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Transfers, die grandios scheiterten: Zlatan Ibrahimovic zu FC Barcelona

Tobias Hlusiak

Update 04/05/2020 um 00:53 GMT+2 Uhr

Als Zlatan Ibrahimovic im Jahr 2009 zum FC Barcelona kam, waren die Erwartungen groß. Doch die Verpflichtung des Schweden brachte den Katalanen kein Glück. Besonders mit Star-Trainer Pep Guardiola geriet der Schwede immer wieder aneinander. Warum ein Fitnesstrainer das Fass zum überlaufen brachte, erfahrt Ihr in Teil zwei unserer Serie über große Transferversprechen, die nie eingelöst wurden.

Pep Guardiola und Zlatan Ibrahimovic

Fotocredit: Imago

Zlatan Ibrahimovic misst 1,95 Meter. Lionel Messi dagegen ist nur 1,70 Meter groß.
Warum das wichtig ist? Nun, einer der größten Transfers der jüngeren Fußballgeschichte scheint an diesen beiden Werten zerbrochen zu sein. Der Wechsel des schwedischen Hünen, der mit allerlei Trara zum katalonischen Starensemble um den quirligen Argentinier wechselte, dort aber nur Chaos verursachte und schließlich das Weite suchte.
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Aber der Reihe nach.
Denn eigentlich ergibt der Plan, den die Bosse des FC Barcelona um ihren Trainer Pep Guardiola in diesem Sommer 2009 schmieden, sehr wohl Sinn.
Stürmerstar Samuel Eto'o wird den Klub verlassen - in Richtung Inter Mailand. Also muss für die Katalanen ein neuer Stürmer her. Man entscheidet sich für eine Art Tauschgeschäft mit den Italienern.
Für Inter-Angreifer Ibrahimovic zahlt Barça am Ende noch 69,5 Millionen Euro. "Er ist körperlich stark, löst sich rasch von den Verteidigern und hält den Ball mit dem Rücken zur Verteidigung. Das ermöglicht es uns, neben ihm einen zweiten Stürmer aufzubieten”, schwärmt Guardiola in seiner ersten Pressekonferenz der Saison 2009/2010.
Und die Investition scheint sich auszuzahlen. Denn Ibrahimovic legt los wie die Feuerwehr. In seinen ersten sieben Spielen trifft der Schwede sieben Mal.
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Ibrahimovic Barcelona v Osasuna

Fotocredit: Eurosport

Fitnesstrainer Buenaventura bekommt sein Fett weg

Im November verletzt sich "Ibra" dann. Und das Unheil nimmt seinen Lauf.
Es ist die Woche vor dem "Clásico" gegen Real Madrid und der Stürmer klagt über Probleme mit dem Muskel. In den Barça-Katakomben diskutiert Guardiola mit Fitnesstrainer Lorenzo Buenaventura über den Gesundheitszustand des Stars. Einer Meinung ist man nicht.
Ibrahimovic bekommt das mit und fährt aus der Haut. "Spiel' keine Spielchen mit mir, oder ich reiß' dir den Kopf ab", brüllt er Buenaventura an. Es ist der erste von vielen Ausrastern des egozentrischen Stars. Die meisten hält er selbst in seiner Biographie "Ich bin Zlatan" fest.

Zlatan fordert Aussprache mit Pep

Das Vertrauensverhältnis zwischen Trainerstab und Spieler ist fortan erschüttert - selbst als dieser wieder auf dem Platz steht. So sehr, dass Zlatan noch vor Weihnachten eine Aussprache mit Pep und dessen Kumpel, Sportdirektor Tixi Beguiristain, fordert.
Der damals 28-Jährige ist mit der taktischen Ausrichtung nicht einverstanden. "Ich brauche mehr Zuspiele von Xavi und Iniesta", fordert er, "sie sehen nur Messi, dabei bin ich doppelt so groß wie er."
Wenn ich einen Raum betreten habe, hat er ihn verlassen.
Nach dem tollen Saisonstart des Schweden soll Platzhirsch Messi - besorgt um seine Ausnahmestellung im Verein - ein neues Spielsystem gefordert haben. Das jedenfalls ist Ibrahimovics Darstellung.
Der sechsfache Weltfußballer habe seine Sonderrolle knallhart ausgenutzt und plötzlich nicht mehr auf dem Flügel spielen wollen, sondern im Zentrum. Also wurde die Taktik umgestellt. In der Mitte fehlten Ibrahimovic dadurch Freiheiten, die er für sein gewohntes Spiel braucht.
Die angedachte Aussprache unter sechs Augen verfehlte ihren Sinn aber vollkommen. Guardiola schnitt seinen Spieler von diesem Moment an. Er soll ihn keines Blickes mehr gewürdigt haben. "Wenn ich einen Raum betreten habe, hat er ihn verlassen. Er hat alle gegrüßt, nur mich nicht", so der schwedische Nationalspieler.

