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Boss bei Borussia Dortmund: Der resolute Thomas Tuchel

Florian Bogner

Publiziert 25/02/2016 um 11:07 GMT+1 Uhr

Thomas Tuchel managt den Kader von Borussia Dortmund hart, aber fair. Egal, wen er mal wieder auf die Tribüne setzt: gemurrt wird nicht. Vor dem Rückspiel in der Europa League beim FC Porto schaltet der BVB-Trainer nun nochmal einen Gang nach oben. "Das muss unser Tag werden!", fordert er. Denn Tuchel will Titel.

Thomas Tuchel ist unzufrieden mit der Dortmunder Leistung

Fotocredit: AFP

Als Borussia Dortmund am Mittwoch zum Spiel beim FC Porto aufschlug (21:05 Uhr im Liveticker), goss es in Strömen. Eine schöne Analogie: Vor den schönen Spielen in der Europa League, sagen wir ab dem Viertelfinale, hat der Herrgott ein paar unschöne gesetzt. Zwischenrunde in Porto, im "Drachen-Stadion", nach 2:0 im Hinspiel - da kann man eigentlich nur verlieren.
Doch das will der BVB natürlich vermeiden. "Ich erwarte, dass wir uns vom Ergebnis aus dem Hinspiel befreien und uns komplett neu auf die Aufgabe einlassen. Wir brauchen unsere beste Leistung", sagte Trainer Thomas Tuchel vor dem Match.

Tuchel führt hart, aber fair

Der Trainer des Tabellen-Zweiten der Bundesliga versteht es in seiner Debüt-Saison bereits vorzüglich, entsprechende Reize zu setzen. Nicht nur verbal, auch durch seine Nominierungen: Da ist er stets der resolute Thomas Tuchel.
Keine Frage: Der ehemalige Mainz-Coach hat in Dortmund längst in den Boss-Modus geschaltet, führt das Team hart, aber fair.
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Thomas Tuchel (Borussia)

Fotocredit: Imago

Jüngstes Beispiel: als er den Ex-Leverkusener Gonzalo Castro zum Spiel gegen dessen Ex-Klub vergangenen Samstag (1:0) nicht mal in den Kader nahm. Tuchel hatten Castros Trainingsleistungen nicht gepasst. Zeichen an alle: ich schaue genau hin! Und nominiere, wie ich es für richtig halte.
"Das sind Entscheidungen, die ich treffen muss und ich treffe sie aus einem guten Grund", sagte er zum Fall Castro. Wichtig dabei: "Es muss dem Spieler gegenüber begründbar sein."

Parallelen zu Heynckes

Tuchels Moderation erinnert durchaus an die des Jupp Heynckes in Bayerns Triple-Saison, der es auch vorzüglich verstand, die Spieler bei Laune zu halten. Obwohl nicht immer alle spielen konnten.
Vor Castro erwischte es beim BVB auch schon Shinji Kagawa, der in Berlin nicht im Kader stand. Adnan Januzaj und Jonas Hofmann sortierte er im Winter sogar gänzlich aus. Julian Weigl fand sich dagegen zuletzt öfter auf der Bank wieder als es dem Youngster lieb war.
Nationalspieler wie Marcel Schmelzer, Matthias Ginter, Erik Durm oder Sven Bender wissen nie, ob sie nun im nächsten Spiel auf dem Feld stehen oder draußen sitzen. Gemurrt wird aber nicht.
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Thomas Tuchel führt den BVB nach oben

Fotocredit: Imago

"Wir haben 21 wettbewerbsfähige Spieler im Kader. Am Ende muss ich 16 benennen. Diese Diskussion möchte ich nicht öffentlich führen", sagt Tuchel. Da ist er deutlich kühler als Heynckes, der solche Diskussionen immer warm weglächelte.

Tuchels leuchtendes Beispiel: Mchitarjan

Tuchels Team-Management ist aber auch keine Einbahnstraße: Christian Pulisic schaffte bei ihm rasant den Weg aus der U19 zu den Profis, Moritz Leitner vom Wechselkandidaten in die Startelf jüngst gegen Leverkusen. Henrich Mchitarjan liefert unter Tuchel stellvertretend für viele andere endlich die Leistungen, die man sich von ihm lange erhofft hatte.
"Mchitarjan verhält sich wie ein wahrer Champion und ist immer offen für Kritik, Lob und Verbesserungen", sagt Tuchel über sein leuchtendes Beispiel.
Der Trainer betont, dass er seine Entscheidungen "mal aus taktischen Überlegungen, mal aus dem Bauch heraus, mal aus Beobachtungen heraus" treffe. In Porto wird es wieder so laufen. "Die Rotation ergibt sich sehr spät, häufig erst am Morgen des Spieltags, wenn ich eine Nacht darüber geschlafen habe und wir alle Szenen des Gegners ausgewertet haben."

Dominant, autoritär und torgeil

Wenn dann mal einer auf der Tribüne sitzt, ist Tuchels Votum aber nie final. "Die Entscheidungen sind nie für die Ewigkeit."
Das Wichtigste aber am Tuchel'schen Rotationsprinzip: Die Mannschaft nimmt es an. Kleineren Hängern folgten diese Saison immer wieder Hochs. War's in der Hinrunde vor allem die Offensive, die glänzte, passt es aktuell vor allem in der Abwehr: fünf der letzten sechs Spiele überstand Dortmund ohne Gegentor.
Der BVB unter Tuchel, das ist: Dominant, autoritär und torgeil. Auch international: In der Europa League ist Dortmund das Team mit der höchsten Ballbesitzrate. Wettbewerbsübergreifend haben die Borussen schon 97 Tore (2,6 pro Spiel) erzielt, nur in Krasnodar (0:1) und Berlin (0:0) blieb man auswärts ohne Torerfolg.
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Thomas Tuchel mit dem BVB-Team

Fotocredit: Imago

Tuchel will Titel

Und: Tuchel ist scharf auf Titel. Der Coach weiß, dass ein zweiter Platz in der Bundesliga in seiner Debüt-Saison zwar "nice to have" ist, er sich aber mit einem Triumph im DFB-Pokal oder gar in der Europa League gleich ein kleines Denkmal setzen kann.
Deswegen forderte er vor dem Hinspiel in Porto auch "eine neue Haltung". Und sagte nun: "Wir fühlen uns bereit dafür, uns in Europa mit den Besten zu messen. Wir können einen langen Weg gehen."
Angenehm zu sehen ist, dass Tuchel, Manager Michael Zorc und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke mit einer Zunge sprechen - ähnlich wie das bei Klopp der Fall war. Zorc meint vor Porto: "Wenn man nicht klar im Kopf ist, könnte das Hinspiel-Ergebnis trügerisch sein."
"Wir müssen alle Sinne schärfen - 95 Prozent werden in Porto nicht reichen", sagte Watzke im Tuchel-Modus. "Wir müssen von Anfang an klar machen, dass wir in die nächste Runde wollen."
Für den Trainer ist derweil selbstverständlich, dass der BVB auch in Porto "die Initiative ergreifen" muss. "Das muss unser Tag werden! Das ist unser Anspruch", sagt er. Selbst bei Regenwetter.
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