer zum 2:1: Robert Lewandowski übernahm den Ball aus dem Gewühl im Zentrum und schloss aus der Drehung aus 18 Metern ab. Hugo Lloris streckte sich vergeblich - die Kugel schlug im rechten Toreck ein. Ein Weltklasse-Streich des Polen.

Im zweiten Durchgang zeigten die Münchner ein anderes Gesicht. Nachdem Alaba mit einer Rippenverletzung in der Kabine bleiben musste, stellte Kovac um: Kimmich wurde nach rechts hinten beordert, Benjamin Pavard wechselte auf links und Thiago kam zentral ins Spiel.

In Person von Serge Gnabry schlugen die Bayern dann binnen zwei Minuten gleich doppelt zu: In der 53. Minute ging der Flügelstürmer nach einem Doppelpass mit Pavard mit viel Tempo auf die Tottenham-Abwehrreihe zu, ließ Toby Alderweireld im Strafraum stehen und verwandelte mit einem satten Schuss ins rechte Eck.

In der 55. Minute gewann Tolisso den Ball im Aufbau der Spurs und setzte Gnabry in der linken Strafraumhälfte in Szene. Der Nationalspieler schloss direkt mit links ab und der Ball prallte vom rechten Pfosten ins Tor zum 4:1.

Sechs Minuten später öffnete sich die Partie für Tottenham wieder: Nach einem leichten Tritt von Kingsley Coman gegen Danny Rose zeigte Referee Clément Turpin auf den Elfmeterpunkt. Kane trat an und versenkte sicher mit einem Schuss ins rechte Eck.

In der Schlussphase wurden die Spurs dann jedoch schlichtweg demontiert. In der 83. Minute machte Gnabry das 5:2. Nach einem langen Ball des eingewechselten Thiago war der Offensivmann auf und davon und verwandelte ins rechte Eck.

In der 87. Minute legte Lewandowski mit seinem zweiten Treffer nach. Nach Vorarbeit von Philippe Coutinho verwandelte der Pole aus der rechten Strafraumhälfte ins linke Eck. Kurz darauf markierte Gnabry sein viertes Tor: Von Tolisso bedient, zog er aus 16 Metern ab und verwandelte wuchtig. 7:2 - der Schlusspunkt.

Nach zwei Spieltagen sind die Münchner damit in der Gruppe B mit zwei Siegen der souveräne Tabellenführer - und haben ihre Titelambitionen eindrucksvoll untermauert.

Vorjahresfinalist Tottenham hatte zuvor noch nie im Europacup zuhause sieben Gegentore kassiert - überhaupt war es die höchste Heimniederlage eines englischen Klubs im Europacup ever.

Für Mauricio Pochettino war es die höchste Niederlage seiner Trainer-Karriere. Bayerns höchster Auswärtssieg war indes ein 7:1 bei der AS Rom im Oktober 2014.

Niko Kovac (Trainer FC Bayern München): "Nach 30 Minuten sah's nicht nach einem 7:2 aus. Manuel hat uns da mit Weltklasseaktionen im Spiel gehalten. Dann aber hat sich die Mannschaft gefangen. Dann war's eine Demonstration sondergleichen. Wir haben endlich mal unsere Chancen genutzt. Das hätte sich so keiner erträumen können."

Mauricio Pochettino (Trainer Tottenham Hotspur): "30 Minuten lang haben wir wirklich sehr gut gespielt. Der Gegentreffer in der letzten Minute der ersten Halbzeit war sehr unglücklich. Danach war Bayern einfach eiskalt. Wir hatten zwar nochmal die Möglichkeit, auf 3:4 heran zu kommen. Dass wir dann noch drei weitere Tore kassiert haben, war sehr hart."

Serge Gnabry (FC Bayern München): "Wir haben eine super Performance abgeliefert, immer Druck gemacht und nie aufgehört - dann kommt auch so ein Ergebnis zustande. Das war einfach ein Super-Abend für uns. Ich habe eine Saison auf mein erstes Champions-League-Tor gewartet. Dass ich heute gleich vier schieße, hätte ich mir nicht erträumen können. Das gibt uns Mega-Selbstvertrauen. Wir haben ein Zeichen gesetzt."

Manuel Neuer (FC Bayern München): "Damit konnten wir nicht rechnen. Wir haben unsere Torchancen besser genutzt als gegen Paderborn. Der Hugo Lloris tut mir schon ein bisschen leid. In der ersten Halbzeit waren wir nicht ganz klar dominant. Tottenham hätte zur Pause auch führen können. Nach der Halbzeit sind wir aber cooler rausgekommen, haben es wirklich gut gemacht. Serge hatte einen super Tag, wie alle Offensivspieler."

Joshua Kimmich (FC Bayern München): "Wir sind relativ glücklich mit dem 2:1 in die Pause gekommen. Das hat den Spielverlauf nicht ganz wiedergegeben. Aber die zweite Halbzeit war phänomenal. Extrem, was da abging. Tottenham hat uns Fehler angeboten, die wir knallhart ausgenutzt haben. Da war jeder Schuss ein Treffer."

Nachdem Marc-André ter Stegen zuletzt stark aufspielte, sich zwischen den Pfosten des FC Barcelona mehrfach auszeichnete und die Torwart-Debatte weiter ins Rollen brachte, hielt Neuer gegen die Spurs mit einigen Top-Paraden dagegen und stärkte seine Person. Der Kapitän des FC Bayern München war einer der besten Akteure auf dem Feld, bewahrte die Münchner vor allem im ersten Durchgang mit mehreren starken Reaktionen vor einem möglichen Rückstand.

Neuer strahlt dabei eine Präsenz aus, die auf seine Gegenspieler einwirkt und diese einschüchtert - so scheint es jedenfalls. Vor allem in direkten Duellen ist der Nationalkeeper fast nicht zu überwinden - so aktuell auch im Duell um die Nummer 1 im deutschen Tor.

Die Münchner sind in hervorragender Form. In der Champions League verloren die Münchner keines der letzten zehn Auswärtspartien. Insgesamt feierten sie sieben Siege und drei Unentschieden. Damit stellt der deutsche Rekordmeister den eigenen Vereinsrekord ein.