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Die Krise beim FC Bayern München trifft auch Deutschland

Fabian Kunze

Update 15/11/2018 um 21:07 GMT+1 Uhr

Noch zwei Spiele, dann ist das Katastrophenjahr 2018 für die deutsche Nationalmannschaft beendet - endlich, will man rufen. Doch die Probleme des DFB-Teams werden nicht einfach durch eine neue Jahreszahl verschwinden. Joachim Löw ist erstmals als Krisenmanager gefragt. Dabei muss er nicht nur mit den Problemen der DFB-Elf kämpfen, sondern auch mit denen des FC Bayern München.

Thomas Müller und Mats Hummels

Fotocredit: Getty Images

Manuel Neuer ist mit sich "im Reinen". Der Nationaltorhüter und Kapitän des FC Bayern München sieht sich auf dem aufsteigenden Ast. "Ich bin in guter Form und denke auch, dass ich gegen Dortmund ein gutes Spiel gemacht habe", sagte Neuer auf einer Pressekonferenz in einer Leipziger Schule.
Keine Frage: Neuer ist nach fast einem Jahr ohne Spielpraxis dabei, Form aufzubauen. Doch ein nahezu fehlerfreier Rückhalt wie zu Zeiten des WM-Titels 2014 ist der 32-Jährige nicht. Besonders das Timing bei Flanken und beim Verlassen der Linie bereiten dem viermaligen Welttorhüter Schwierigkeiten.
Letztes Beispiel: Den Elfmeter vor dem 2:2-Ausgleich im Bundesliga-Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund, als er Marco Reus zu Fall brachte, muss sich Neuer ankreiden lassen.
Damit ist Neuer nicht der einzige Bayern-Spieler, der einen schweren Rucksack mit zu Nationalmannschaft bringt.

Hummels und Müller im Formtief

Mats Hummels, gegen den BVB mit einer saftigen Erkältung ins und nach zwei kapitalen Fehlern frühzeitig aus dem Spiel gegangen, befindet sich ebenso im Formtief wie Teamkollege Thomas Müller.
Der 29-Jährige kommt seit dem zweiten Bundesliga-Spieltag wettbewerbsübergreifend gerade einmal auf eine Torbeteiligung – beim schmeichelhaften 2:1 im DFB-Pokal gegen den SV Rödinghausen.
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Thomas Müller (l.) und Mats Hummels im Trikot des FC Bayern

Fotocredit: Imago

Nun liegt es vor allem an Bayern-Trainer Niko Kovac, seine Stars wieder zur vollen Leistungsfähigkeit zu bringen. Doch das Problem der Münchner ist ein Stückweit auch das von Bundestrainer Joachim Löw. Läuft es beim Rekordmeister rund, sind die Spieler auch in der Nationalmannschaft wichtige Stützen – derzeit gilt allerdings das Gegenteil.

Bayern-Block bröckelt

Löw kann sich nicht uneingeschränkt auf seinen Bayern-Block verlassen und hat erste Konsequenzen aus der Situation gezogen. Jérôme Boateng (30) erhielt vom Bundestrainer eine Auszeit, bei der die realistische Möglichkeit besteht, dass diese sich nicht nur auf die beiden letzten Länderspiele 2018 gegen Russland (Donnerstag, 20:45 Uhr im Liveticker bei Eurosport.de) und die Niederlande (Montag, 20:45 Uhr im Liveticker bei Eurosport.de) erstreckt, sondern endgültig ist.
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Jerome Boateng

Fotocredit: Eurosport

Das wollte Nationalmannschafts-Direktor Oliver Bierhoff zumindest nicht dementieren. "Man verlangt von uns häufig eine finale Aussage, aber die können wir in der Nationalmannschaft gar nicht geben", sagte Bierhoff, der Boatengs Pause auch mit dem Umbruch innerhalb des Teams in Verbindung brachte.
"Klar ist auch: Wir wollen den jungen Spielern mehr Platz geben", so Bierhoff: "Wir wissen aber auch, dass das ein Prozess ist."

Alternativen stehen bereit

Mit Neuer, Hummels und Müller ist zudem ein weiteres Bayern-Trio aus der Weltmeister-Mannschaft weit von der Form vergangener Tage entfernt, sodass sich die Frage aufdrängt, wie Löw mit diesen verdienten, aber formschwachen Spielern umgehen wird. Zumal auf allen Positionen Ersatz bereitsteht – teilweise sogar aus dem eigenen Klub.
Eine echte Alternative für die Startelf ist Serge Gnabry. Der 23-Jährige erzielte zuletzt sein erstes Tor im Bayern-Trikot und leitete bei der Niederlage im Liga-Gipfel in Dortmund die beiden Münchner Treffer ein.
Er wäre eine Option für die sonst häufig von Müller beackerte rechte Außenbahn. Sucht man eine Müller-Vertretung hinter der Spitze, bietet sich der zumindest formstabile Leon Goretzka an.
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Serge Gnabry vom FC Bayern München

Fotocredit: Imago

Auch in der Innenverteidigung könnte Löw anstatt auf Hummels auf einen anderen Bayern-Star zurückgreifen. Niklas Süle präsentierte sich zuletzt als stabilster Pfeiler der Münchner Defensive – sieht man einmal von Joshua Kimmich ab, der auf der Position des Rechtsverteidigers immer mehr zum neuen Philipp Lahm wird und seine Leistung fast unbemerkt fehlerfrei abspult.

Doppeltes Dilemma

So befinden sich die formschwachen Bayern-Kicker in einem doppelten Dilemma. Im Verein scheint die Form aktuell nicht so recht ansteigen zu wollen. In der Nationalmannschaft - lange Zeit Wohlfühlbecken, um Formdefizite zu bekämpfen und gestärkt ins Tagesgeschäft zurückzukehren – werden die Leistungen nun ebenfalls kritisch hinterfragt. Solange die Erfolge ausbleiben, kann es sich Löw also eigentlich nicht erlauben in Nibelungentreue zu Spielern zu stehen, die sportlich entbehrlich scheinen.
Der Bundestrainer will den Neustart im Nationalteam langsam und leise angehen. "Einen Umbruch kann man nicht von heute auf morgen bewerkstelligen und eine neue Mannschaft nicht auf einen Schlag aus dem Boden stampfen", erklärte Löw. Der "Mix aus Jung und Alt" müsse für ihn stimmen, so der 58-Jährige, der damit auch Einsätze von Neuer (32), Hummels (29) und Müller (29) vorab rechtfertigte.
Dass die Treue nicht ewig halten muss, hat der Fall Sami Khedira gezeigt. Der 31-Jährige machte sein letztes Länderspiel Ende Juni beim blamablen WM-Aus gegen Südkorea. Seitdem fand sich der Mittelfeldspieler nicht mehr im DFB-Kader wieder. Der leise Umbruch hat eben begonnen.
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