Leichathletik-EM: Viel Klasse von Röhler bis Lückenkemper - Berlin macht Lust auf Tokio
VonSID
Publiziert 12/08/2018 um 12:14 GMT+2 Uhr
Überragend im Werfen, bärenstark im Springen - und in Gina Lückenkemper endlich wieder eine Weltklasse-Sprinterin: Die deutschen Leichtathleten haben mit einer vorzüglichen Heim-EM in Berlin ein Ausrufezeichen auf halber Strecke zu den Olympischen Spielen 2020 gesetzt. Zudem drängen nach dem Rücktritt der langjährigen Lichtgestalt Robert Harting viele frische und gute Typen ins Rampenlicht.
"Wir waren fokussiert auf diese Meisterschaften, wollten den nächsten Schritt gehen und zeigen, dass wir in vielen Bereichen auf einem guten Weg sind. Und da haben wir viele gute und herausragende Leistungen gesehen", sagte Idriss Gonschinska, als leitender Direktor Sport im DLV der Konstrukteur des Aufschwungs, vor den letzten Entscheidungen. Gonschinska stellte aber auch klar:
Es haben viele, aber bei weitem nicht alle Dinge funktioniert.
Trotz einer der besten Bilanzen der vergangenen Jahrzehnte - bereits am vorletzten Tag waren die 16 Medaillen der EM 2016 überboten - dürfen die deutschen Leistungsträger also nicht nachlassen auf dem Weg zur WM 2019 in Doha und den Sommerspielen ein Jahr später in Tokio.
Goldene Aussichten im Speerwerfen
Globale Goldkandidaten sind dann ohne Wenn und Aber die deutschen Speer-Männer um Europameister Thomas Röhler, die in Berlin ihre Extraklasse nachwiesen. "Die Jungs sind noch lange nicht satt", sagte Bundestrainer Boris Obergföll. Hinter Rio-Olympiasieger Röhler, der in Berlin seinen zweiten großen Titel holte, bestätigte Andreas Hofmann mit Silber seinen Aufwärtstrend. Johannes Vetter, in Doha Titelverteidiger, wurde mit Platz fünf unter Wert geschlagen, wird aber wieder ganz vorne angreifen.
Überhaupt, die Werfer: Speer-Aufsteigerin Christin Hussong scheint nach ihrem Überraschungs-Gold bereit für höhere Aufgaben. Der zweimalige Kugel-Weltmeister David Storl (Bronze) ist auf einem guten Weg zurück an die Spitze. Dass Disziplin-Kollegin Christina Schwanitz auch an einem durchschnittlichen Tag Silber holte, zeigt ihr Potenzial.
Auch Springer mit starker Ausbeute
Für viel Freude sorgten die forschen Springerinnen und Springer. Allen voran Hochsprung-Europameister Mateusz Przybylko, der bei seinem Gold am Samstag die tolle Atmosphäre im Olympiastadion für sich nutzte. "Matze hat gezeigt, dass so etwas kein Druck-Moment ist, sondern ein Flow-Moment, in dem besondere Dinge passieren können", sagte Gonschinska. Dies galt auch für Malaika Mihambo (Gold) und Fabian Heinle (Silber) im Weitsprung sowie für Dreispringerin Kristin Gierisch (Silber). Przybylkos Disziplinkollegin Marie-Laurence Jungfleisch holte zudem Bronze.
"Man muss Leichtathletik breit und komplex entwickeln", sagte Gonschinska. In der Tat gab es in Berlin Medaillen in nahezu allen Sparten, auch die starken Mehrkämpfer mit Gold für den famosen Arthur Abele und Bronze für Carolin Schäfer unterstrichen den Anspruch auf Vielseitigkeit.
Rückschläge in langjährigen Domänen
Turnusgemäße Rückschläge sind nicht zu vermeiden, nun erwischte es zwei langjährige Domänen: Im Stabhochsprung schaffte es lediglich die 37 Jahre alte Carolin Hingst ins Finale (Neunte), Ex-Weltmeister Raphael Holzdeppe hatte wieder einmal mit Verletzungen zu kämpfen. Auch bei den Diskus-Männern, der aus deutscher Sicht mit zwei Olympiasiegern - den Harting-Brüdern Christoph (Qualifikations-Aus) und Robert (Sechster) - am prominentesten besetzten Disziplin, ging wenig.
Der Abschied Robert Hartings von der internationalen Bühne war einer der stimmungsvollen Höhepunkte in Berlin. Der dreimalige Weltmeister, hinterlässt vor allem als Meinungsmacher und -äußerer eine Lücke. In Sachen öffentlicher Wirkung könnte diese in naher Zukunft Sprinterin Lückenkemper schließen. Sie liebt es, voranzugehen - mit starken Leistungen und erfrischend großem Mundwerk. "Wir Sprinter sind Entertainer", erklärte die erst 21 Jahre alte Leverkusenerin, die mit Silber über 100 m begeisterte, allerdings auch zu ernsten Themen schlaue Dinge sagte.
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