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Olympia in Tokio: Russisches Corona-Roulette: Judoka auf gefährlicher Qualifikations-Hatz

Eurosport
VonEurosport

Publiziert 15/04/2021 um 16:57 GMT+2 Uhr

Ein brutaler Dreikampf um Tokio, Titel und Gesundheit findet mit der zweiten EM binnen fünf Monaten einen bedenklichen Höhepunkt: Die Qualifikations-Hatz Richtung Olympia bringt die Judoka an ihre Grenzen. Die Gefahren des Kraftakts zu Corona-Zeiten bereiten zunehmend Sorgen - Spitzenathleten wie Ex-Weltmeister Alexander Wieczerzak und Vize-Europameisterin Luise Malzahn hat Covid-19 übel erwischt.

Alexander Wieczerzak

Fotocredit: Getty Images

"Definitiv" habe er Bauchschmerzen, sagte Daniel Keller, Präsident des Deutschen Judo-Bundes, dem SID, und "ein sehr durchwachsenes Gefühl", seine Sportler zu Wettkämpfen quer über die eurasische Landmasse zu schicken: "Die endgültige Entscheidung muss beim Sportler liegen. Wenn jemand sagt, er wolle nicht zu einer bestimmten Maßnahme fahren, erwachsen daraus keine Nachteile."
Aber natürlich sorge die sportliche Situation für "einen gewissen Druck", weiß Keller. Und trotz der vom DJB noch erhöhten Vorsichtsmaßnahmen gilt: "Wir können nicht ausschließen, dass sich Leute infizieren, sei es im privaten Bereich oder bei internationalen Wettkämpfen."
Und das kann auch für topfitte junge Menschen wie Wieczerzak böse Folgen haben. Der Frankfurter Bilderbuchathlet steckte sich Ende 2020 mit dem Virus an. "Es begann mit leichten Kopfschmerzen, bis ich mich gar nicht mehr bewegen konnte. Ich habe nur noch zwischen Bett und Toilette gependelt. Das waren schlimme Tage", sagte er dem Hessischen Rundfunk.
Nach überstandener Infektion waren seine Leistungswerte völlig im Keller. Wieczerzak ließ ärztlich abklären, soweit möglich, ob die Erkrankung Spätfolgen hinterlassen hat. "Da hatte ich schon Bammel", sagte der 30-Jährige, Beispiele von Spitzensportlern vor Augen, die 20 Prozent ihrer Lungenfunktion verloren haben. Wieczerzak, der nur noch geringste Olympia-Chancen besitzt, hatte Glück, er feiert bei der EM sein Comeback.
Malzahn indes fehlt, nachdem sie Ende März vor dem Grand Slam in Tiflis positiv getestet wurde und zwei Quarantäne-Wochen in einem georgischen Hotelzimmer verbrachte. "Seit 240 Stunden habe ich keinen Fuß vor die Tür gesetzt, seit 14.400 Minuten will ich dieses ekelhafte Virus einfach nur raus aus meinem Körper haben", schrieb die verzweifelte Hallenserin bei Instagram.
"Das ist der Worst Case", sagt Keller: "Keine Punkte sammeln, Sorgen um die Gesundheit und dann noch die Belastung der Isolation - für einen Sportler eine Katastrophe."

Wer kämpft, riskiert seine Gesundheit

Das Ganze ist Russisches Roulette: Wer kämpft, riskiert seine Gesundheit, wer pausiert, seine Tokio-Chance. "Wir gehen das Risiko ein, weil Olympia unser Traum ist, aber der Sport ist auch unser Beruf", schrieb Theresa Stoll, EM-Dritte und Medizinstudentin, in einem Gastbeitrag für den Spiegel: "Es ist in der Verantwortung der Verbände, das Risiko zumindest klein zu halten."
Die internationalen Verbandschefs allerdings füllten trotz Pandemie den Wettkampf-Kalender beispiellos: Die im Frühjahr 2020 ausgefallene EM wurde erst Ende November nachgeholt, nun steht bereits die nächste an. Die im Vorjahr abgesagte WM in Budapest wurde als Abschluss im Juni in die ohnehin eng getaktete Tokio-Qualifikation gepresst. "Wir als DJB jedenfalls", sagt Keller, "schauen sehr gezielt, wo es noch notwendig ist, Sportler zu schicken."
(SID)
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