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Tour-Geschichte(n): Sturz-Drama um Luis Ocana, Rätsel um Jesus Manzano, Streikchef Bernard Hinault

Andreas Schulz

Update 14/07/2023 um 16:11 GMT+2 Uhr

Die Geschichte der Tour de France steckt voller Highlights, Dramen, Tiefpunkte: Wir blicken in unserer täglichen Serie zurück auf besondere Momente, die sich am 12. Juli jähren und deren Bilder uns noch vor Augen sind - und auf spezielle Tour-Höhepunkte aus deutscher Sicht. Heute u.a. mit Bernard Hinault, Jens Heppner, André Greipel, Jesus Manzano und Luis Ocana.

Jesus Manzano kollabiert bei der Tour 2003

Fotocredit: Getty Images

Der 12. Juli - kein Tour-Tag wie jeder andere:
Greifbar nah war nach Jahren bei der Tour de France 2022 wieder das Gelbe Trikot für einen deutschen Fahrer: Lennard Kämna ist mit einer Spitzengruppe unterwegs zur Bergankunft in Megève, wo er auf dem Flugplatz in den Alpen den zehnen Platz belegt.
Dann tickt die Uhr zur Ankunft von Tadej Pogacar im maillot jaune, Kämna bangt im Ziel und muss miterleben, wie der Slowene die Spitzenposition um elf Sekunden verteidigt. Ein erneuter Tiefschlag für Kämna, nachdem er bei dieser Tour wenige Tage zuvor einen Etappensieg ähnlich knapp verpasst hatte.
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So knapp vorbei! Kämna-Krimi um Gelb in der großen Analyse

Wie es hinter der Fassade der Tour Anfang der 2000er aussieht, lässt 2003 der 12. Juli kurz erahnen. Es ist eine denkwürdige Etappe, die erste in den Alpen und Richard Virenque gewinnt sie zur Begeisterung der Franzosen. Er holt sich dazu noch Gelb und das Bergtrikot, das am nächsten Tag der in Morzine zweitplatzierte Rolf Aldag nach Alpe d'Huez hinauf trägt.
Doch eine Fußnote der Anfangsstunde dieser 7. Etappe wird später ganz neue Bedeutung erhalten:
Zu den Ausreißern des Tages gehört nämlich auch ein gewisser Jesus Manzano (im Bild unten vor Virenque unterwegs). Dann aber liegt der Spanier vom Kelme-Team plötzlich am Straßenrand, innerhalb weniger Minuten wird aus dem mutigen Angreifer ein kollabierter Patient.
Die Hintergründe erfährt man erst später aus den mutigen Geständnissen Manzanos ("Sag' den Ärzten auf keinen Fall, was Du genommen hast") - und wer seinem Doping-Arzt Eufeminao Fuentes glaubt, dass er doch nie einen Menschen gefährdet habe, der soll sich die Bilder jener Etappe nochmals ansehen.
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Jesus Manzano (Kelme), Tour de France 2003

Fotocredit: Getty Images

In der Tour-Geschichte wird dieser Tag für immer mit dem Sturz von Luis Ocana verbunden sein. Auf der 14. Etappe in den Pyrenäen ist der Spanier 1971 der designierte Gesamtsieger, er hat Eddy Merckx bereits entscheidend um über sieben Minuten distanziert und scheint den "Kannibalen" in die Knie gezwungen zu haben.
Doch im Unwetter auf der Abfahrt vom Col de Menté kommt es zum Drama: Erst stürzt Merckx und Ocana fällt über ihn, dann rappelt sich der Spanier auf, nur um vom heranrauschenden Joop Zoetemelk umgefahren zu werden - Bewusstosigkeit, Tour-Aus. Merckx weigert sich am nächsten Tag, Das Gelbe Trikot zu tragen.
1971 Tour de France Luis Ocana
Um Aufreger an einem 12. Juli zu finden, muss in der Tour-Geschichte aber nicht immer weit nach hinten geblättert werden. 2012 geht es hinauf zur ersten ganz schweren Bergankunft nach La Toussuire. Wie stark ist das Sky-Spitzenduo wirklich, fragen sich die Experten vor dem Härtetest - und sie werden ihre Antwort bekommen.
Hinter dem Franzosen Pierre Rolland kommt es zum kleinen Skandal, denn Edelhelfer Chris Froome erweist sich seinem Kapitän Bradley Wiggins überlegen. Er hängt den Teamkollegen ab, zögert dann, fährt wieder weiter, wartet wieder... - wessen Funkverbindung da wirklich gestört war und wer wem was wann wie sagte ist noch immer nicht geklärt...
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Tour de France 2012: Chris Froome und Bradley Wiggins