Barcelona hat ein taktisches Problem

"Zlatan hat nach seiner Zeit in Barcelona immer betont, dass Pep nicht der große, unverwundbare Trainer sei, für den er gehalten wird. Ganz im Gegenteil. Er sei eine schreckliche Person", erläutert Felix Martin, Barça-Experte von Eurosport in Spanien. Und weiter:
"Der Auslöser aller Probleme dürfte aber Messi gewesen sein. Auf jedem Schiff kann es eben nur einen Kapitän geben. Das war und ist beim FC Barcelona eben Lionel Messi. Seine Aufgabe ist es, Tore zu erzielen. Das große Ego von Ibrahimovic ist damit nicht vereinbar."
Hebt man die Lage des FC Barcelona im Winter des Jahres 2009 auf die taktische Ebene - und lässt die privaten Scharmützel weg - wird das Dilemma deutlich.
Ibrahimovic ist ein großer, raumgreifender Spieler. Er ist ein Wandspieler, einer der im Zentrum Bälle festmacht, im Strafraum zur Stelle ist. Er ist aber kein klassischer Kombinationsspieler, der im damals praktizierten Tiki-Taka aufgeht.
Barcelona setzte auf eine "falsche 9" - ein Offensivsystem, bei der sich alle Spieler im Angriff viel bewegen, um die gegnerische Verteidigungsreihe zu verwirren. Über Jahre wurde dieses System perfektioniert, das Barça-Spiel strotzte vor Rhythmus. Zlatan brach diesen.
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Zlatan Ibrahimovic Lionel Messi

Fotocredit: Eurosport

Zlatan bedroht Guardiola

Sachlich wurde das "Zlatan-Problem" aber eher selten diskutiert. Vielmehr eskalierte es mehr und mehr.
Anfang des Jahres 2010 kam der Schwede verspätet und mit Hautverletzungen im Gesicht aus dem Winterurlaub zurück. Er war ohne ausreichenden Schutz mit einem Motorschlitten gefahren - ein klarer Verstoß gegen die Verhaltensregeln beim katalanischen Vorzeigeklub.
Der Stürmer war nun zum hauptberuflichen Provokateur geworden. Er ignorierte Guardiolas Anweisungen und drohte seinem Coach öffentlich. "Er sollte vorsichtig mit mir sein, vielleicht verliere ich im Training die Kontrolle über meinen Arm und haute ihm eine runter", schrieb er später über diese Zeit. "Ich fühlte mich beschissen, wenn ich in der Umkleidekabine saß und Guardiola mich anstarrte, als wäre ich eine ärgerliche Ablenkung."
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Ibrahimovic beim FC Barcelona

Fotocredit: Getty Images

Schuljungen und ein Sportwagen

Trotz 46 Spielen, in denen Ibrahmovic vorzeigbare 22 Tore und 13 Assists anhäufte, war die Stimmung derart vergiftet, dass keine Besserung mehr möglich war. Zu verschieden waren der "selbsternannte Fußballgott" Zlatan und seine Mitspieler - auch allesamt Weltstars.
Ibrahimovic bezeichnete die Barça-Profis trotzdem als "kleine Schuljungen, die blind ihrem Trainer folgen".
"Es gab bei Barcelona solch irrwitzige Regeln", führte er rückblickend aus. "Man durfte zum Beispiel nicht mit seinem Sportwagen zum Vereinsgelände fahren. Aber es geht doch niemanden was an, mit welchem Wagen ich komme. Also bin ich eines Tages mit meinem Ferrari Enzo vorgefahren und habe dafür ordentlich Ärger bekommen - wie lächerlich."
Höhepunkt der Saison war ein Vorfall in der Kabine, als Ibrahimovic seinen Coach vor versammelter Mannschaft anschrie: "Du hast keine Eier! Du hast Angst vor José Mourinho. Fahr' doch zur Hölle."
Wenige Tage später flog Barça im Champions-League-Halbfinale gegen Mourinhos Inter raus.
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Zlatan Ibrahimovic und Pep Guardiola beim FC Barcelona 2009/10

Fotocredit: Imago

Am Ende geht alles ganz schnell

Am 28. August 2010 schließlich war die Quälerei folgerichtig vorbei: Ibrahimovic wechselte auf Leihbasis zum AC Mailand, ein Jahr später kaufte ihn sein Ex-Klub komplett zurück. Da hatte Guardiola mit Barça gerade noch einmal die Champions League gewonnen. Ohne Zlatan.
Der allerdings bereut seine Zeit in Katalonien nicht. "Ich habe mir einen Traum erfüllt, als ich für den FC Barcelona gespielt habe", sagte er schon 2012. "Leider dauerte er nur ein Jahr lang..."
Der Top-Fußball wird von seinen Superstars geprägt. Besonders dann, wenn sie den Verein wechseln, wird der Einfluss der Ausnahmespieler sichtbar. Eurosport.de blickt auf die Transfers, die die Kräfteverhältnisse in den vergangenen 25 Jahren nachhaltig veränderten, oder eben nicht. Alle bisherigen Teile der Serie(n) kannst Du hier lesen:
Transfers, die grandios scheiterten:
Die Königstransfers des Fußballs:
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