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EM 2020: Wie die UEFA sich immer unglaubwürdiger macht: Es geht nicht nur um bunte Lichter

Tino Harth-Brinkmann

Update 23/06/2021 um 14:42 GMT+2 Uhr

Nicht erst mit dem Verbot der Beleuchtung der Münchner Arena in Regenbogenfarben hat die UEFA den Unmut vieler Fans und Verantwortlicher aus sich gezogen. Allein in den Tagen der Europameisterschaft erweckte der Verband den Eindruck, die eigenen Ziele voranzustellen - sei es beim Thema Gesundheitsschutz, Diskriminierung oder bei der psychischen Belastung der dänischen Spieler.

Aleksander Ceferin

Fotocredit: Getty Images

Die Allianz Arena wird beim Spiel der deutschen Nationalmannschaft am Mittwoch gegen Ungarn in den Regenbogenfarben erstrahlen – wenn auch nicht von außen, dann zumindest von innen. Danach sieht es zumindest aus, nachdem Fans in den sozialen Medien dazu aufgerufen haben und auch EM-Sponsor VW angekündigt hatte, vor der Arena kostenlose Regenbogenfahnen zu verteilen.
Die Arena selbst wird aber nicht in den Farben, die für Vielfalt und Offenheit stehen, beleuchtet werden. Einen entsprechenden Antrag der Stadt München lehnte die UEFA ab. Als Grund wurde genannt, dass dies ein politisches Statement gegen Ungarn und als solches nicht gestattet sei. Stattdessen schlug die UEFA ein anderes Datum vor, an dem man das Stadion in den Farben beleuchten könnte.
Bereits ein paar Tage zuvor wurde ein Ermittlungsverfahren gegen Nationaltorhüter Manuel Neuer eingeleitet, weil dieser im Spiel gegen Portugal eine Kapitänsbinde in den Regenbogenfarben trug. Zwar sprach die UEFA keine Strafe gegen Neuer oder den DFB aus, doch gerade im Zusammenhang mit dem Beleuchtungsverbot der Münchner Arena stieß der europäische Verband damit auf viel Unverständnis und Verärgerung.
Im Vorfeld des Spiels änderte die UEFA ihr Logo bei Twitter in Regenbogenfarben und betonte ihre Einstellung zu Toleranz, bekräftigte aber erneut das Verbot der Beleuchtungsaktion. Unter anderem mehrere Bundesligisten kündigten deshalb zuvor bereits Maßnahmen an, um auf Toleranz aufmerksam zu machen.

UEFA setzt Austragunsorte wegen Stadionauslastung unter Druck

Mit dem Verhalten in dieser Thematik sorgte die UEFA allerdings nicht zum ersten Mal für Aufregung – und das allein in den Tagen dieser Europameisterschaft. Wiederholt entstand der Eindruck, dass viele Dinge den Zielen der UEFA untergeordnet werden.
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Neue Pläne: So reagiert München auf das UEFA-Verbot

Da wäre zum Einen der Gesundheitsschutz zu nennen. Schon im Vorfeld des paneuropäischen Turniers wurde über die Austragungsorte diskutiert. Die UEFA stellte klar, dass es trotz der Corona-Pandemie keine Geisterspiele geben wird und setzte damit die veranstaltenden Städte unter Druck. Zudem drängte der Verband darauf, möglichst viele Fans in die Stadien zu lassen, um eine bestmögliche Stimmung bei den Spielen zu garantieren.
Der Stadt London drohte die UEFA laut "Times" sogar mit dem Entzug der Halbfinal- und Finalpartien, sollten im Wembley nicht mehr Fans zugelassen werden als die bisherigen 25.000 Stück während der Gruppenspiele. Die britische Regierung gab dem Druck nach, sodass nun mehr als 60.000 Zuschauer das Endspiel in London verfolgen werden, während gleichzeitig die Infektionszahlen aufgrund der Delta-Variante des Coronavirus wieder in die Höhe schießen.

