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Handball-WM 2021: Drei Dinge, die bei der DHB-Niederlage gegen Ungarn im Vorrunden-Finale auffielen

Eurosport
VonEurosport

Update 20/01/2021 um 10:08 GMT+1 Uhr

Im letzten Vorrundenspiel bei der Handball-WM hat die deutsche Nationalmannschaft knapp gegen Ungarn verloren. Die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason lag in der Partie häufig zurück, konnte zu selten ihr volles Potenzial abrufen und steht nun vor einer schwierigen Ausgangsposition in der Hauptrunde. Drei Dinge, die uns im umkämpften Duell bei der DHB-Auswahl auffielen.

Deutschland verliert bei der WM 2021 sein Duell mit Ungarn

Fotocredit: Getty Images

Die Enttäuschung bei den deutschen Nationalspielern nach der 28:29 (14:15)-Niederlage gegen Ungarn war groß. "Das zieht einem den Boden unter den Füßen weg", sagte Kapitän Uwe Gensheimer nach dem Spiel.
Das DHB-Team zeigte in manchen Phasen eine schwache Leistung, überzeugte aber kämpferisch und kam immer wieder heran. Im zweiten Durchgang lag die deutsche Mannschaft sogar in Führung, stand am Ende aber mit leeren Händen da.
Durch die Niederlage geht die DHB-Auswahl mit nur zwei Punkten in die Hauptrunde. Dort dürfen sich Julius Kühn, Timo Kastening und Co. in den Spielen gegen Spanien, Polen und Brasilien keinen Patzer mehr erlauben, um das klare Ziel Viertelfinaleinzug nicht zu verpassen.
Drei Dinge, die uns in der Analyse der Partie auffielen:

1. Gislason scheut harte Entscheidungen nicht

Im Vergleich zum ersten WM-Spiel gegen Uruguay hatte Alfred Gislason vor der Partie gegen Ungarn drei Veränderungen im Sechzehner-Kader vorgenommen. Erwartungsgemäß rückte Torhüter Andreas Wolff für Silvio Heinevetter ins Team und Patrick Groetzki ersetzte den am Meniskus verletzten Tobias Reichmann. Dass Antonio Metzner für Marian Michalczik in die Mannschaft rückte, war dagegen unerwartet. Noch überraschender aber war, dass Gislason in der Startformation auf Linksaußen Marcel Schiller statt Kapitän Uwe Gensheimer ins Spiel schickte.
Damit zeigte der 61-jährige isländische Erfolgstrainer: Leistung sticht Renommee. Gensheimer gilt zwar als bester Linksaußen des Welthandballs und bringt die Erfahrung von rund 190 Länderspielen mit, doch im ersten WM-Spiel gegen Uruguay lieferte der 34-Jährige keine gute Leistung. Gensheimer vergab einige gute Chancen, Schiller dagegen überzeugte im zweiten Durchgang. Gegen Ungarn spielte Schiller eine starke erste Hälfte, erzielte sieben Tore und verwandelte alle seine vier Sieben-Meter-Strafwürfe. Gensheimer, der in der zweiten Halbzeit spielte, erzielte nur ein Tor.
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DHB-Kapitän Uwe Gensheimer

Fotocredit: SID

Auch im Rückraum reagierte Gislason im Spielverlauf und ersetzte Julius Kühn, der auf Halb-Links die erste Wahl ist, in der entscheidenden Phase im zweiten Durchgang durch Paul Drux. Kühn fand von Beginn schlecht ins Spiel und scheiterte vor allem in der ersten Halbzeit häufig mit seinen gefürchteten Distanzwürfen am gegnerischen Torwart oder der Latte. Drux war in der zweiten Halbzeit dagegen einer der besten Spieler seiner Mannschaft. Der 25-Jährige gewann offensive Zweikämpfe, erzielte drei Tore und verlieh dem DHB-Team wichtige Durchschlagskraft.
Eine ähnliche Entscheidung traf Gislason auf der Torhüterposition. Weil Stammtorhüter Wolff keinen guten Tag erwischte, wechselte der Bundestrainer schon im ersten Durchgang den 38-jährigen Bitter ein, der maßgeblich an der Aufholjagd Ende der ersten Halbzeit beteiligt war. Gislason hat also keine Angst davor, harte Personalentscheidungen zu treffen. Gegen Ungarn brachte das aber noch nicht den gewünschten Erfolg.

