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Eurosport TV-Experte Sven Hannawald: "Hoffe, dass mein Rekord noch länger hält"

VonSID

Update 26/12/2016 um 11:28 GMT+1 Uhr

Sven Hannawald gewann als bislang letzter deutscher Skispringer die Vierschanzentournee. Im Interview spricht der 42-Jährige über seinen legendären Grand Slam, die Chancen von Severin Freund und die Tournee-Favoriten. Der gebürtige Sachse wird die Tournee zusammen mit Eurosport-Kommentator Matthias Bielek als Experte begleiten - sowie die Weltcup-Saison der Skispringer.

Eurosport-Experte Sven Hannawald

Fotocredit: Eurosport

Sven Hannawald, die Tournee steht vor der Tür und Sie sind als TV-Experte für Eurosport dabei. Steigt auch bei Ihnen die Vorfreude?
Sven Hannawald: "Absolut. Erstmals seit meiner aktiven Karriere mache ich wieder die komplette Reise mit. Ich bin viel näher dran als in den vergangenen Jahren, wo ich immer nur bei einzelnen Stationen vor Ort war."
Was ist das Faszinierende an der Tournee?
Hannawald: "Die Tradition. Die Tournee wird in diesem Jahr 65 Jahre alt, für viele ist sie der Grund, überhaupt mit dem Skispringen anzufangen. Die Tournee ist wie eine große Familie, die von Station zu Station fährt. Dieses Gefühl setzt sich von dem bei einer WM oder Olympia ab. Das gilt auch für das Sportliche: Weltmeister kann man auch mit etwas Glück werden, bei der Tournee muss man über zehn Tage Leistung bringen. Wenn man dort das erste Springen gewinnt, weiß man trotzdem nicht, wie es am Ende ausgeht."
Die Tournee wird 65, aber auch Ihr legendärer Vierfach-Sieg jährt sich bereits zum 15. Mal. Spielt das eine Rolle?
Hannawald: "Für mich persönlich natürlich. Das ist eine runde Zahl, und das wird immer eine Rolle spielen. Es ist immer wieder schön, wenn es losgeht, dann kehren die Erinnerungen zurück."
Werden Sie noch auf den Grand Slam angesprochen?
Hannawald: "Ohne Helm erkennt man mich teilweise gar nicht mehr. Viele gehen nicht davon aus, dass ich vor Ort bin. Dann sagen die: Ach, das ist doch... Der eine oder andere wird mich aber bestimmt noch kennen."
Zur Aktualität. Bei wieviel Prozent sehen Sie Severin Freund?
Hannawald: "Ich schätze, bei 85 bis 90 Prozent. Im Moment sind es Kleinigkeiten, die nicht passen. Sein Sieg in Kuusamo war ein perfekter Wettkampf, da ist alles zusammengekommen. Man merkt, wie er arbeitet, er will zwei Schritte auf einmal machen - dann geht es ein bisschen in die Hose. Aber das ist verständlich. Er will dahin, wo er war, und das so schnell wie möglich. Er ist auf einem guten Weg."
Bei Freund scheint derzeit viel davon abzuhängen, ob ihm die Schanze liegt. Was heißt das für die Tournee?
Hannawald: "Severins Problemschanze war immer Garmisch, die hat er letztes Jahr mit Rang drei bravourös in den Griff bekommen. Auf den restlichen Anlagen kam er gut zurecht, er kennt die Charakteristiken."
Was trauen Sie ihm zu?
Hannawald: "Ich wäre froh, wenn er am Ende unter den ersten Zehn landet - unter den ersten Fünf wäre wie Weihnachten und Geburtstag zusammen. Ich trete da bewusst ein bisschen auf die Bremse, weil ich seine Verletzung im Hinterkopf habe. Er selbst setzt sich sicher andere Ziele."
Ist also Markus Eisenbichler die größte deutsche Hoffnung?
Hannawald: "Er war bisher der Stabilste, daher ruhen die Hoffnungen in diesem Jahr mehr auf Markus. Aber auch da sage ich: Ein Platz unter den ersten Fünf wäre ein Topergebnis. Von den Springern ganz vorne lässt sich keiner gerne in die Suppe spucken. Eine Podestplatzierung ist für Markus bei einem der vier Orte sicher möglich."
Was ist mit Richard Freitag und Andreas Wellinger?
Hannawald: "Es sind Kleinigkeiten, woran es hängt. Beiden fiel es zuletzt nicht so leicht, die Sprünge abzurufen. Teilweise sind sie zu eifrig, zu ehrgeizig, und dann geht es in die Hose. Bei einzelnen Sprüngen sieht man, wozu sie in die Lage sind, wenn sie es locker angehen. Aber das ist von außen leicht gesagt."
Wer gewinnt also die Tournee?
Hannawald: "Topfavorit ist natürlich Domen Prevc. Auch wenn er bislang nicht zwei Topsprünge bei einem Wettkampf abrufen konnte. Zuletzt ist auch Daniel Andre Tande aufgetaut. Diese beiden werden das unter sich ausmachen."
Können Prevc oder Tande sogar Ihren Grand Slam wiederholen?
Hannawald: "Das sind zwei Kandidaten, die das definitiv drauf haben. Wenn Domen Prevc Fahrt aufnimmt, ist er sogar etwas voraus. Natürlich habe ich die Hoffnung, dass mein Rekord noch ein Jahr länger hält. Aber wenn es passiert, bin ich der Erste, der gratuliert."
Was ist mit Peter Prevc los?
Hannawald: "Ich sehe da zwei Dinge. Zum einen hat er einen neuen Ski. Ich weiß aus Erfahrung, wie das ist. Er braucht nach dem Absprung das alte Gefühl, deswegen fängt er an zu tüfteln. Und dann hat er in der eigenen Familie einen, der anfängt, besser zu werden. Dann versucht er es mit Gewalt, und das kann nicht klappen."
Stark wie lange nicht sind die Polen um Kamil Stoch. Wie hat der neue Trainer Stefan Horngacher das gemacht?
Hannawald: "Solche Verbesserungen innerhalb nur einer Saison sind meistens auf Material und Technik zurückzuführen. Sicher wird auch das Training anders gestaltet sein. Er hat viele Dinge aus der Zeit in Deutschland unter Werner Schuster mitgenommen. Aber es braucht auch die Jungs, die den Verstand haben, das umzusetzen - und das klappt perfekt."
Zu guter Letzt: Sie kennen Noriaki Kasai noch aus Ihrer eigenen Ära. Ist seine Zeit vorbei?
Hannawald: "Ich weiß es nicht. Wie man hört, hat er auch ein bisschen mit dem Knie zu tun. Ihm fehlt der halbe Meter Höhe, und das ist der große Unterschied. Im Alter muss man clever trainieren und Reize setzen. Ich hoffe, dass er bald den Anschluss schafft, weil er der Sportart sehr gut tut."
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