UEFA fordert Ausnahmeregelungen für VIP-Gäste und Funktionäre

Nach Informationen der "Times" fordere die UEFA zudem Ausnahmeregelungen für VIP-Gäste und Funktionäre. Diese sollen von der Quarantäne- und Testpflicht ausgenommen werden, um nur für das Endspiel anreisen zu können. Aktuell gilt für die Einreise nach England aber aus den meisten Ländern eine zehntägige Quarantänepflicht in Zusammenhang mit zwei negativen Corona-Tests.
Deshalb wurde laut der britischen Zeitung Budapest als Alternativort für das Finale ins Spiel gebracht. Unter dem umstrittenen Regierungschef Viktor Orbán wird die Corona-Pandemie weit weniger streng gehandhabt. Die Puskas Arena hat als einziges EM-Stadion eine 100-prozentige Zuschauerauslastung. Zudem gelten in Ungarn weit weniger Bestimmungen - das Tragen einer Maske im Stadion ist nur eine Empfehlung und keine Pflicht.
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Ungarische Fans beim Spiel gegen Portugal

Fotocredit: Getty Images

Ermittlungsverfahren gegen ungarische Fans wegen Diskriminierung

Die Ungarn sind es auch, die bei einer weiteren Thematik für Gesprächsstoff sorgten. Sowohl im Spiel gegen Portugal als auch gegen Frankreich sollen ungarische Fans Affenlaute nachgeahmt haben, sobald schwarze Spieler auf Seiten des Gegners am Ball waren. Im Fokus steht dabei die zum Teil aus Hooligans bestehende und als rechtsextrem geltende "Carpathian Brigade". Obwohl die Stadiontickets wie überall auch in Budapest eigentlich verlost wurden, schaffte es die Gruppierung bei beiden bisherigen Gruppenspielen, sich gemeinsam hinter dem Tor zu formieren, von wo aus sie gegen die gegnerischen Spieler gehetzt haben sollen.
Die UEFA leitete wegen möglicher diskriminierender Äußerungen zwar ein Disziplinarverfahren ein, ließ in dem sechszeiligen Statement aber eine klare Abgrenzung von den Aktionen vermissen. Ein Urteil ist auch drei Tage nach Eröffnung des Falls noch nicht gefällt worden. Dabei betonte der Verband in der Vergangenheit immer wieder Werte wie Toleranz und Offenheit und startete entsprechende Initiativen wie zuletzt die "Equal Game"-Kampagne.

"Unter Druck gesetzt": Kritik an UEFA nach Eriksen-Kollaps

Auch im Zuge des Kollapses von Dänemark-Star Christian Eriksen gab die UEFA kein gutes Bild ab. So entschieden zwar beide Mannschaften darauf, das Spiel nach dem Vorfall fortzusetzen, allerdings bekamen sie dabei vom europäischen Verband keine brauchbare Alternative zur Verfügung gestellt.
Die einzige Möglichkeit sei eine Verschiebung der Partie auf den nächsten Tag gewesen, wie Dänemarks Trainer Kasper Hjulmand kritisierte. "Ich hatte das Gefühl, dass wir und die Spieler unter Druck gesetzt wurden", erklärte der 49-Jährige und ergänzte: "Die Spieler waren unter Schock und sollten dann zwischen diesen zwei Alternativen entscheiden."
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Emotionales Statement: Hjulmand erklärt Spielfortsetzung

So kommt es, dass die UEFA in nur wenigen Tagen dieser Europameisterschaft schon an verschiedenen Stellen ihren Ruf weiter beschädigt und den Unmut vieler Fans auf sich gezogen hat. Der Verband selbst versucht in all diesen Fällen, die Schuld von sich zu weisen. Doch selbst wenn die UEFA nicht gegen Vorschriften oder Gesetze verstoßen hat, macht sie sich doch durch die Art und Weise, wie diese umgesetzt wurden, gegenüber der restlichen Fußballwelt unglaubwürdig.
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Hummels setzt Zeichen mit T-Shirt: "Sind uns unserer Rolle bewusst"

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