2. Deutschland verliert das Spiel in der Abwehr

Alfred Gislason hatte schon im Medientermin vor dem Spiel gegen Ungarn keinen Zweifel daran gelassen, wie wichtig die Abwehrleistung sei. „Unsere Abwehr, die bisher sehr gut funktioniert hat, muss gegen Ungarn deutlich aggressiver nach vorne arbeiten, weil Ungarn mehrere Rückraumspieler hat, die von der körperlichen Größe her deutlich leichter über unseren Innenblock werfen können“, sagte der Bundestrainer. „Deshalb brauchen wir einen guten Tag in der Abwehr.“
Nach dem Spiel kann man festhalten: Gislason hat die Stärken der Ungarn richtig beobachtet, der Abwehr ist aber keine Leistungssteigerung gelungen. Vor allem in der ersten Halbzeit spielte die Verteidigung richtig schwach. Die 6:0-Deckung agierte zu passiv, die Rückraumspieler wurden zu wenig bis gar nicht attackiert. So konnten der starke Dominik Máthé, der insgesamt acht Tore erzielte, oder auch Gábor Ancsin (zwei Treffer) viel zu oft aus dem linken Rückraum mit ihrer Wurfgewalt glänzen.
Dazu kam, dass auch die Absprache im Innenblock nicht stimmte. Über 60 Minuten gelang es nicht, die Kreisläufer unter Kontrolle zu bringen. Bence Bánhidi warf ebenfalls acht Tore und war vor allem in der zweiten Halbzeit ein wichtiger Faktor, weil er nach deutschen Führungstreffern immer wieder den Ausgleich besorgte. Sebastian Firnhaber kassierte schon in der 21. Spielminute seine zweite Zwei-Minuten und hätte bei einer weiteren Zeitstrafe die Rote Karte gesehen, auch das spielte der deutschen Abwehr nicht in die Karten.
In der zweiten Halbzeit steigerte sich das deutsche Team in der Deckung zwar – Paul Drux brachte dem Team viel Stabilität, auch Fabian Böhm setzte gute Akzente – insgesamt war die Abwehr aber auch in den entscheidenden Situationen in der Schlussphase nicht griffig genug. Schon in einer Auszeit kritisierte Gislason seine Mannschaft: "Wir kriegen nicht genug Zugriff in der Abwehr und verlieren zu viele Bälle." Nach dem Spiel sagte der Isländer mit Blick auf das erste Hauptrundenspiel am Donnerstag gegen Spanien: "Da müssen wir einen deutlich besseren Innenblock in der Abwehr stellen." Sinnbildlich war das entscheidende Gegentor durch Máté Lékai, der im Zentrum in die Nahwurfzone lief, von den deutschen Spielern nicht entscheidend gestört wurde und so den 29:28-Siegtreffer erzielen konnte.

3. Physisches Spiel der Ungarn macht DHB-Team zu schaffen

Kreisläufer Bence Bánhidi: 2,04 Meter. Die Rückraumspieler Richárd Bodó und Dominik Máthé: 2,03 Meter und 2,01 Meter. Die körperliche Wucht, mit der die ungarische Nationalmannschaft spielt, ist keine Überraschung – und trotzdem ist dagegen extrem schwer anzukommen. Die deutsche Mannschaft hatte damit aber nicht nur in der Abwehr ihre Probleme, sondern auch bei eigenem Ballbesitz. Denn Ungarn verstand es durch starke Beinarbeit und taktische Ausrichtung, die deutschen Rückraumspieler nicht zur Entfaltung kommen zu lassen.
Und wenn die DHB-Spieler doch mal den Weg zum Sechs-Meter fanden, wurde es zumeist schmerzhaft. Ungarn spielte sehr hart. Bestes Beispiel: In der 10. Spielminute lief Timo Kastening, übrigens rund 1,80 Meter groß, auf Máthé zu, passte den Ball zu einem Mitspieler und wurde vom Ungarn so unsanft wie unnötig in den Rücken gestoßen. Máthé musste dafür für zwei Minuten von der Bank aus zuschauen.
Insgesamt sprach das Schiedsrichter-Gespann 14 Zeitstrafen aus, sieben für Deutschland und sieben für Ungarn. Bei Deutschland kassierten beide Innenblockspieler Sebastian Firnhaber und Johannes Golla zweimal eine Zwei-Minuten. Bei Ungarn war Gábor Ancsin eine Zeitstrafe von der Roten Karte entfernt.
Vor dem Spiel gegen Ungarn hatte Paul Drux gesagt, Ungarn habe „schwere Jungs“ in der Mannschaft, gegen die es körperlich zur Sache gehe. "Ich bin sehr gespannt, wie wir das als junges Team schaffen", so der 25-Jährige. Das Fazit ist: nicht so richtig gut. Der Berliner war der Spieler, welcher der physischen Stärke des Gegners am meisten entgegensetzen konnte. Von seinem Zug zum Tor und seiner Körperlichkeit in den defensiven Zweikämpfen hätte es mehr gebraucht, um dieses Spiel zu gewinnen.
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"Fühlt sich echt scheiße an": Die Reaktionen zur DHB-Niederlage

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