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Gladbach-Star Matthias Ginter im Exklusiv-Interview über das Trainerkarussell und die Super League

Robert Bauer

Update 03/05/2021 um 13:11 GMT+2 Uhr

Matthias Ginter zählt bei Borussia Mönchengladbach und in der deutschen Nationalmannschaft zu den Leistungsträgern. Im Exklusiv-Interview mit Eurosport.de spricht der 27-Jährige über die Achterbahn-Saison der Gladbacher und die zahlreichen Trainerwechsel in der Bundesliga inklusive dem Abgang von Marco Rose nach Dortmund. Darüber hinaus verrät Ginter seine persönlichen Ziele.

Matthias Ginter (Borussia Mönchengladbach)

Fotocredit: Imago

Matthias Ginter steht vor einer wichtigen Entscheidung. Es geht um die Frage, ob er seinen bis 2022 laufenden Vertrag bei Borussia Mönchengladbach verlängern soll oder nicht?
Die "große Aufgabe", so der 27-Jährige sei es nun, mit den Fohlen "das internationale Geschäft" zu erreichen.
Im Gespräch mit Eurosport.de erklärt Ginter, welche Rolle der Europapokal für seine Zukunft im Profifußball spielt.
Für Gladbach ist es eine Herkulesaufgabe, die Qualifikation für die Europa League oder die Europa-Conference-League zu schaffen. Der Rückstand auf Platz sechs beträgt bei nur noch drei Partien satte vier Zähler.
Das Interview führte Robert Bauer.
Herr Ginter, wie viel sind Sie wert, wenn mittlerweile sogar Trainer für 25 Millionen Euro die Vereine wechseln?
Matthias Ginter: Wahrscheinlich weniger (lacht). Trainer hatten schon immer einen hohen Stellenwert und das schlägt sich nun auch in den Ablösesummen nieder. Neben Julian Nagelsmann, der nach München geht, gibt es in dieser Saison ja noch weitere Coaches, die für ein paar Millionen Euro gewechselt sind beziehungsweise wechseln werden.
Aber sind Sie überrascht von der Entwicklung oder ist das nur folgerichtig?
Ginter: Wenn man sich das gesamte Fußballgeschäft ansieht, ist es schon verwunderlich, dass für Spieler Summen bis in den dreistelligen Millionenbereich aufgerufen werden, Trainer dagegen möglichst für umsonst zu einem neuen Klub kommen sollen. Das ist für mich insofern etwas unverständlich, weil die Coaches nicht nur für die Mannschaft, sondern für den gesamten Verein einen hohen Stellenwert haben, vielleicht sogar mit die wichtigste Person eines Klubs sind. Sie stehen schließlich größtenteils für den Erfolg oder Misserfolg eines Klubs. Dementsprechend war es eine Frage der Zeit, bis die Ablösesummen steigen.
Es ist doch recht verblüffend, dass viele Vereine, die eigentlich in der Liga top dastehen, nach der Saison den Übungsleiter wechseln. Wie sehen Sie das sich aktuell heftig drehende Trainerkarussell in der Liga?
Ginter: Bis auf Freiburg, Hoffenheim, Stuttgart und Bremen hat ja in dieser Saison schon jedes Team seinen Trainer gewechselt oder einen Wechsel im Sommer angekündigt. Ich bin immer ein großer Fan von Kontinuität, besonders auf solch wichtigen Positionen. Dass aktuell so viele erfolgreiche Trainer das Interesse von anderen Vereinen wecken und dann auch wechseln, ist schon erstaunlich.
Apropos Trainer, Borussia Mönchengladbach bekommt mit Adi Hütter am Ende der Saison auch einen neuen Trainer. Gab es mittlerweile Gespräche zwischen Ihnen und dem neuen Coach oder auch mit Sportdirektor Max Eberl bezüglich Ihrer Zukunft?
Ginter: Bislang gab es keine Gespräche und es sind aktuell auch noch keine in Aussicht. Dementsprechend gibt es auch noch keinen neuen Stand.
Sie haben nach dem 4:0-Erfolg gegen Eintracht Frankfurt gesagt, dass eine Verlängerung Ihres 2022 auslaufenden Vertrags an ein paar Unwägbarkeiten hängen würde. Ist das internationale Geschäft eine dieser Unwägbarkeiten?
Ginter: Mein Ziel ist es, jedes Jahr europäisch zu spielen. Für mich ist das allerdings nie ein Ausschlusskriterium gewesen. Ich bin zum Beispiel 2017 nach Gladbach gekommen, als der Verein nicht in der Champions League oder Europa League gespielt hat. Selbstverständlich will jeder, egal ob Spieler oder Verantwortlicher, in das internationale Geschäft – das ist auch jetzt noch unsere große Aufgabe. Ich mache meine Zukunft aber nicht allein davon abhängig.
Sie sind jetzt 27 Jahre alt, haben sowohl in der Nationalmannschaft als auch in der Champions League starke Leistungen gezeigt und ihr Vertrag läuft bald aus – wäre jetzt nicht der perfekte Zeitpunkt, um zu einem europäischen Topklub zu wechseln?
Ginter: Grundsätzlich glaube ich, dass Gladbach in den vergangenen Jahren eine tolle Entwicklung genommen hat und ein großer Klub geworden ist. Natürlich bin ich kein Youngster mehr, aber ich bin auch noch keine 33 Jahre alt. Ich habe also hoffentlich noch ein paar aktive Jahre vor mir und diese möchte ich maximal erfolgreich gestalten. Es ist schließlich auch sehr interessant, etwas Langfristiges mit Gladbach aufzubauen und weiter zu wachsen. Alles in allem bin ich im Bezug auf meine Zukunft relativ entspannt.
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Matthias Ginter (Mitte) im Champions-League-Spiel gegen Real Madrid

