Giro d'Italia 2021: Groenewegen gibt Comeback nach Sperre - "Kann nicht viel schlimmer werden"
VonEurosport
Update 07/05/2021 um 14:28 GMT+2 Uhr
Dylan Groenewegen hat seine Sperre abgesessen, doch wirklich hinter sich gelassen hat weder er noch seine Fahrerkollegen den von ihm verursachten schweren Massensturz bei der Polen-Rundfahrt. Der dabei schwerst verletzte Fabio Jakobsen ist mittlerweile wieder zurück im Peloton, doch noch nicht wieder in den Sprints dabei. Groenewegen macht er nach einem Treffen inzwischen massive Vorwürfe.
Mit einem allzu herzlichen Willkommen rechnet der zeitweise meistgehasste Mann des Radsports nicht. "Es kann aber auch nicht viel schlimmer werden als in den vergangenen Monaten", sagt Dylan Groenewegen vor dem Start des Giro d'Italia am Samstag in Turin:
"Ich habe viel mit einem Psychologen gesprochen und bin auf negative Reaktionen vorbereitet." Das härteste Dreivierteljahr seines Lebens hat den einstmals passionierten Lautsprecher nachdenklich gemacht.
274 Tage lang hat der Niederländer kein Rennen fahren dürfen. 274 Tage Zeit, diesen 5. August 2020 in Kattowitz immer wieder zu überdenken, als sein unbedingter Siegeswille Landsmann Fabio Jakobsen beinahe das Leben kostete.
"Dass Fabio mittlerweile selbst wieder auf dem Rad sitzt, hilft mir sehr", sagt Groenewegen vor dem Comeback nach neun Monaten Sperre.
Groenewegens schwerer Weg zurück
Dass Jakobsen überhaupt überlebt hat, ist nicht selbstverständlich, so brutal war der Crash: Beim Auftakt der Polen-Rundfahrt hatte Jumbo-Visma-Profi Groenewegen seinen Kontrahenten bei Tempo 80 im Massenspurt ins Gitter gedrängt, Jakobsen flog gegen die Zielaufbauten, verschwand in einem Wust aus Trümmern.
Schwerst kopfverletzt kämpfte er tagelang gegen den Tod, der ohnehin als kompromissloser Sprinter berüchtigte Groenewegen fand sich im Fegefeuer aus Wut und Schuldzuweisungen wieder. "Das war ein Mordanschlag, er gehört in den Knast", tobte Jakobsens Quick-Step-Teamchef Patrick Lefevere.
Zwar richtete sich die Kritik der Fahrerkollegen weniger gegen Groenewegen, den der Weltverband UCI sofort aus dem Verkehr zog, als gegen die polnischen Organisatoren. Doch der Fan-Mob war nicht mehr einzufangen, Groenewegen erlebte die Hölle. Unter Tränen bat er um Verzeihung, erhielt Morddrohungen, bekam Polizeischutz gestellt. "Der Vorfall mit Fabio, die schwierige Schwangerschaft meiner Freundin, der Tod meines Großvaters, die Bedrohungen - damals kam alles zusammen", sagt Groenewegen.
Jakobsen attackiert Groenewegen nach Aussprache
Neun Monate nach Kattowitz wähnte sich Groenewegen aus dem Schlimmsten heraus. Jakobsen feierte im April bei der Türkei-Rundfahrt sein Comeback, sagte: "Ich bin wieder der Alte, nur mit weniger Zähnen." Und Groenewegen berichtete nun stolz von einer gütlichen Aussprache: "Wir haben uns in Amsterdam gegenübergesessen, konnten beide unsere Herzen ein wenig erleichtern. Es war ein schönes Gespräch."
Alles gut? Wirklich? Keineswegs, denn Jakobsen zeigte sich über das Treffen und Groenewegens Äußerungen dazu einigermaßen entsetzt. "Dylan hat keine persönliche Entschuldigung angeboten und keinen Willen gezeigt, Verantwortung für seine Aktionen zu übernehmen. Ich würde gerne Verständigung mit Dylan erreichen, aber dazu braucht es zwei", schrieb der 24-Jährige am Donnerstagabend bei "Twitter".
Und überhaupt sei Vertraulichkeit vereinbart gewesen. "Ich bin enttäuscht, dass Dylan öffentlich darüber redet", sagte Jakobsen: "Um die weitere Vorgehensweise werden sich nun meine Anwälte kümmern."
Die Affäre ist also keinesfalls ausgestanden für Groenewegen, beim Giro droht ein Spießrutenlauf. "Wenn ich in seiner Haut stecken würde, wäre es für mich mental schwierig, ins Peloton zurückzukommen", sagt Groenewegens australischer Rivale Caleb Ewan: "Wenn du ein feinfühliger Typ bist, wird es nach so etwas nie mehr Business as usual geben."
"Er kann sich wirklich gar nichts mehr leisten, denn egal was passiert – man wird ihm immer die Schuld geben. Er wird an dem Vorfall in Polen gemessen werden", meint auch Eurosport-Experte Rolf Aldag.
Groenewegen beim Giro vor "Eiertanz"
Auch Jens Voigt sieht Groenewegen vor einem schwierigen Spagat: "Es st ein Eiertanz für ihn – denn er möchte natürlich gewinnen und es ist Sprint, nicht Bowling. Da gibt es eben auch mal eine Berührung mit der Schulter, der Hüfte, den Ellbogen. Das ist leider tägliches Geschäft für die Sprinter. Die Frage ist: Hat er eine so starke Form, dass er ganz alleine auf einer Straßenseite fahrend, ohne Körperkontakt, den Sprint gewinnen kann?"
"Die Fahrer werden ihm eine Chance geben, aber er darf sich keinen einzelnen Fehltritt leisten, sonst ist es für immer vorbei. Es liegt eine Menge Druck auf seinen Schultern", fasst der Eurosport-Co-Kommentator zusammen.
"Die Fahrer werden ihm eine Chance geben, aber er darf sich keinen einzelnen Fehltritt leisten, sonst ist es für immer vorbei. Es liegt eine Menge Druck auf seinen Schultern", fasst der Eurosport-Co-Kommentator zusammen.
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(mit SID)
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