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Formel 1: Zerbricht Red Bull am Fall um Christian Horner? Verstappen-Familie lässt Sturmwolken am Olymp aufziehen

Christoph Niederkofler

Update 05/03/2024 um 11:32 GMT+1 Uhr

Es ist nicht alles Gold, was glänzt - so wirkt die aktuelle Situation bei Red Bull. Max Verstappen zog in Bahrain einsam seine Kreise, Sergio Pérez fixierte den souveränen Doppelsieg. Doch hinter den Kulissen brodelt es, die Vorwürfe gegen Teamchef Christian Horner wiegen immer noch schwer. Die jüngste Eskalation seitens der Verstappen-Familie lässt dunkle Wolken am Formel-1-Olymp aufziehen.

Max Verstappen und Christian Horner beim Grand Prix von Bahrain

Fotocredit: Imago

Es hatte beinahe schon etwas Komisches. Max Verstappen und Sergio Pérez standen nach ihrem Doppelsieg in Bahrain voller Stolz auf dem Podium und genossen den Moment. Doch die Kameras widmeten sich nicht dem neuen, alten Dominator - sondern Teamchef Christian Horner.
Ohne ein Gefühl für jedwede Peinlichkeit hielten die Kameraleute auf Horner und dessen Frau Geri Halliwell. Der Zoom wurde immer größer, genauso wie das offensichtliche Unbehagen des Paares, das so tapfer an den Linsen vorbeischaute und sich ein Lächeln abrang.
Doch Horner ist zurzeit nun einmal das heißeste Thema in der Formel 1, die Vorwürfe gegen den 50-Jährigen seitens einer Mitarbeiterin wiegen trotz der jüngsten Entlastung von einem unabhängigen Anwalt immer noch schwer.
Dadurch wird mittlerweile jede Aktion Horners auf die Goldwaage gelegt: Wie innig war seine Umarmung mit Verstappen nach dessen Sieg? Warum stand er bei den Feierlichkeiten nicht neben Helmut Marko und Adrian Newey? Wie viele Augenringe zählt der Brite mittlerweile?

Red Bull dominiert - und doch brodelt es wie nie zuvor

23 von den vergangenen 24 Rennen entschied Red Bull für sich, die brutale Dominanz scheint sich auch im Jahr 2024 fortzusetzen. Doch so skurill es auch klingen mag: Bei Red Bull brodelt es jetzt wie noch nie zuvor.
"Aus der sportlichen Sicht war es eine sensationelle Leistung", erklärte Motorsport-Legende Hans-Joachim Stuck im exklusiven gegenüber Eurosport.de. "Das ganze Drumherum geht aber gar nicht. Was mit Christian Horner passiert, ist der Formel 1 unwürdig."
Eigentlich war die Geschichte bereits ad acta gelegt. Nach der internen Untersuchung durch einen Anwalt wurde die Beschwerde wegen "unangemessenen Verhaltens" gegen Horner abgewiesen. Doch dann platzte eine weitere Bombe.
Rund 24 Stunden nach dem Freispruch verschickte ein anonymer Absender eine E-Mail an zahlreiche Führungskräfte der Formel 1 und diverse Medien. Darin ein Link zu Dateien, die angebliche Informationen zum Fall zeigten. Die Echtheit kann aber nicht verifiziert werden. Fake-Chats, die bereits in den Sozialen Netzwerken kursieren, verdeutlichen die Schwierigkeit.
"Die vorgefallenen Ereignisse gehen - wenn überhaupt - nur die beiden etwas an", unterstrich Stuck. "Aber dass Außenstehende eine Kampagne starten und irgendwelche E-Mails verschicken... Das ist ein No-Go."
Wie sich ein Jos Verstappen hier einmischen kann, verstehe ich überhaupt nicht.

Verstappen-Vater positioniert sich gegen Horner

Einer der prominenteren Außenstehenden goss am Wochenende mächtig Öl ins bereits lodernde Feuer. Jos Verstappen, Vater des dreimaligen Weltmeisters Max, stellte sich öffentlich gegen den Boss seines Sohnes.
"Das Team läuft Gefahr, zerrissen zu werden. Es kann so nicht weitergehen, es wird explodieren", warnte er in einem Interview mit der englischen "Daily Mail". "Solange er auf seinem Posten bleibt, herrscht hier Spannung", so der 52-Jährige.
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Christian Horner (l.) erntet viel Kritik von Jos Verstappen

Fotocredit: Getty Images

Für Stuck ist das aggressive Vorpreschen des Niederländers nicht nachvollziehbar. "Wie sich ein Jos Verstappen hier einmischen kann, verstehe ich überhaupt nicht", meinte der zweimalige Le-Mans-Sieger.
Die Lösung für das "Problem Horner" müsse intern gefunden und nicht öffentlich ausgeschlachtet werden. "Rücktrittsforderungen von Außenstehenden in Richtung Horner halte ich für völlig unnötig. Da sollten sich gewisse Leute zurückhalten. Die Thematik gehört erledigt, weil sie ein ganz schlechtes Licht auf die Formel 1 wirft", so Stuck.

