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EM 2016: Frankreich - Island: Giroud und Co. in der Luft kaum zu stoppen, Pogba wird erwachsen

Carsten Arndt

Update 04/07/2016 um 07:12 GMT+2 Uhr

Deutschland bekommt beim 5:2-Sieg Frankreichs im Viertelfinale der EM 2016 gegen Island vor Augen geführt, dass die Gastgeber in der Luft kaum zu stoppen sind. Superstar Paul Pogba präsentiert sich deutlich gereift und führt sein Team aus der Tiefe zum Sieg. Trainer Didier Deschamps nimmt den Isländern den Spaß an den Emotionen. Drei Dinge, die uns beim Sieg der Franzosen auffielen.

Paul Pogba trifft mit dem Kopf zur Führung gegen Island

Fotocredit: Imago

1.) Pogba wird erwachsen

In einer Mischung aus erhabener Verbeugung und dem aus der Hip-Hop-Kultur stammenden Dab präsentierte sich Paul Pogba nach seinem Treffer in der 20. Minute dem Pariser Publikum. Als wolle er es allen recht machen: alt, jung, traditionell, hip. Der junge Mann will geliebt werden.
Bisher war es noch nicht das Turnier des hochveranlagten Mittelfeldspielers. Durchwachsene Auftritte, Badelatschen-Affäre, vermeintlich beleidigende Gesten, viel Positives war nicht hängen geblieben. Gegen Island ließ ihn Deschamps deutlich defensiver als zuletzt agieren - und Pogba löste seine Aufgabe exzellent.
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Paul Pogba

Fotocredit: AFP

Anders als zuvor war ihm sein immer noch junges Alter von 23 Jahren dieses Mal nicht anzumerken. Keine wilden, unbedachten Ausflüge in die Spitze mit anschließendem Ballverlust, keine übermotivierten Tacklings in unnötigen Räumen.
Pogba spielte souverän, unaufgeregt und intelligent. Er gab seinen Mitspielern lautstark und bestimmt Anweisungen und lenkte das Spiel der Equipe Tricolore. Als wäre er über Nacht erwachsen geworden.
Angesichts seiner starken Leistung dürfte Pogba auch im Halbfinale gegen Deutschland am Donnerstag aus einer tieferen Position heraus agieren. Mesut Özil wird daher defensiv deutlich mehr arbeiten müssen als zuletzt. Pogba scheint auf dem Weg, sein großes Versprechen bei der Heim-EM einzulösen. Aus deutscher Sicht zur Unzeit.
Trainer Deschmaps hat allerdings großen Respekt vor dem kommenden Gegner:
Nun geht's gegen Deutschland, die bisher sicherlich das beste Team sind. Aber wir werden alles versuchen, um ins Finale zu kommen.

2. Deschamps knackt den Island-Code

Aufgrund der Sperre von Abräumer N’Golo Kanté war Deschamps gezwungen, sein System zu ändern. Statt einem Sechser vor der Viererkette bot er zwei auf - und lag damit goldrichtig.
Deschamps verlegte seinen Maschinenraum kurzerhand in die eigene Hälfte und entzog Pogba und Nebenmann Blaise Matuidi so der harten und intensiven Bewachung der Isländer.
Während bei vielen Mannschaften wie auch der DFB-Elf der Aufbau mittlerweile über die Innenverteidiger läuft, die entweder den Weg über die Außen oder direkt den kurzen oder langen Ball ins Angriffsdrittel suchen, ließ Deschamps seinen Spielaufbau konsequent über die Sechser laufen.
Diese hielten den Ball meist bedächtig in den eigenen Reihen, ehe es irgendwann überfallartig nach vorne ging.
Die Isländer, die in ihren Spielen immer auch über die Emotion ins Spiel kamen, wurden so regelrecht eingelullt und dann völlig überrumpelt. So kamen sie nie in die für ihre Moral so wichtigen Zweikämpfe. Der frühe 0:2-Rückstand tat sein Übriges.
Stattdessen dominierte die Mittelfeldzentrale der Franzosen das Spielgeschehen. Matuidi bereitete den ersten Treffer von Giroud nach zwölf Minuten mit einem Flugball über die Abwehr vor, Pogba traf selbst zum 2:0 (20.) und leitete das 4:0 (45.) durch Antoine Griezmann mit einem Pass aus der eigenen Hälfte in die Spitze ein.
Dimitry Payet lobte nach dem Spiel die Arbeit des Trainerstabs:
Wir haben uns in der vergangenen Woche gut auf die Isländer vorbereitet, wir waren über ihre Stärken informiert und wir haben ihre Schwächen genutzt.
Auch gegen Deutschland werden Matuidi und Co. versuchen, schnell das Mittelfeld zu überbrücken. Allerdings werden sie dann deutlich seltener den Ball und dementsprechend auch weniger Zeit haben, ihre Angriffe vorzubereiten.
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Frankreich schlägt Island mit 5:2

Fotocredit: SID

3.) Vorsicht vor Air France

Elf Treffer erzielten die Franzosen bislang bei dieser EM - ganze fünf davon mit Köpfchen. Zweimal war Olivier Giroud zur Stelle, so auch beim 5:1 gegen Island in der 59. Minute.
Doch Giroud ist mehr als nur Vollstrecker. Er ist trotz Dimitri Payet und Antoine Griezmann der Schlüssel in der französischen Offensive. Seit Deschamps Griezmann im Dunstkreis Girouds spielen lässt, blüht der mächtig auf.
Mit seiner enormen Präsenz und Physis reißt Giroud riesige Löcher für die Kollegen und ist in der Luft nahezu unbezwingbar. Immer wieder bereitet er so Tore vor (so gesehen beim 2:1 von Griezmann gegen Irland) oder leitet sie - wie beim 3:0 durch Payet (43.) - ein.
Italien hatte in Graziano Pellè einen ähnlichen Spielertypen, doch Giroud ist ihm noch ein gutes Stück überlegen. Die Sperre von Mats Hummels wiegt daher noch schwerer.
Gegen die Italiener agierte Jérôme Boateng als schnellerer Spieler meist als freier Mann, während Hummels Pellè bearbeitete. Diese Option bietet sich nun nicht mehr, ein Einsatz des deutlich kleineren Shkodran Mustafi könnte zum Problem werden.
Dazu fehlen in Mario Gomez und vermutlich auch in Bastian Schweinsteiger weitere kopfballstarke Spieler bei gegnerischen Standards gegen Pogba und Co. Zwei Mal musste Islands Keeper Hannes Halldórsson der Ball nach einem ruhenden Ball aus dem Netz holen.
Air France dürfte Löw bis Donnerstag noch so einiges an Kopfzerbrechen bereiten.
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