Fotocredit: Getty Images

Zuletzt sorgte die Gründung der Super League für Aufsehen. Wie stehen Sie dazu und wäre die Teilnahme an der Super League ein Grund für Sie, einem Klub abzusagen?
Ginter: Bis ich mir darüber Gedanken machen konnte, war die Super League ja auch schon fast wieder Geschichte. Ich glaube, dass wir uns alle einig sind, dass eine Super League in der Form, wie sie geplant war, Schwachsinn ist. Ich bin der Meinung, dass man sich sportlich nur schwer weiterentwickeln kann, wenn jede Woche die gleichen Mannschaften gegeneinander spielen. Darauf bin ich ehrlich gesagt nicht scharf und glücklicherweise kommt es wohl auch nicht dazu.

Ginter zur Gladbach Krise: "Gab nicht den einen Faktor"

Aus Gladbacher Sicht neigt sich eine turbulente Saison dem Ende entgegen. Nach einem guten Start in der Liga und dem Weiterkommen in der Champions League gab Marco Rose seinen Wechsel nach Dortmund bekannt - und plötzlich war der Stecker gezogen. Was waren Ihrer Meinung nach die Ursachen für diesen plötzlichen Einbruch?
Ginter: Nachdem Marco Rose seinen Abschied verkündet hatte, war die Enttäuschung im ersten Moment natürlich groß. Wir sind dann aber relativ schnell wieder zur Tagesordnung übergegangen. Es war in der Phase so, dass wir alle drei, vier Tage gespielt haben. Wir hatten dann auch den einen oder anderen Corona-Fall und zudem ein paar Verletzte. In diesem Zeitraum haben wir dann ausgerechnet zweimal gegen Manchester City sowie unter anderem gegen Dortmund, Leipzig und Leverkusen gespielt. Es war somit einfach extrem schwierig für uns. Wir haben gar nicht schlecht gespielt, aber eben einfach nicht mehr gewonnen. Ich glaube, es gab nicht den einen Faktor, sondern es kam einfach sehr viel zusammen.
Viele haben den bevorstehenden Abschied des Trainers dafür verantwortlich gemacht - wie stehen Sie dazu und ist Ihnen das vielleicht ein wenig zu einfach?
Ginter: Marco Rose hat eine Entscheidung für sich und seine Zukunft getroffen. Ich verstehe jeden Fan, der darüber sauer und enttäuscht ist. Seine Entscheidung allein als Ursache für jene sportlich schwierige Phase verantwortlich zu machen, ist mir aber in der Tat zu einfach.
Der BVB könnte ja auch noch einen zuverlässigen Verteidiger gebrauchen. Hat Rose Sie bezüglich einer Rückkehr nach Dortmund schon angesprochen?
Ginter: Nein, darüber gab es kein Gespräch mit ihm.
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Matthias Ginter (l.) und Noch-Gladbach-Trainer Marco Rose

