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Bundesliga: Hannover 96 bleibt trotz Tabellenführung nach Sieg über HSV bescheiden

Alexander Barklage

Update 16/09/2017 um 14:30 GMT+2 Uhr

Ungewohnte Glücksgefühle in Niedersachsen. Hannover 96 steht nach dem 2:0-Heimsieg über den Hamburger SV mindestens bis Sonntag an der Tabellenspitze der Bundesliga. Das gab es zuletzt vor 48 Jahren, dennoch verfällt der Aufsteiger nicht in Euphorie, sondern bleibt norddeutsch nüchtern und bodenständig.

Ihlas Bebou - Hannover 96

Fotocredit: Getty Images

Aus Hannover berichtet Alexander Barklage
Fünf Minuten vor dem Ende war sich die Mehrheit in der HDI-Arena dann doch sicher, dass es für Hannover 96 zum Sieg reichen sollte. Die Laola-Welle schwappte kurz nach dem entscheidenden 2:0 für die "Roten" aus der niedersächsischen Landeshauptstadt durchs weite Rund. Wenig später war es dann Gewissheit:
Der Aufsteiger steht zumindest zwei Nächte lang an der Spitze der Bundesliga. Am Sonntag könnten dann die TSG Hoffenheim und Borussia Dortmund mit Siegen an den 96ern vorbeiziehen.
Euphorie machte sich im Lager des Gastgebers aber nicht breit, auch wenn der Aufsteiger traumhaft in die Saison gestartet ist.

Negativbeispiel Paderborn

Ohne Ausnahme traten sowohl die Spieler als auch die Verantwortlichen auf die Spaßbremse. "Das ist jetzt eine tolle Momentaufnahme, die wir auch genießen können, mehr aber nicht", erklärte Hannovers Kapitän Philipp Tschauner. Auch Marvin Bakalorz wollte erst gar keine Euphorie aufkommen lassen.
Wir sollten die Kirche im Dorf lassen, trotzdem können wir stolz auf das Erreichte sein.
Der defensive Mittelfeldspieler weiß wovon er spricht, ist er doch der einzige Spieler im Kader von 96, der in der Bundesliga schon einmal Tabellenführer war. Mit dem damaligen Aufsteiger SC Paderborn stand er in der Saison 2014/15 ebenfalls nach vier Spieltagen überraschend auf Rang 1 und stieg am Ende der Saison ab. Sein Trainer war damals Andre Breitenreiter. Auch genau wegen dieser Erfahrung bleiben die Hannoveraner trotz des tollen Saisonstarts mit zehn Punkten aus vier Spielen auf dem Teppich. Saisonziele ändern? Auf keinen Fall.

Breitenreiter weiter ungeschlagen

"Die aktuelle Situation ist nicht mit der in Paderborn vor drei Jahren vergleichbar", erklärte Trainer Breitenreiter, der auch im 14. Spiel seit seinem Amtsantritt mit den Niedersachsen ungeschlagen blieb. In der HDI-Arena ist seine Bilanz mit 96 sogar noch eindrucksvoller. Breitenreiter gewann alle sieben Spiele vor eigenem Publikum ohne auch nur ein Gegentor zu kassieren. Hut ab!
Der 43-Jährige ist Vater des momentanen Erfolges des Aufsteigers. Nach dem Sieg gegen den HSV freute er sich vor allem für seine Mannschaft.
Das Team ist sehr lernwillig und saugt alles auf. Im Moment sind wir schwer zu schlagen. Wir lassen wenig zu und nehmen die Euphorie mit.
Für viele Experten war Hannover 96 vor der Saison als Abstiegskandidat Nummer eins gehandelt worden, doch Breitenreiter und Sportchef Horst Heldt schafften es eine homogene Mannschaft zu formen.

Bebous starker Auftritt

Dazu verpflichteten die Hannoveraner Spieler, die genau ins Anforderungsprofil passen. Bestes Beispiel ist Last-Minute-Neuzugang Ihlas Bebou. Der aus Düsseldorf gekommene offensive Außen schoss gegen den HSV sein erstes Tor und belebte nach seiner Einwechslung, wie schon in Wolfsburg, das Angriffsspiel der Hausherren.
Im Angriff macht der erfahrene Martin Harnik gerade jede Chance rein, die sich ihm bietet. Der Österreicher bleibt trotz der Tabellenführung aber auf dem Teppich:
Das Glück haben wir uns mal wieder erarbeitet. Wir wissen die Situation sehr gut einzuschätzen. Wir freuen uns über die Tabellenführung, aber vergessen nicht, wo wir herkommen. Das Ziel bleibt natürlich weiter ganz klar der Klassenerhalt. Wir müssen für Siege sehr viel investieren und denken jetzt nicht, dass wir mit den Großen mitzocken können.

96: Lernwillig und taktisch variabel

Andre Breitenreiter ist es zu verdanken, dass die Hannoveraner auch nach Ausfällen personell als auch taktisch schnell umschalten können. Beim Abschlusstraining verletzte sich Stürmer Jonathas und schon nach 14 gespielten Minuten musste Innenverteidiger Felipe verletzt ausgewechselt werden. Der Brasilianer zog sich beim Zusammenprall mit Hamburgs Schipplock eine Verletzung an den Adduktoren zu. Eine genauere Diagnose steht noch aus. Für Felipe kam Bebou ins Spiel.
Nach der etwas trostlosen ersten Halbzeit mit wenig Torszenen auf beiden Seiten stellte Breitenreiter sein 4-2-3-1-System um und beorderte Bebou zu Harnik als zweite Spitze in die Sturm. Diese Maßnahme sollte sich auszahlen, denn die zweiten 45 Minuten gehörten eindeutig den Gastgebern. Bebou machte dann acht Minuten vor Schluss den Sack für den neuen Tabellenführer zu. Der Trainer hat es geschafft seinem Team eine Spielidee zu vermitteln ohne nur auf ein System oder ein Spielergerüst abhängig zu sein.
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André Breitenreiter im Training von Hannover 96

Fotocredit: Getty Images

"Ein Rädchen greift bei uns derzeit ins andere. Trotzdem ist weiterhin Demut angebracht", so Heldt. Und auch Breitenreiter blieb realistisch: "Eines ist sicher, dass wir zum Schluss nicht Erster werden. Dennoch wäre es schön, wenn wir am Ende der Saison keinen Druck mehr verspüren."

Kind: Zoff unter den 96-Fans

Einziger Wermutstropfen am sonst so perfekten Freitagabend in der ausverkauften Arena war der Zoff unter den eigenen Fans. Eine Minderheit in der 96-Kurve skandierte immer wieder "Kind muss weg", doch die Mehrheit der Fans schlug sich auf die Seite des 96-Präsidenten und unterband mit Pfiffen die Anti-Kind-Sprechchöre.
"Das vermiest mir doch ein wenig die gute Stimmung", so Heldt nach dem Spiel. Auch Breitenreiter war enttäuscht wie ein Teil 96-Fans am Freitag auftrat:
Jeder kann seine Meinung haben, aber diese Fans schaden der Mannschaft, die sich nichts zu Schulden hat kommen lassen.
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