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José Mourinho bei der AS Rom: Warum "The Special One" die kleinere Bühne gut tut

Marc Hlusiak

Update 17/09/2021 um 16:06 GMT+2 Uhr

José Mourinho und seine AS Rom sind aktuell das Team der Stunde in der Serie A. "The Special One" krempelte den Traditionsklub in Rekordzeit auf links und führt die Liga ungeschlagen an. Dabei ist zu erkennen, dass dem exzentrischen Portugiesen, dem Zeit seiner Karriere Arroganz vorgeworfen wird, die kleinere Bühne merklich guttut. Oder wird in Italien gerade gar ein neuer Mourinho geboren?

Jose Mourinho - Trainer der AS Roma

Fotocredit: Getty Images

"Quello Speciale" - das ist die Übersetzung von "The Special One" ins Italienische. Sie müsste damit auch der italienische Spitzname für José Mourinho sein, der gerade mit der Roma die Serie A aufmischt.
Ungeschlagener Tabellenführer vor den ebenfalls perfekt gestarteten Milan und Napoli, acht Punkte Vorsprung auf das historisch schlecht in die Saison gekommene Juventus Turin auf Rang 16 - dazu in allen drei internationalen Spielen siegreich.
Doch "Quello Speciale" nennt den Portugiesen in Italien trotzdem niemand - und wahrscheinlich wäre dem 58-Jährigen das auch gar nicht so recht. Schließlich ist Englisch die Weltsprache, die jeder versteht. "The Special One" klingt daher internationaler, relevanter, allgemeingültiger.
Und eben diese Attribute will sich der Star-Coach, der in den vergangenen Jahren so viel an Strahlkraft verloren hat, wieder anheften. Dafür scheint ihm die kleinere Bühne bei der AS Rom gutzutun.

Ein neuer Mourinho wird geboren

Eines dürfte klar sein: Wenn es nach ihm ginge, wäre Mourinho noch immer Trainer eines Champions-League-Klubs. Doch die vergangenen Jahre waren eben nicht sonderlich förderlich für sein Image. Seinen letzten Pokal holte er 2017, als er mit Manchester United die Europa League gewann, der letzte Ligatitel stammt aus dem Jahr 2015 (englische Meisterschaft mit dem FC Chelsea).
Nach seiner Zeit bei den Königlichen (Juli 2010 - Juni 2013) machte er Station beim FC Chelsea (Juli 2013 - Dezember 2015), Manchester United (Juli 2016 - Dezember 2018) und Tottenham (November 2019 - April 2021) - bis auf besagter Europa-League-Titel blieben Erfolge aus.
Im Sommer dann kehrte er seiner geliebten Premier League den Rücken und versucht nun den Neuanfang in südlicheren Gefilden in Rom - und damit auch in der neugeschaffenen Conference League, der europäischen dritten Liga.
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José Mourinho (Roma)

Fotocredit: Getty Images

Eigentlich kein Wettbewerb, der zum exzentrischen, manchmal arrogant wirkenden Portugiesen passt. Doch genau dieser Diskrepanz zwischen seinem Ego und dem Wettbewerb, in dem er sich nun wiederfindet, scheint dieser Tage ein neuer Mourinho zu entspringen.
"Heute ist er im Vergleich zu vor einigen Jahren ruhiger und friedlicher", berichtet Carlo Filippo Vardelli, der Mourinho als Eurosport-Reporter in Italien genau beobachtet. "Er scheint Frieden mit der Welt geschlossen und einen sanfteren Ansatz akzeptiert zu haben. Er hat weniger Lust, in den Krieg zu ziehen."
Zudem verändere ihn das fortschreitende Alter nicht nur äußerlich, sondern auch von innen heraus.

Mourinho baut die Roma um

Dass der "neue" Mourinho sein Kerngeschäft immer noch bestens versteht, zeigt der Saisonstart in Italien gerade eindrucksvoll. Mourinho hat im Vergleich zu seinem Vorgänger Paulo Fonseca, der in der vergangenen Saison nur aufgrund des direkten Vergleichs den 7. Platz gegen Sassuolo verteidigte und so überhaupt erst in den internationalen Wettbewerb einzog, taktisch einige Änderungen vorgenommen.
Mou wechselte von Dreier- auf Viererkette und versah diverse Spieler mit veränderten Aufgaben im Spiel. Gianluca Mancini, der unter Fonseca oft den rechten Part in der Dreierkette übernahm und in Ballbesitz mit diversen Offensivisaufgaben betraut war, ist nun in der Innenverteidigung gesetzt. Matias Vina (Linksverteidiger) und Rick Karsdorp (Rechtsverteidiger) geben aus der Viererkette heraus hochstehende, die Flügel bearbeitende Schienenspieler.
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José Mourinho und sein Kapitän Gianluca Mancini

Fotocredit: Getty Images

Im Mittelfeld wurde zudem die Rolle von Gonzalo Villar durch Bryan Cristante ersetzt, der nicht ganz so offensiv denkt, dafür aber gegen den Ball etwas physischer daherkommt. Jordan Veretout komplettiert als klassischer Abräumer die starke Doppelsechs.
In der Offensivreihe ist Lorenzo Pellegrini der Dreh- und Angelpunkt, um ihn herum kreisen Henrikh Mkhitaryan und Nicolò Zaniolo. Tammy Abraham kompensiert den Abgang von Edin Dzeko zu Stadtrivale Lazio bisher ausgezeichnet, auch wenn er ein ganz anderer Stürmertyp als der Bosnier ist.

Mourinho formt ein starkes Kollektiv

Doch anders heißt nicht zwangsläufig schlechter, wie Vardelli berichtet, der Abraham schon jetzt als echten Anführer beschreibt. Der für 40 Millionen vom FC Chelsea verpflichtete Stürmer steht nach drei Spieltagen in der Serie A bereits bei drei Scorerpunkten (ein Tor, zwei Assists), ist zudem lauffreudig und arbeitet gut gegen den Ball.
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Tammy Abraham

Fotocredit: Getty Images

Doch viel mehr als die individuelle Klasse der Spieler beeindruckt bei der Roma das Kollektiv - ein klarerer Verdienst Mourinhos, wie Abwehrchef Mancini kürzlich verriet: "Er hat Mentalität mitgebracht, vom ersten Training an haben wir das gespürt. Er fordert sie jeden Tag aufs Neue von uns ein, ob im Training oder im Spiel. Es gibt keine Session, in der wir es etwas langsamer angehen lassen. Es ist sein größter Wunsch, uns allen seine Mentalität zu vermitteln. Zudem gibt er allen Spielern das Gefühl, wichtig zu sein."
Wo also kann es noch hingehen in dieser Saison? Ist der starke Saisonstart vielleicht sogar mehr als nur eine Momentaufnahme? Darf man bei der Roma nun gar vom Scudetto träumen?
"Nein", sagt Vardelli klar und deutlich. "Die Roma muss um die Champions-League-Qualifikation und einen Titel in der Coppa Italia oder Conference League spielen - und das wird schwer genug."
Doch was ist schon wirklich schwer genug für "Quello Speciale" - äh … "The Special One"?
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