Horner, Newey, Verstappen: Bröckelt das Erfolgsmodell Red Bull?

Mit Teamboss Horner, Technik-Genie Newey und Jahrhundertathlet Verstappen wähnte sich Red Bull vor wenigen Wochen noch in einer langen und vor allem goldenen Ära. Diese beginnt nun aber an allen Enden zu bröckeln.
"Es ist schade. Dietrich Mateschitz würde sich im Grabe umdrehen", mutmaßte Stuck. "Er war ein Visionär, ein Menschenversteher - und er fehlt jetzt einfach. Diese Affäre kratzt am Image von Red Bull."
Das Management von Red Bull müsse sich laut Stuck nun daran machen, sich aus dieser Umklammerung zu befreien. "Da muss schnell etwas passieren - egal in welche Richtung", so der 73-Jährige.
Lange Zeit galt es als gesichert, dass ein Abgang von Horner auch einen Abschied seitens Newey bewirken würde. Sollte sich der Chef der Design-Abteilung, der so grundlegend wichtig für den Erfolg der vergangenen zwanzig Jahre war, tatsächlich verabschieden, würde dies wohl einen Domino-Effekt beim Konstrukteursweltmeister auslösen.

Absprung zum Rivalen? Mercedes flirtet mit Verstappen

Zu den Dominosteinen gehört auch Superstar Verstappen, der zuletzt sogar mit einem Absprung zum Erzrivalen Mercedes in Verbindung gebracht wurde. "Alles ist möglich", sagte Wolff zuletzt bei "Sky" auf die Frage, ob dieser spektakuläre Wechsel zur kommenden Saison denkbar sei.
Verstappen und Mercedes? Diese Ehe schien lange unmöglich, das erbitterte WM-Duell 2021 hatte seine Spuren hinterlassen. Aber der Horner-Skandal und der offene verbale Angriff von seinem Vater haben alles verändert.
"Verstappen wäre total bescheuert", hielt Stuck gegen die Gerüchte. "Red Bull ist das beste Team, auch wenn Horner weggehen sollte."
Erfolg sei laut dem ehemaligen Formel-1-Piloten nicht an einer einzigen Person festzumachen. Aber: "Sollte sich Newey für einen Wechsel entscheiden, dann wäre mehr Vorsicht geboten. Horner trägt zwar viel zum Erfolg bei, ist aber nicht der Kopf der Entwicklung", so Stuck.
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Christian Horner und Max Verstappen

Fotocredit: Getty Images

Red Bull fährt nach Saudi-Arabien - und dann?

Das Damoklesschwert hängt also - ob gerechtfertigt oder nicht - weiterhin über Horners Haupt. Eigenen Aussagen zufolge werde Horner definitiv auch beim Grand Prix von Saudi-Arabien (7. bis 9. März) die Geschicke bei Red Bull lenken. "Ja, absolut. Sonst wäre ich ja nicht hier", reagierte er in Bahrain auf eine diesbezügliche Frage.
Auf dem Stadtkurs in Jeddah gelten die Bullen natürlich wieder als Favoriten auf den Sieg. Dominator Verstappen scheint die schwelende Thematik jedenfalls kalt zu lassen.
"Das ist dem vollkommen wurscht", blickte Stuck auf eine mögliche Beeinträchtigung der sportlichen Leistung des 26-Jährigen und versetzte sich in dessen Lage: "An seiner Stelle wäre mir das egal. Mit Horner würde ich ein persönliches Gespräch führen und die Sache klären. Aber ich glaube nicht, dass die Situation Verstappen belastet."
Dass Verstappen der Konkurrenz auf dem Asphalt um die Ohren fährt, hängt laut Stuck nicht davon ab, wer auf Horners Stuhl sitzt. "Deswegen fährt er ja nicht schneller oder langsamer. Zu einem Problem könnte es lediglich werden, wenn es bei Red Bull plötzlich sportlich nicht mehr läuft. Das ist aber bekanntlich nicht der Fall."
Die sportliche Zukunft scheint also zum Leiden der Konkurrenz in Stein gemeißelt, der rot-gelb-blaue Anstrich des Olymps der Formel 1 wird nicht allzu schnell verblassen. Wann sich die Sturmwolken darüber verziehen, ist jedoch eine andere Frage - und hängt vom Schicksal Horners ab.
(mit SID)
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