Fotocredit: Getty Images

Trotz einer recht turbulenten Saison dürfen Sie sich noch Hoffnungen auf das internationale Geschäft machen. Mit Bayern, Stuttgart und Bremen warten allerdings noch ein paar harte Brocken. Sind Sie davon überzeugt, dass es noch etwas wird mit der Europa League oder mit der Europa Conference League?
Ginter: Es ist auf jeden Fall unser Ziel. Wir sind aktuell gut drauf, das haben wir auch in den vergangenen Spielen gezeigt. Allerdings muss dafür sehr viel zusammenkommen. In München ist es immer schwer und auch Stuttgart und Bremen haben gute Mannschaften. Zumal es für Werder wahrscheinlich noch gegen den Abstieg geht. Dementsprechend ist es ein hartes Restprogramm, aber das wollen wir natürlich so erfolgreich wie möglich gestalten. Leider haben wir es, was die Europa League angeht, nicht mehr in der eigenen Hand, deshalb müssen die anderen Teams auch noch ein Stück weit mitspielen. Wir konzentrieren uns auf uns und hoffen, dass wir das Maximum rausholen können.
Der FC Bayern könnte sich nächste Woche gegen Sie zum Meister krönen – wie groß ist die Motivation als Spieler, dem Triple-Sieger in die Suppe zu spucken?
Ginter: Ich persönlich möchte jedes Spiel gewinnen – egal ob Bayern Meister werden kann oder nicht. Ich glaube nicht, dass das für irgendjemanden von uns eine Extra-Motivation ist. Wir sind auch so motiviert genug, das Spiel erfolgreich gestalten zu wollen. Und ich denke, dass Bayern wahrscheinlich eh früher oder später Meister wird.
Um noch mal auf Sie persönlich zurückzukommen: Sie sind Weltmeister, Pokalsieger, Confed-Cup-Sieger – welche Ziele verfolgen Sie noch in Ihrer Karriere?
Ginter: Da gibt es schon noch ein paar (lacht). Ich will einfach das Maximum aus mir rausholen, um so erfolgreich wie möglich zu sein. Zu was es dann am Ende reichen wird, ist natürlich schwer vorherzusagen. Ich glaube, ich war in der Jugend nie ein Spieler, über den man gesagt hat, das wird einer für die Bundesliga oder für die Nationalmannschaft. Ich musste mir in meiner Karriere von klein auf alles sehr hart erarbeiten und genauso werde ich auch in Zukunft vorgehen.

Vergleich mit Ramos? "Wenn Matthäus so etwas sagt ..."

