Raphaël Guerreiro überzeugt beim Sieg gegen den FC Arsenal: Der Tuchel-Liebling wird zum X-Faktor des FC Bayern
VonThomas Gaber
Update 19/04/2024 um 00:13 GMT+2 Uhr
Raphael Guerreiro hat in München einen langen Anlauf gebraucht. Mehrere Muskelverletzungen warfen den Portugiesen, den Trainer Thomas Tuchel im letzten Sommer von Borussia Dortmund zum FC Bayern lockte, immer wieder zurück. Doch rechtzeitig zum heißen Kampf um die Krone der Champions League präsentiert sich Guerreiro in Topform und liefert - wie gegen Arsenal - auch auf unbekanntem Terrain ab.
Tuchel umdribbelt Frage nach Bayern-Umbruch
Quelle: UEFA
Auf seine "Holding Six" wartete Thomas Tuchel vergeblich. Ob Declan Rice, Kalvin Phillips oder Palhinha - am Ende kam keiner der Wunschspieler für die Wunschposition, was Tuchel in zahlreichen öffentlichen Statements knatschig kommentierte.
In der Diskussion um den fehlenden defensiv denkender Sechser ging unter, dass der Bayerntrainer seine zwei anderen Wunschspieler bekam. Im Fall von Harry Kane streckte sich der FC Bayern finanziell bis an die Decke. Zudem wurde Raphael Guerreiro ablösefrei von Borussia Dortmund stibitzt.
Die personelle Schwächung des hartnäckigen Meisterschaftskonkurrenten war ein angenehmer Nebeneffekt, für Tuchel indes entscheidend, dass er mit der Verpflichtung des Portugiesen mehrere Fliegen mit einer Klappe schlug.
Es ist Vielseitigkeit, die Tuchel dazu bewogen, Guerreiro ein zweites Mal in seine Mannschaft zu holen. 2016/17 waren beide bei Borussia Dortmund und gewannen den DFB-Pokal. Ob als Linksverteidiger, im linken oder im zentralen Mittelfeld - Guerreiro fühlt sich in weiten Teilen des Platzes wohl.
Nur 91 Minuten Spielzeit in den ersten vier Monaten
Nach der Last-Minute-Meisterschaft 2023 hab ihn Tuchel angerufen, verriet Guerreiro, und ihn gebeten, nach München zu kommen. "Er wollte mich unbedingt", erinnert sich Guerreiro, der sich die Chance, für den FC Bayern zu spielen, nicht entgehen lassen wollte.
Der gemeinsame Restart hätte nicht schlechter beginnen können. In der Sommer-Vorbereitung riss bei Guerreiro ein Muskelbündel. Nach einem 45-Minuten-Debüt gegen RB Leipzig am 6. Spieltag musste der 30-Jährige wegen eines Muskelfaserrisses erneut wochenlang pausieren. Bis Anfang Dezember spielte Guerreiro nur 91 Minuten für den FC Bayern.
In seinem Comeback-Spiel erzielte er beim 4:2-Sieg gegen Heidenheim sein erstes Tor im Bayern-Trikot und war fortan überwiegend fester Bestandteil der Stammmannschaft, unterbrochen durch einen weiteren Muskelfaserriss im März.
Tuchels Meisterstück gegen Arsenal
Neben seiner Variabilität schätzt Tuchel Guerreiros Ballsicherheit und Spielintelligenz.
"Es ist eine persönliche Geschichte, denn mir gefällt alles gut, was er macht. Er ist ein ganz feiner Fußballer und sehr spielintelligent. Das ist eine Augenweide, auch im Training", schwärmte der Coach im September 2023 und ergänzte: "Er ist in allen Übungsformen sehr ballsicher und schlau. Er denkt bei allen Entscheidungen zwei Schritte voraus."
Guerreiros Gesamtpaket verhalf ihm im "Do-or-die-Spiel" gegen den FC Arsenal (1:0) in die erste Elf. Aufgrund der Ausfälle von Alphonso Davies (Gelbsperre), Serge Gnabry und Kinsgley Coman (beide Muskelverletzungen) war Tuchel gezwungen, die linke Seite des FC Bayern komplett umzubauen.
Er entschied sich für die defensivere Variante mit Noussair Mazraoui als linker Verteidiger und Guerreiro davor. Eine Position, die Guerreiro schon gespielt hat, für ihn bei Bayern aber Neuland bedeutet. Thomas Müller musste auf der Bank Platz nehmen, da Tuchel ihm oder Jamal Musiala oder Leroy Sané die Rolle des halben Linksverteidigers gegen Arsenals starke rechte Seite nicht zumuten wollte.
Für seinen Aufstellungkniff wurde Tuchel in der Chefetage überschwänglich gelobt. "Mazraoui und Guerreiro dort aufzustellen, war eine taktische Meisterleistung des Trainers", sagte Klub-Präsident Herbert Hainer. Auch auf der Insel bekam der Coach Blumen. "Buk stops here - Thomas Tuchels genialer Wechsel in der Startelf machte Arsenals Angriff wirkungslos und nahm Bukayo Saka aus dem Spiel", schrieb die Zeitung "Sun".
Guerreiro bereitet Kimmichs Siegtor vor
Eine Idee muss aber auch mit Leben gefüllt werden - und da konnte sich Tuchel auf Mazraoui und Guerreiro verlassen. Guerreiro fand die perfekte Balance zwischen Defensivarbeit und Entlastung in der Offensive.
Er entnervte Saka, Martin Ödegaard und Ben White im Verbund mit Mazraoui und Konrad Laimer, packte elegante Grätschen aus, wenn es notwendig war und initiierte vielversprechende Angriffe. Dass er mit seiner Flanke auf Joshua Kimmich das Siegtor vorbereitete (63.), war dann kein Zufall mehr.
Guerreiro entpuppt sich immer mehr zum Mann wichtiger Treffer. In den zähen Bundesliga-Heimspielen gegen Union Berlin (1:0) und den 1. FC Köln (2:0) schoss er die Bayern jeweils in Führung, auch beim 3:0 im Champions-League-Achtelfinal-Rückspiel gegen Lazio Rom war er Passgeber vor dem 1:0 durch Harry Kane.
Guerreiro ein Mann für die Crunchtime
In einer Saison mit unzähligen Verletzungen, die auch Guerreiro heimgesucht haben, ist der Portugiese ein echter Bayern-Lichtblick zur richtigen Zeit. National gibt es für die Münchner nichts mehr zu gewinnen, angesichts von sieben Punkten Vorsprung auf Platz fünf, der am Ende sogar auch noch zur Champions-League-Qualifikation reichen könnte, ist aber auch keine Panikmache angesagt.
Unter den letzten Vier der Königsklasse (FC Bayern, Real Madrid, BVB, PSG) sticht keine Mannschaft heraus, die Münchner dürfen sich Hoffnungen machen auf den siebten Henkelpott. Es ist Crunchtime in der Königsklasse, da kann man einen so verlässlichen Spieler wie Guerreiro verdammt gut gebrauchen.
Tuchel wird auch Real Madrid intensiv studieren und seine Aufstellung auch nach dem Gegner ausrichten. Es wäre sehr verwunderlich, wenn Guerreiro in seinen Überlegungen keine tragende Rolle spielen würde.
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Tuchel angepiekst: "Das ist ein bisschen scheinheilig"
Quelle: UEFA
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