Handball: Torwart Andreas Wolff träumt vom Olympiasieg mit Deutschland

Andreas Wolff war außer Rand und Band. Mit einer Flasche polnischem Bier in der rechten und der goldenen Meisterschale in der linken Hand hüpfte der Torwart-Titan durch die Katakomben der Tauron Arena von Krakau und brüllte all seine Freude über den fantastischen EM-Coup der deutschen Handballer heraus.

Andreas Wolff

Fotocredit: Imago

"Wer nicht hüpft, der ist kein Deutscher", rief Wolff, noch immer euphorisiert von seiner Wahnsinnsleistung im Finale gegen Spanien (24:17). Er genoss die Bierdusche seines Kollegen Ruhne Dahmke in vollen Zügen. "Glaube kann Berge versetzen. Und wir haben bei dieser EM einen ganzen Gebirgszug versetzt", sagte Wolff siegestrunken.
Vor allem dank Wolffs Paradenquote von wahnwitzigen 48 Prozent war das Endspiel am Sonntag kaum nervenaufreibender als der Gruselroman, den er in Polen zur Entspannung zwischen den Spielen gelesen hatte. Das "Tier" im Tor parierte mit rechts, links, der Schulter, der Fußspitze und sogar dem Unterleib - und ließ auch die spanischen Stars zum Abschluss eines grandiosen Turniers reihenweise verzweifeln.
Bundestrainer Dagur Sigurdsson hatte es angesichts der unfassbaren Darbietung seines Keepers, der schon vor dem Finale zum besten Torhüter des Turniers gewählt worden war, kurzzeitig sogar die Sprache verschlagen. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Man spricht viel über den spanischen Torhüter Arpad Sterbik, der seit 10, 15 Jahren den Welthandball dominiert", meinte der Isländer: "Nun haben wir vielleicht unseren eigenen Sterbik."

Wolff lobt deutsche Abwehrmauer

Wolff selbst wollte seinen riesigen Anteil am nicht für möglich gehaltenen Erfolg nicht überbewerten und reichte die Komplimente artig weiter: "Ich glaube nicht, dass ich jemals hinter so einer Abwehr gespielt habe. Das war eine der geilsten Leistungen in der Geschichte des Handballs."
Andreas Wolff, HSG Wetzlar, 24 Jahre alt, 1,98 m lang, 100 Kilo schwer, der Torhüter und absoluter Senkrechtstarter des Europameisters - das wäre vor Wochen noch undenkbar gewesen.
Im Dezember berief ihn Sigurdsson überraschend anstelle des etablierten Silvio Heinevetter. Wolff zahlte das Vertrauen Parade für Parade zurück, stieg schon nach dem zweiten EM-Spiel zur Nummer eins auf, und war im Finale fast überhaupt nicht mehr zu bezwingen.

Begeisterung im Netz

"Schwierig wird es, wenn der Vollmond verschwindet und er sich wieder in einen Menschen zurückverwandeln muss", schrieb ein User bei Twitter. Ein anderer postete ein Bild von der sinkenden Titanic, gerettet von Wolff, dem Mann mit den übermenschlichen Kräften. Es waren nur zwei von tausenden Einträgen, die seit Wolffs denkwürdiger Vorstellung das Internet überschwemmen. Dem Handball scheint am Sonntagabend ein neuer Superstar geboren zu sein.
Wolff selbst blieb sich auch im Überschwang der Gefühle treu - und kündigte flugs neue Heldentaten mit der Nationalmannschaft an. "Wir haben mit dieser geilen Mannschaft das Potenzial, alles zu gewinnen, was uns im Weg steht", sagte der Schlussmann, ohne mit den Wimpern zu zucken. Ob überhaupt noch eine Steigerung möglich sei? "Wir holen uns noch den WM-Titel und den Olympiasieg. Da wäre also noch Potenzial vorhanden."

"Geburt einer großen Generation"

Zudem erhofft er sich vom sensationellen EM-Titel einen nachhaltigen Effekt und glaubt an eine rosige Zukunft. "Vielleicht ist es die Geburt einer großen Generation. Jetzt gilt es für uns, charakterlich weiter zu wachsen und auch mal Rückschläge hinnehmen zu können. Wenn diese Charaktere weiter wachsen, sind wir für die Zukunft sehr gut aufgestellt", sagte der 24-Jährige von der HSG Wetzlar am Montag vor der Abreise aus dem Teamhotel in Krakau.
Wolff will seinen Sport wieder stärker in der Öffentlichkeit platziert sehen. "Ich hoffe, dass die Leute endlich wieder auch vermehrt in die Hallen kommen und ein Handball-Hype ausgelöst wird. Wir haben eine geile Sportart, die Nummer eins der Ballsportarten hinter dem Fußball. Das haben wir nachhaltig untermauert. Ich hoffe, dass wir mehr Fame für unsere Sportart bekommen."
Nach der Abreise aus dem Hotel "Hilton DoubleTree" gegen 11.00 Uhr ging es für die deutsche Mannschaft in schwarzen Europameister-Shirts zum Flughafen. Am Montagnachmittag steigt in der Berliner Max-Schmeling-Halle die große Siegesparty mit den Fans nach dem 24:17-Triumph gegen Spanien am Sonntag.
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