Lothar Matthäus hat Ihre Entwicklung gelobt und Sie nach dem 2:2 gegen Real Madrid sogar mit Sergio Ramos verglichen - wie ist es, von so einer Ikone ein solches Lob zu bekommen?
Ginter: Das war natürlich sehr, sehr schön. Ich glaube, Sergio Ramos zählt zweifelsohne zu den besten Innenverteidigern der Welt – wenn er nicht sogar der beste ist. Er hat über Jahre hinweg sowohl bei Real Madrid als auch in der Nationalmannschaft Top-Leistungen abgerufen. Ramos ist daher auch in gewisser Art und Weise ein Vorbild für mich, weshalb ich nie auf die Idee gekommen wäre, mich mit ihm zu vergleichen. Wenn so ein Experte und Fußball-Fachmann wie Lothar Matthäus aber so etwas sagt, freut mich das natürlich.
Leider fanden auch in dieser Saison Spiele wie gegen Real Madrid ohne Fans statt – wie sehr freuen Sie sich, dass bald wieder Zuschauer in die Stadien kommen?
Ginter: Darauf fiebern wir selbstverständlich alle hin. Ich hoffe, dass wir in Bezug auf die Corona-Pandemie das Schlimmste hinter uns haben und vielleicht schon im Sommer oder zu Beginn der neuen Saison wieder Zuschauer in den Stadien haben. Wir als Fußballer müssen einfach dankbar sein für jeden Augenblick, weil wir wissen, dass es andere Berufszweige gerade viel schwerer haben. Dementsprechend möchte ich mich auch nicht beschweren, dass keine Zuschauer in den Stadien sind. Selbstverständlich wollen wir wieder vor Fans spielen, aber ich glaube, das kommt alles zu seiner Zeit.
Es gab ja immer wieder Diskussionen darüber, ob Fußball-Profis früher gegen das Corona-Virus geimpft werden sollten. Wie stehen Sie grundsätzlich zum Thema Impfungen?
Ginter: Ich persönlich glaube, dass es ganz gut ist, wie es gerade gehandhabt wird. Es gibt klare Regeln, dass zunächst ältere Menschen und die Risikopatienten an der Reihe sind. Es ist selbstverständlich, dass diese Leute Vorrang haben. Meiner Meinung nach ist es richtig so, dass Fußballer diesbezüglich keine Sonderrolle haben.
Wenn Sie einen Aspekt rauspicken müssten, was war so für Sie persönlich das Wichtigste, was Sie in der Pandemie-Zeit gelernt haben?
Ginter: Ich habe auch schon vor der Pandemie-Zeit versucht, so demütig wie möglich zu sein und Werte wie Zusammenhalt vorzuleben. Ich glaube, dass die Pandemie vielen nochmal klar vor Augen geführt hat, wie wichtig solche Werte sind.
In etwas weniger als zwei Monaten steht die EM an, wo Sie aller Voraussicht nach dabei sein werden - was ist Ihre persönliche Zielsetzung für die EURO?
Ginter: Zum einen möchte ich natürlich so erfolgreich wie möglich mit der Mannschaft sein. Eine gute EM zu spielen, steht über allem. Wir möchten außerdem beweisen, dass Deutschland wieder eine eingeschworene Turniermannschaft werden kann.
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Matthias Ginter hofft, dass sich deutsche Nationalmannschaft bei der EURO wieder zu einer Turniermannschaft entwickelt

Fotocredit: Getty Images

Sie sind in der Nationalmannschaft mittlerweile einer der absoluten Leistungsträger. In der WM-Qualifikation gab es jedoch zuletzt gegen Nordmazedonien (1:2) einen Dämpfer. Wie nehmen Sie als Spieler grundsätzlich die Berichterstattung rund um die Nationalmannschaft wahr?
Ginter: Im Fußball geht es immer um Ergebnisse. Nach den beiden Spielen gegen Island (3:0; Anm. d. Red.) und Rumänien (1:0; Anm. d. Red.) war alles super. Ein paar Tage später nach der Partie gegen Nordmazedonien (1:2; Anm. d. Red.) war wieder alles in Schutt und Asche – das ist eben einfach so. Als Spieler bekommt man ein paar Strömungen sowohl im positiven als auch im negativen Sinne mit. Wichtig ist aber, dass wir daraus lernen und im Hinblick auf die EM wieder als Turniermannschaft fungieren. Man kann noch so viel darüber reden, aber am Ende des Tages müssen wir gute Ergebnisse liefern, dann ist die Berichterstattung auch wieder positiver.

EXTRA TIME - Der Eurosport-Podcast:

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