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EM - Deutschland gegen England: Kommentar zum Aus der deutschen Nationalmannschaft bei der EURO 2020

Andreas Lehner

Update 30/06/2021 um 08:08 GMT+2 Uhr

Deutschland scheitert bei der EM gegen England an sich selbst. Es ist ein passendes Ende der Ära von Joachim Löw, weil er in seinen 15 Jahren als Bundestrainer immer wieder an zu großem Respekt vor dem Gegner scheiterte. Dieses Problem war auch schon bei diesem Turnier sichtbar geworden. Der Lerneffekt blieb aber aus. Das muss sich unter Hansi Flick jetzt ändern. Ein Kommentar von Andreas Lehner.

Thomas Müller und Deutschland scheitern an England

Fotocredit: SID

Die "German Angst". Ein im Ausland, besonders auf der Insel, feststehender und gern genutzter Begriff für die zögerliche, ja übervorsichtige Herangehensweise der Deutschen.
So war das auch am Ende dieses Achtelfinalabends im Londoner Wembleystadion. Die deutsche Elf ist auch an der eigenen Zurückhaltung gescheitert, am lähmenden Respekt vor den Three Lions. England war sicherlich ein guter, solider, robuster Gegner an diesem Abend, aber sicher kein übermächtiger.
Damit ist es auch ein bitterer letzter Abend in der Ära des Bundestrainers Joachim Löw. Denn zum einen geht der Weltmeistertrainer von 2014 mit dem Gedanken, dass hier mehr drin gewesen wäre.
Und zum anderen geht er mit dem historischen Blick, dass sich ein zu großer Respekt vor dem Gegner wie ein roter Faden durch seine Amtszeit zieht.

Das Sicherheitsdenken regierte

Als erstes fallen einem natürlich das WM-Halbfinale 2010 gegen Spanien und das EM-Halbfinale 2012 gegen Italien ein. Bei der WM in Südafrika bremste Löw seine junge und bis dahin offensiv so forsche Elf gegen die von ihm angehimmelten Spanier ein.
Bei der EM in Polen und der Ukraine warf Löw seine im Viertelfinale noch brillierende Mannschaft über den Haufen, nur um Toni Kroos als Manndecker gegen Italiens genialen Spielmacher Andrea Pirlo aufzubieten. Puyol (Spanien) und Balotelli (Italien) bestraften diese German Angst.
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Joachim Löw braucht erstmal etwas Ruhe

Fotocredit: SID

Man muss gar nicht so weit zurückschauen, um dieses Phänomen zu entdecken. Denn auch zum Auftakt bei dieser EM machte Löw seine Mannschaft vor den angeblich übermächtigen Franzosen kleiner als sie eigentlich war. Zumindest wurde im weiteren Verlauf des Turniers klar, dass die Franzosen nicht so riesenhaft sind, wie sie noch aus der Ferne erschienen - sie gewannen kein Spiel mehr.
Ähnlich verhielt es sich jetzt mit den Engländern von Gareth Southgate. Der zeigte sich ebenfalls nicht gerade selbstbewusst und passte seine Formation dem deutschen Team an. Für die Deutschen aber kein Zeichen, sich selbst vielleicht etwas größer zu machen und zumindest mit einer Prise des offensiven Mutes des Portugal-Spiels zu agieren.
Dagegen regierte das Sicherheitsdenken. Bloß keinen Fehler machen, um nicht in einen Konter zu laufen und in Rückstand zu geraten. Und wer weiß, wie sich die Partie entwickelt hätte, wenn Werner seine Großchance zur Führung verwandelt hätte.

Die Defensive bleibt die Baustelle

Aber der Konjunktiv ist im Fußball eben kein guter Begleiter. Denn neben dieser Ängstlichkeit zieht sich auch die fehlerhafte Defensivleistung durch die letzten Jahre der Löw’schen Amtszeit. Und so war es fast zwangsläufig, dass auch gegen England gravierende Fehler zu den Gegentreffern führten. Löw hat mit seiner Entscheidung für die Dreierkette keine defensive Stabilität gefunden und sein Team in vier Spielen sieben Gegentore kassiert.
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Ob Mats Hummels nochmal im DFB-Dress aufläuft ist offen

Fotocredit: SID

So bleibt in der Rückschau auf dieses Turnier eine Art Potpourri dieses Trainers, der mit seiner Mannschaft zu besten Zeiten mit Offensivfußball wie gegen Portugal eine ganze Nation begeistern konnte, aber sich in der Summe mit seinem übertrieben Respekt vor angeblich überlegenen Gegnern zu oft selbst im Weg stand – und damit noch größeren Erfolgen.
Löws Kritiker – und davon gibt es nicht wenige – dürften sich bestätigt fühlen, dass er den Absprung verpasst hat und er mit der Erneuerung des Teams nach der blamablen WM 2018 überfordert war. Es ist die einhellige Meinung, dass es jetzt auch gut ist nach 15 Jahren Löw und die Nationalmannschaft frischen Wind und eine andere personelle Besetzung braucht.
Für Hansi Flick ist die Aufgabe damit vermutlich leichter, als wenn er die Mannschaft nach einem Titelgewinn übernehmen würde – auch wenn Vieles ziemlich instabil wirkt in dieser Mannschaft und im Verband.
Aber dass er Mannschaften dieser Art auf Kurs bringen kann, hat er beim FC Bayern gezeigt.
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Emotionaler Abschied: Löw bedankt sich bei Weggefährten

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