Fotocredit: Imago

Erst 2011 kommt ein deutscher Sprinter zu seinem Tour-Debüt - André Greipel - nachdem zuvor bei Columbia stets Mark Cavendish den Vorzug erhalten hatte. Nun aber ist er für Omega Pharma endlich bei der Tour dabei, doch anfangs will es mit dem ersehnten Etappensieg gegen den Erzrivalen nicht klappen.
Auf der 10. Etappe nach Carmaux aber platzt der Knoten, nach 158 Kilometern ist der Rostocker am Ziel und endlich auch bei der Tour einmal ganz vorne. Es bleibt der einzige Erfolg in dieser Auflage, doch seitdem hat das Kraftpaket ordentlich nachgelegt.
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Greipel und Cavendish bei der Tour 2011

Fotocredit: Getty Images

High Five - bei der Tour 2017 ist Marcel Kittel einmal mehr nicht zu schlagen: In Pau lässt er zum fünften Mal alle Konkurrenten hinter sich und siegt im Grünen Trikot. Sein zu diesem Zeitpunkt 14. Etappensieg bei der Tour, deutscher Rekord.
Held jenes Tages ist aber der Pole Maciej Bodnar, der nach langem Solo erst 300 Meter vor dem Ziel eingeholt wird. Was der Pole da noch nicht weiß: Er wird dann am vorletzten Tag der Tour das Einzelzeitfahren in Marseille gewinnen - mehr als ein Trostpreis.
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Marcel Kittel siegt in Pau bei der Tour de France 2017

Fotocredit: Getty Images

Ein deutscher Tag ist der 12. Juli auch bei der Tour 1992, als diese sehr europäisch aufgezogene Auflage in Koblenz Station macht. Von Valkenburg kommend wird die Etappe von einer zehnköpfigen Ausreißergruppe bestimmt, zu der auch Jens Heppner gehört.
Den Sieg holt sich der Belgier Jan Nevens - aber Heppner klettert in der Gesamtwertung auf Rang zwei und wird die Rundfahrt in Paris als Zehnter beenden.
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Jens Heppner (Telekom) - Tour de France 1992

Fotocredit: Imago

Bei der Tour 1978 geht der Stern von Bernhard Hinault auf. Der Bretone fährt zum ersten seiner fünf Gesamtsiege, macht aber vor allem auch der stolzen Tourleitung gleich klar, mit welchem Temperament sie es zu tun hat. Denn die Fahrer stöhnen unter den Belastungen abseits der Strecke - lange Transfers, kaum Ruhepausen, schlechte Logistik. Am 12. Juli wird es dann ernst - das Peloton streikt.
Die Orangisatoren drohen lebenslange Sperren an, doch das schreckt einen Hinault nicht. Die morgendliche Halbetappe beendet das Feld zu Fuß, angeführt von Frankreichs Meister. Sperren bleiben aus, das Teilstück wird nur annulliert.
Tour 1978: Hinault führt den Protest an
Die größte und bekannteste Geschichte zum 12. Juli ist aber - nicht ohne Grund - das epische Duell um den Tour Sieg zwischen zwei Franzosen, das im Sommer 1964 das Land spaltet und an jenem Tag seinen Höhepunkt findet:
Raymond Poulidor und Jacques Anquetil kämpfen hinauf zum Puy de Dôme im Zentralmassiv um den Sieg: Anquetil verbirgt seine völlige Erschöpfung geschickt, und Puolidor lässt sich täuschen. Zu spät ergreift Poulidor die Initiative, attackiert und nahm Meister Jacques auf den letzten 800 Metern noch 42 Sekunden ab. Zu wenig, um Gelb zu holen. Zu wenig, um Anquetil den Gesamtsieg zu entreißen.
Im abschließenden Zeitfahren baut dieser den Vorsprung auf 55 Sekunden aus und feiert seinen fünften und letzten Triumph - Poulidor wird nie das "maillot jaune" tragen.
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Tour-Geschichte: Legendäres Duell Anquetil - Poulidor am Puy de Dôme

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