Top-Sportarten
Alle Sportarten
Alle anzeigen
Opinion
Fußball

FIFA-Boss Sepp Blatter verliert im Machtspiel den Fußball aus den Augen

Michael Wollny

Update 26/05/2015 um 16:41 GMT+2 Uhr

Während man in Blatters Elfenbeinturm alle Anstrengungen darauf verschwendet, Macht zu bewahren, Macht zu verteilen und Macht zu erhalten, bleiben nötige Reformen auf der Strecke und sinnvolle Vorschläge ungehört.

Joseph Blatter ist seit 1998 FIFA-Präsident

Fotocredit: Getty Images

Wenn man über den Fußball-Weltverband FIFA eine Zustandsbeschreibung abgeben will, dann kann man das so martialisch tun, wie Diego Maradona es tut.
Die "Hand Gottes" verteilt nicht nur Ohrfeigen, sondern ballt sich beim Gedanken an Sepp Blatter zur Faust, um wortgewaltig zuzuschlagen.
Blatter sei ein "Diktator auf Lebenszeit" giftet Maradona, die FIFA ein "Spielplatz für die Korrupten" und der Fußball unter der Fuchtel dieser FIFA "zu einer Schande" und "Peinlichkeit" verkommen. Die "Fußball-Kultur" liegt im Sterben, klagt Maradona, niedergemeuchelt von der "Mafia-Kultur" unter Joseph S. Blatter.
picture

Diego Maradona (Reuters)

Fotocredit: Eurosport

Das klingt hart. Doch die eigentliche Härte ist, dass man nicht widersprechen kann.
Um im Duktus des Fußballs zu bleiben: Die FIFA ist ein Chancentod!
Nicht etwa, weil sie regelmäßig bei der Verwertung sich bietender Möglichkeiten in guter Absicht versehentlich das gemeinnützige Ziel verfehlt, sondern weil sie die Chancen absichtlich nicht nutzt und dabei eigennützige Ziele verfolgt.
Auf diese Weise lässt sich am besten die Frage beantworten, warum Sepp Blatter so lange die Fäden in der Hand hielt, sie immer noch hält und auch noch länger halten wird.
Blatter lässt seit 1998 im Weltfußball die Puppen tanzen. Tanzt eine aus der Reihe, wird der Leitfaden zur Macht durchtrennt. Der Abweichler macht dann gar nichts mehr. Mal durch Zwang, mal freiwillig.
So wie Luis Figo, der als Blatters Gegenkandidat zunächst noch die Hoffnungen auf einen Neuanfang schulterte, Hoffnung auf Glaubwürdigkeit und Seriosität, ehe er frustriert das Handtuch warf, angenervt von Klüngelei und Scheinheiligkeit:
Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie Verbandspräsidenten zunächst FIFA-Führungspersonen mit dem Teufel verglichen - und dann, am nächsten Tag auf der Bühne, mit Jesus Christus.
Während man in Blatters Elfenbeinturm alle Anstrengungen darauf verschwendet, Macht zu bewahren, Macht zu verteilen und Macht zu erhalten, bleiben nötige Reformen auf der Strecke und sinnvolle Vorschläge ungehört.
Fragwürdige Bestrafung
Es geht dabei nicht nur um himmelschreiende Fehlentscheidungen, um korrumpierte WM-Vergaben, die unweigerlich aus der Schattenwelt des Weltverbandes ins rechte Licht gerückt werden.
Es geht eben auch um die kleinen Entscheidungen, die den Alltag des Fußballs betreffen, das Spiel auf dem Rasen. Es geht um die Chance zur Veränderung. Chancen, die erneut ungenutzt bleiben.
picture

Bleibt brisant: Umstrittene WM-Vergabe nach Katar

Fotocredit: SID

Wie nun mit der Weigerung der FIFA, das gegenwärtige Disziplinarreglement endlich auf seine unbestrittene Unverhältnismäßigkeit zu überprüfen. Allem voran die drakonische Dreifachbestrafung, mit der ein einziges Foul gravierende Folgen für das Spiel und darüber hinaus haben kann.
Platzverweis, Elfmeter plus nachträgliche Spielsperre. Dieser geregelte Spannungskiller hat schon vielen Thrillern jeglichen Reiz genommen.
Strafe für Emotionen
Andere Unsinnigkeiten der FIFA sanktionieren Emotionen. Etwa die Gelbe Karte für ausgelassenen Torjubel, weil der Spieler im Moment größter medialer Aufmerksamkeit seinen durchtrainierten Oberkörper zeigt, anstatt den zahlenden Trikotsponsor.
So wie die Gelbe Karte für Jubel mit den Fans. Strafe für geteilte Freude mit jenen, die den Fußball erst zu dem machen, was Marketingexperten so dankbar monetarisieren?
picture

Gelbe Karte für "verbotenen" Torjubel

Fotocredit: AFP

Die Tage, in denen Torschützen von Feld bis Fanblock 200 Meter Tartanboden für ihren zeitintensiven Jubel überwinden mussten, sind vorbei. In den modernen Arenen sind die Wege kurz. Der Fußball lebt von dieser Nähe.
Doch dies zu verstehen erfordert Empathie - für den Zauber des Sports, für Emotionen und Leidenschaft. Doch bei der FIFA ist man zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
Um den Fußball kann man sich da ja nicht auch noch kümmern.
Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Ähnliche Themen
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung